Metro Exodus PC Enhanced im Test: Spielkritik und Fazit

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Wolfgang Andermahr (+1)
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Spielkritik zu Metro Exodus

Seit Ende des Kalten Krieges waren die Kalaschnikows zum größten Exportgut des russischen Volkes geworden. Danach erst kamen Wodka, Kaviar und selbstmordgefährdete Romanautoren. Denn eines ist sicher: Für ihre Autos steht niemand Schlange“, erklärt der Waffenhändler Yuro Orlov in Lord of War. Drei von dieser vier stereotypen russischen Symbole vereint traditionell Metro. Richtig: Es sind AK-Sturmgewehre, der Konsum alkoholischer Getränke und deprimierende Rahmenhandlungen, die die Shooter erst richtig faszinierend gemacht haben.

In Exodus reduziert sich die Anzahl dieser Vorzüge. Geht es nach Metro, muss auch für Autoren niemand mehr Schlange stehen. Die Reise des nicht mehr ganz jungen Artjom geht zwar weiter, nun aber unter der Annahme, die Gehirne des Spielers seien mittlerweile im fortgeschrittenen Prozess eines strahlungsbedingten Verfalls. Zumindest legt das die Inszenierung nahe, wenn das Spiel bei jeder Gelegenheit Beziehungen zwischen Figuren verbal einhämmert, um irgendwie eine emotionale Verbindung in kurzen Auftritten zu erzeugen. Als könne sich ein Spieler nicht für fünf Minuten merken, dass das Gegenüber gerade irgendwie wütend und der Vater der Begleiterin ist, mit der man nun offenbar verheiratet ist. Allerdings: Woran sonst sollte man das alles erkennen? Denn ablesen lässt es sich abseits davon kaum. Diese denkbar mäßige Handwerkskunst funktioniert hier genauso schlecht wie anderswo, sofern man sie nicht als Übertreibung im Sinne der Satire begreifen möchte.

Witzfiguren aber passen nicht zum sonst eher ernsten Ton, den auch Exodus so herrlich auf den Punkt trifft. Die kleinen Geschichten, die aus Dokumenten in den Relikten der untergangenen Zivilisation hervorgehen und von dramatischen Ereignissen berichten, werden zur eigentlichen Motivation, das russische Ödland zu bereisen. „Land“ lässt sich wörtlich verstehen: Weg sind die klaustrophobischen Tunnel, neu kommt die Landschaft, womit auch die Rahmenhandlung einen – man möchte fast sagen unangemessen – hoffnungsvollen Ton anschlägt und von Aufbruch und Aufbau denn von unvermeidlichem, nur aufschiebbarem Niedergang aller Zivilisation kündet.

Gründe sind im Gameplay zu suchen, denn Exodus gewährt Zutritt zu offenen Sandkasten-Arealen. Der Schritt zu modischen offenen Welten bietet zwar nette Panoramen, lässt sich aber nur schwer mit einer dichten Erzählung kombinieren. Auffällig ist, dass jeder Schauplatz für sich genommen meist spannend zu erkunden ist, der Zusammenhang aber nicht recht deutlich wird. Statt einer organischen Reise wird eine Art Jahrmarkt der Umgebungen mit der üblichen Variation geboten: Hier der Wüstenlevel, dort der Untergrund-Bunker. Die Banditen, seltsame Kulte aus dem typischen Inventar apokalyptischer Erzählungen und die Spinnen dürfen auch einmal auftauchen.

Gelegentlich verlässt sich Exodus dabei zu sehr auf Dauerballereien, die seinen Vorzügen nicht unbedingt gerecht werden: Es ist das ruhige Erkunden bildhübscher Relikte und das Erforschen der Vergangenheit, die richtig Gänsehaut wecken können. So ist die Reise für sich genommen schön, aber erkennbar sinnlos. Sie bleibt zu sehr im Jetzt verhaftet. Metro Exodus lohnt sich damit nur aus der richtigen Perspektive. Als postapokalyptische Sandbox liefert es immer wieder grandiose Momente der Exploration mit wunderhübschen Panoramen, scheitert aber daran, sie zu seinem großen Ganzen zu fügen. Damit kommt das neue Konzept nicht an die alten Shooter heran und hebt sich nicht weit genug vom Open-World-Standardspiel ab. So bleibt nur zu hoffen, dass die Romanautoren in der nächsten Fortsetzung ihr Comeback geben.

Fazit

Die Metro Exodus PC Enhanced Edition zeigt eindrucksvoll, wie die Zukunft von Raytracing in Spielen ausschaut. Global Illumination, also die Beleuchtung, bringt in der Raytracing-Variante einen großen optischen Schub, der zugleich nicht aufdringlich, aber dennoch sofort sichtbar ist. Metro Exodus hat bereits in der Urversion mit Raytracing eine gute Beleuchtung. Die PC Enhanced Edition legt die Messlatte aber nochmal locker ein paar Stufen höher. So weit ist diesbezüglich kein anderes Spiel. Noch nicht einmal im Ansatz. Das Ergebnis ist so schon eindrucksvoll und man kann nur hoffen, dass dies Schule machen wird. Trotz der absoluten Referenzbeleuchtung liefert Metro Exodus aber keine Referenzgrafik. Dafür sieht das Basisspiel, das mittlerweile älter als zwei Jahre ist, schlicht nicht mehr gut genug aus.

