Urbanista Miami im Test: Klang, ANC, Transparenz, Telefonie, Latenz und Fazit
2/2Klang des Urbanista Miami
Laut Axel Grell, dem Akustikingenieur, der das Sounddesign für Urbanista Miami entwickelt hat, weist der Kopfhörer einen warmen, konturierten Bass und saubere Mitten und Höhen auf. Im Test präsentiert sich der Miami vor allem mit einem eindeutigen Fokus auf den Bass. Der Klang ist warm, voll und bietet besonders Reserven im Tiefbassbereich. Diese kräftige Basswiedergabe ist keinesfalls neutral und wird die Geschmäcker mit Sicherheit spalten. Für wen zur Musik ein kräftiger, übertriebener Bass gehört, der wird an den Urbanista Miami Gefallen finden. Wer jedoch ein gleichmäßig abgestimmtes Klangbild bevorzugt, kann das Modell von seiner Liste streichen. Aber auch beim Bass offenbart der Miami kleinere Schwächen. Denn der Bass setzt vor allem auf ein üppiges Fundament, dem es dann aber wiederum an Klarheit und differenzierter Wiedergabe fehlt. Bei leiseren Tönen mangelt es deshalb auch an Dynamik, denn der Miami klingt mit seinem Bass dann zu dumpf. Erst ab mittlerer Lautstärke wird dieser dumpfe Schleier gelüftet und die Dynamik legt zu.
Die Mitten und Höhen können sich gegen den Bass hingegen nicht durchsetzen, auch wenn sie definierter und klarer wiedergegeben werden als der Bass. Beiden Frequenzbereichen fehlt es zudem nicht an Volumen und sie werden selbst bei maximaler Lautstärke weder hart, noch fangen die Höhen an zu zischen. Wie der Klang insgesamt bleiben sie weich und angenehm.
Rock und Pop stehen dem Miami somit besser zu Gesicht als orchestrale Musik, was zu der jungen Zielgruppe von Urbanista passt.
ANC filtert tiefe Frequenzen
Bei der aktiven Geräuschunterdrückung fokussiert sich Urbanista auf das Unterdrücken tiefer Frequenzen. Mittlere und hohe Frequenzen werden hingegen nur ein wenig gedämpft, aber bei Weitem nicht vollständig eliminiert. Diese Art von ANC ist in der Regel die einfacher und günstiger umzusetzende Lösung, die sich für Nutzer vor allem in den typischen Umgebungen mit dauerhaft lauten, brummenden Hintergrundgeräuschen auszahlt. Im Zug oder Flugzeug wird die Umgebung somit gut unterdrückt, das Vogelgezwitscher im Park hingegen kaum gefiltert. Von weißem Rauschen, in dem alle Frequenzbereiche gleichermaßen vertreten sind, bleibt ein deutlich hörbares Zischen zurück. Mit der ANC-Qualität teurerer Kopfhörer wie dem Sony WH-1000XM4 (Test) oder den Apple AirPods Max (Test) kann der Miami aber keinesfalls konkurrieren.
Durch das Aktivieren der aktiven Geräuschunterdrückung verändert sich auch der Klang leicht. Das Klangbild des Miami wird noch basslastiger, allerdings wird der Bass definierter und erscheint weniger in den Tiefen gefangen – also je nach Geschmack eine durchaus positive Veränderung. Positiv ist ebenfalls, dass das Aktivieren des ANCs so gut wie kein Grundrauschen erzeugt. Ein ganz leichtes Rauschen ist zu hören, störend ist dies jedoch nicht. Gerade bei lauter Umgebung ist es gar nicht wahrzunehmen.
Guter Transparenzmodus
Der Transparenzmodus leitet Außengeräusche hingegen gut an die Ohren des Trägers weiter, so dass selbst bei normaler Musikwiedergabe Ansagen unter dem Kopfhörer verstanden werden können. Positiv ist zudem, dass der Transparenzmodus kein störendes Grundrauschen aufweist. Die Wiedergabe der Umgebung ist darüber hinaus nicht zu hart. Ganz so natürlich und unverfälscht wie bei den Apple AirPods Max (Test) ist der Transparenzmodus aber nicht. Der Klang entspricht im Transparenzmodus der Wiedergabe im Standardmodus – wenn also sowohl ANC als auch Transparenzmodus deaktiviert sind –, so dass die Basswiedergabe wieder stärker zum Tragen kommt.
Leise Telefonie
Für Telefonate ist der Urbanista Miami nur bedingt geeignet. Der Träger klingt beim Angerufenen zu leise, zudem ist ein deutliches Filtergeräusch hörbar. Die Umgebungsgeräusche in der Nähe des Trägers werden als Kehrseite dieser Medaille hingegen sehr gut und stark gefiltert. Etwas weniger Filterung und dafür mehr Stimme hätten dem Nutzer an dieser Stelle aber das bessere Ergebnis gebracht.
