Quellen-TKÜ: Geheimdienste sollen den Staatstrojaner bekommen
Die deutschen Geheimdienste BND und MAD sowie der Verfassungsschutz sollen zukünftig Zugriff auf den sogenannten Staatstrojaner erhalten, um im Rahmen der sogenannten Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) auch die verschlüsselte Kommunikation von verdächtigen Personen mitlesen zu können.
Nachrichtendienste erhalten Staatstrojaner
Damit soll es dem Bundesnachrichtendienst, dem Militärischen Abschirmdienst sowie dem Verfassungsschutz zukünftig möglich sein, auch Gespräche über Messenger wie WhatsApp, Signal, Threema oder Telegram mitzulesen. Diese weitergehenden Befugnisse zur Überwachung von verschlüsselter Kommunikation hat die Bundesregierung aus CDU und CSU sowie SPD in Berlin beschlossen.
In erster Linie geht es dabei um das Abhören laufender Unterhaltungen, das den Geheimdiensten durch die zunehmende Verbreitung verschlüsselter Kommunikation erschwert wird, nicht jedoch um eine eigentliche Online-Durchsuchung, also das Sichten gespeicherter Daten auf einem zuvor per Staatstrojaner gehackten Smartphone oder Computer.
Dabei wird die Verschlüsselung der Dienste nicht gebrochen, sondern nur umgangen, da sich mit Hilfe des Staatstrojaners Zugriff auf das Gerät verschafft wird. Strafverfolgungsbehörden wie die Polizei dürfen laut Paragraf 100a und 100b der Strafprozessordnung bereits von beiden genannten Möglichkeiten Gebrauch machen.
Kostspieliges Werkzeug ohne jeden Erfolg
Bislang ist der Staatstrojaner aber lediglich ein kostspieliges Werkzeug ohne jeden Erfolg. So soll das Bundeskriminalamt den Staatstrojaner zwischen 2017 und 2020 nicht in einem einzigen Ermittlungsverfahren erfolgreich zum Einsatz gebracht haben.
Dennoch ist vor allem Bundesinnenminister Horst Seehofer vom Nutzen des Staatstrojaners und von den erweiterten Befugnissen für Geheimdienste überzeugt.
Das Gesetz ist ein überfälliger Schritt im Kampf gegen Terroristen und militante Extremisten. Wir brauchen einen Verfassungsschutz, der auch im digitalen Zeitalter sehen und hören kann.
Horst Seehofer (CSU), Bundesinnenminister
Bereits im Februar dieses Jahres musste die Bundesregierung den Fragen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Rede und Antwort stehen und dabei einräumen, dass der Staatstrojaner bei der aktuellen Strafverfolgung trotz seiner hohen Kosten bislang keine Rolle spielt.
Wie der Nachrichtensender Welt mit Berufung auf Angaben aus den beteiligten Parteien als Erster berichtet hat, soll der Militärische Abschirmdienst (MAD) seine Informationen künftig zudem ins Nachrichtendienstliche Informationssystem (NADIS) eintragen dürfen, damit der Austausch zwischen den Behörden besser gelingt. Die sogenannte „Verfassungsschutznovelle“ ermöglicht zudem, dass alle deutschen Geheimdiensten auf die Quellen-, Server-, und E-Mail-TKÜ zurückgreifen können.
G 10-Kommission überwacht die Überwachung
Demnach soll die Anwendung der neuen Befugnisse durch die G 10-Kommission überprüft werden. Das Gremium, das aus Personen mit richterlichen Befähigungen besteht, prüft und genehmigt als unabhängiges Organ bereits jetzt Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis, das in Artikel 10 des Grundgesetzes verankert ist.