Die anderen bis jetzt bekannten Raytracing-Effekte, Reflexionen und Schatten, sind im Vergleich zur Beleuchtung nicht viel mehr als Beiwerk, das die Grafik zwar verbessert, aber nicht auf ein anderes Niveau heben kann. Das zeigen auch die Reflexionen in der Metro Exodus PC Enhanced Edition. Diese sehen zwar besser aus und zeigen mehr Objekte als die klassischen Rasterizer-Schatten, jedoch wird auch mit Raytracing längst nicht jedes Objekt reflektiert. Hinzu kommt, dass die Reflexionen unabhängig von der Raytracing-Stufe unschön rauschen – hier hat offenbar der Denoiser Probleme. Bei der Beleuchtung arbeitet er dagegen selbst auf der niedrigsten Qualitätsstufe einwandfrei.

Trotz mehr Raytracing gibt es mehr FPS bei AMD und Nvidia

Man mag es kaum glauben, doch trotz der aufwendigen Raytracing-Effekte bietet die Metro Exodus PC Enhanced Edition eine bessere Performance als das Originalspiel mit den deutlich einfacheren Raytracing-Effekten. Sicherlich haben die Entwickler mittlerweile deutlich mehr Erfahrung mit der Technologie gemacht. Doch zeigt dies auch, dass ein Spiel mit großflächigen Raytracing-Effekten nicht langsam laufen muss. Und dass sich durchaus Performance gewinnen lässt, wenn aufwendige Rasterizer-Effekte über Bord geworfen und durch Raytracing-Pendants ersetzt werden.

Trotz aufwendiger Strahlenbeleuchtung zeigen nicht nur Nvidia-Grafikkarten eine gute Geschwindigkeit, auch die Konkurrenzmodelle von AMD auf Basis von RDNA 2 sind brauchbar unterwegs. Nvidias aktuelle Ampere-Generation ist zwar zweifelsohne überlegen, doch ist der Vorsprung der GeForce RTX 3080 zur Radeon RX 6800 XT deutlich kleiner als zum Beispiel in Control und Cyberpunk 2077. Die Radeon RX 6800 XT ist in den Benchmarks chancenlos gegen die RTX 3080, liegt aber noch vor der RTX 3070. Und zugleich ist die Framerate deutlich höher als in den beiden anderen genannten Spielen.

Eine High-End-Grafikkarte braucht es nicht

Die Metro Exodus PC Enhanced Edition braucht zwangsweise eine Grafikkarte mit Raytracing-Unterstützung, aber nicht gleich ein High-End-Modell. Eine GeForce RTX 2070 Super, GeForce RTX 3060 oder Radeon RX 6700 XT ist schnell genug für Full HD bei maximalen Details und normalen Raytracing-Details inklusive Reflexionen. Mehr braucht auch keiner, denn die höheren RT-Einstellungen sehen schlicht nicht besser aus. WQHD ist dann ab einer Radeon RX 6800 oder GeForce RTX 3060 Ti kein Ding der Unmöglichkeit mehr, erst für Ultra HD braucht es High-End-Hardware und dann auch gleich eine GeForce RTX 3080 oder GeForce RTX 3090. Werden die generellen Grafikdetails um eine Stufe reduziert, schaffen aber auch andere flotte AMD- und Nvidia-GPUs so viele Pixel.

DLSS ist die Lösung für 4K, aber auch mit Problemen behaftet

Alternativ lässt sich auf einer GeForce RTX auch Nvidias DLSS 2.0 benutzen, das in Metro Exodus deutlich besser als die erste Iteration funktioniert und durchaus sinnvoll genutzt werden kann. Doch es gibt Einschränkungen. DLSS hinterlässt einen guten bis starken Eindruck bei der Bildschärfe und der Zeichnung von feinen Objekten. Gerade Letzteres ist eine große Stärke und feine Objekte gibt es in Metro Exodus eine ganze Menge. Mit nativer Auflösung verschwinden Äste zum Beispiel gerne im Nichts – DLSS bekommt das deutlich besser hin.

Allerdings zeigt DLSS auch einige Schwächen. Die Feinzeichnung kleiner Objekte ist eine Stärke, dafür flackern diese jedoch selbst in Ultra HD leicht, was bei nativer Auflösung nicht der Fall ist. Dort ist DLSS normalerweise der nativen Auflösung überlegen, in Metro Exodus ist dies andersherum. Darüber hinaus neigen die feinen Details in dem Spiel oft zum „Schmieren“, was in Bewegung unschön aussieht. Die Raytracing-Reflexionen werden zwar ebenso verschönert, doch reagiert das KI-Upsampling ausgerechnet auf die Denoising-Probleme der Reflexionen und verschlimmert sie. Damit hinterlässt DLSS 2.0 in Metro Exodus einen deutlich besseren Eindruck als DLSS 1.0. Mehr als durchschnittlich ist er aber nicht. Für flüssiges Spielen in Ultra HD führt ohne Reduzierung der allgemeinen Bildqualität dennoch kein Weg an DLSS vorbei. Damit hat Nvidias intelligentes Upsampling in Metro Exodus zwar mit Problemen zu kämpfen, flüssiges Spielen in Ultra HD gibt es aber trotzdem nur so. Hier muss AMD unbedingt schnellstmöglich nachbessern.

Ein lobenswertes kostenloses Update für ein Singleplayer-Spiel

Wer Metro Exodus und damit die bessere PC Enhanced Edition hat, sollte das Spiel unbedingt nochmal mit dem deutlich verbesserten Raytracing spielen. Eine bessere Umsetzung der noch neuen Technologie gibt es nicht und das Spiel zeigt vermutlich – und hoffentlich – die Richtung, die Entwickler gehen werden. Zudem ist es absolut lobenswert, dass ein Entwickler eines Singleplayer-Spiels mehr als zwei Jahre nach Erscheinen Verbesserungen einbaut. Und das kostenlos.

ComputerBase hat die Metro Exodus PC Enhanced Edition von Koch Media zum Testen erhalten. Das Spiel wurde unter NDA zur Verfügung gestellt. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungszeitpunkt. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht.

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