Latenz im Vergleich
Urbanista bietet mit SBC und AAC Standardkost in diesem Preisbereich. Ein Low-Latency-Codec oder eine angepasste Bluetooth-Übertragung mit zusätzlichen Chips wird nicht geboten, weshalb auch die Verzögerung zwischen Bild und Ton im üblichen Rahmen ausfällt und zwischen 160 und 180 ms liegt. Sofern die Video-Software keinen automatischen Ausgleich vornimmt, was die meisten Anwendungen tun, ist somit eine minimale Verzögerung zu erkennen.
Kopfhörer | Latenz |
---|---|
Urbanista Miami | 160–180 ms (Android/iOS, AAC) |
Apple AirPods Max | 50–60 ms (iOS, AAC), 90–100 ms (Android, AAC) |
Razer Opus | 160–180 ms (Android/iOS, AAC) / 80–100 ms (Gaming-Mode) |
Marshall Major IV | 160–180 ms (Android/iOS, SBC) |
Anker Soundcore Life Q30 | 160–180 ms (Android/iOS, AAC) |
Skullcandy Crusher Evo | 160–180 ms (Android/iOS, AAC) |
JBL Club One | 160–180 ms (Android/iOS, AAC) |
Jabra Evolve2 85 | 160–180 ms (Android/iOS, AAC) |
Jabra Elite 45h | 160–180 ms (Android/iOS, SBC) |
Sony WH-1000XM4 | 160–180 ms (Android, LDAC) / 160–180 ms (iOS/Android, AAC) |
JBL Club 950NC | 160–180 ms (Android/iOS, AAC) |
Sony WH-CH710N | 160–180 ms (Android/iOS, AAC) |
iFrogz Airtime Vibe | 160–180 ms (Android/iOS, AAC) |
Sony WH-1000XM3 | 160–180 ms (Android, LDAC) / 160–180 ms (iOS, AAC) |
Bowers & Wilkins PX5 | 160–180 ms (Android, aptX HD) / 160–180 ms (iOS, AAC) |
Montblanc MB 01 | 160–180 ms (Android, aptX HD) / 160–180 ms (iOS, AAC) |
Sennheiser Momentum 3 Wireless | 80 ms (Android, aptX LL) / 160–180 ms (iOS, AAC) |
Marshall Monitor II A.N.C. | 160–180 ms (Android/iOS, SBC) |
beyerdynamic amiron wireless copper | 160–180 ms (Android, aptX HD) / 160–180 (iOS, AAC) |
Fazit
Der Urbanista Miami liegt mit rund 150 Euro im unteren Preissegment von kabellosen Over-Ear-Kopfhörern mit aktiver Geräuschunterdrückung. Hierfür bietet er nicht nur eine exzellente Verarbeitung, eine überdurchschnittliche Akkulaufzeit von 40 bis 50 Stunden, ein gutes ANC, das jedoch etwas rauscht, und einen sehr guten Transparenzmodus, sondern vor allem einen massiven Bassklang, der zwar nicht mit letzter Klarheit und Detailfülle glänzt, aber durchaus Anhänger finden wird – gerade wenn die Lautstärke etwas gehoben ist und er an Dynamik gewinnt.
Die reine passive Wiedergabe sowie der aktive Mischbetrieb mit Kabel und aktiviertem ANC überzeugen ebenfalls und machen den Miami in Verbindung mit dem ANC, das vor allem tiefe Frequenzen filtert, zu einem guten Reisebegleiter. Dabei kann das ANC nicht nur im Bluetooth-Betrieb genutzt werden, sondern auch bei Zuspielung analoger Signale über das AUX-Kabel oder ohne jede Musikwiedergabe. Vorausgesetzt, die eigenen Ohren und der Kopf sind nicht besonders groß, denn die Ohrpolster bieten relativ wenig Platz und der Druck durch das Kopfband ist vergleichsweise groß – was den Miami andererseits auch unterwegs sicher an Ort und Stelle hält.
Die Wiedergabesteuerung über die drei Tasten an der rechten Ohrmuschel ist hingegen gewöhnungsbedürftig, da die Tasten nicht klar genug voneinander abgegrenzt sind. Das automatische Pausieren und Fortsetzen der Wiedergabe beim Ab- und Aufsetzen des Kopfhörers funktioniert zuverlässig, ist allerdings mitunter etwas zu sensibel und setzt bereits beim Verrücken des Kopfhörers ein. Wer die Funktion nicht nutzen möchte, hat zudem keine Möglichkeit, sie abzuschalten, denn dem Urbanista Miami fehlt eine App, über die derartige Aspekte angepasst werden können. So können auch keine geräteübergreifenden Equalizer-Einstellungen auf dem Kopfhörer gespeichert oder Firmware-Updates aufgespielt werden.
Der Urbanista Miami ist deshalb vor allem für all jene eine Überlegung wert, die einen vergleichsweise günstigen ANC-Kopfhörer mit kräftiger Basswiedergabe suchen, für den günstigeren Preis aber bereit sind, sowohl beim Klang als auch beim ANC Einschränkungen in Kauf zu nehmen.
Aktuell ist der Urbanista Miami auch als Crystal Edition für 300 Euro erhältlich, die auf den Ohrmuscheln und dem Kopfband mit Kristallen von Swarovski verziert ist.
ComputerBase hat die Miami von Urbanista zum Testen erhalten. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht. Es gab kein NDA.
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