VATM-Gigabit-Studie: Gigabit-Anschlüsse für mehr als 60 Prozent der Haushalte
Der Ausbau der Gigabit-Anschlüsse in Deutschland schreitet voran, einen solchen können mittlerweile mehr als 60 Prozent der privaten Haushalte buchen. Doch zumindest der DOCSIS-3.1-Ausbau erreicht allmählich ein Ende, die Kapazitäten im Kabelnetz sind ausgeschöpft. Der Fokus richtet sich wieder auf direkte Glasfaser-Anschlüsse.
Das geht aus der Marktanalyse Gigabit-Anschlüsse 2021 hervor, die die Beratungsfirma Dialog Consult im Auftrag des Provider-Verbands VATM erstellt hat. Die Studie basiert auf einer schriftlichen Befragung von VATM-Mitgliedsunternehmen sowie Unternehmenspublikationen und öffentlich zugänglichen Studien zum Glasfaser- und Breitbandausbau. Bei den Zahlen für die erste Jahreshälfte handelt es sich um Schätzungen.
Großteil der Gigabit-Anschlüsse über das Kabelnetz
Schätzungen nach wird es Ende Juni 2021 29,2 Millionen Gigabit-Anschlüsse geben. 10,8 Millionen davon sind aktiv, werden also von Kunden tatsächlich genutzt – die sogenannte Take-up-Rate liegt also etwa bei rund 37 Prozent. „Die Leute nehmen es an, sie reißen es aber einem immer noch nicht aus den Händen“, sagt der für die Studie verantwortliche TK-Experte Prof. Torsten J. Gerpott. Von den 29,2 Millionen verfügbaren Anschlüssen stammen rund 2,3 Millionen von der Deutschen Telekom, die laut den VATM-Zahlen rund 675.000 Anschlüsse aktiv schaltet.
Ende 2020 waren es 27,8 Millionen Gigabit-Anschlüsse, sodass die Anzahl der Gigabit-Anschlüsse innerhalb eines halben Jahres um fünf Prozent zulegen konnte. Der Großteil der Gigabit-Anschlüsse läuft über das Kabelnetz. Ende 2020 waren es 22,7 Millionen Anschlüsse, nach der ersten Jahreshälfte 2021 sollen es 23,3 Millionen sein. Ein Zuwachs, der nicht mehr so stark wie in den letzten Jahren ausfällt. Der Grund: Die Modernisierung der Kabelnetze ist abgeschlossen. „Der DOCSIS-3.1-Ausbau kommt an sein Ende“, so Gerpott.
Hohe Zuwachsraten bei FTTB/H
Wenn kein Kabel verfügbar ist, kommt der Ausbau über direkte Glasfaseranschlüsse (FTTB/H). Und in diesem Bereich geht es ebenfalls voran. Laut der VATM-Studie waren es Ende 2020 5,1 Millionen verfügbare Anschlüsse, Mitte 2021 sollen es knapp 6 Millionen sein (ein Plus von 15,6 Prozent). 3,65 Millionen dieser Anschlüsse stammen dabei von den Wettbewerbern, 2,3 Millionen von der Telekom. Genutzt werden bis Mitte 2021 rund 2,1 Millionen FTTB/H-Anschlüsse. Laut dem VATM erreichen die Wettbewerber eine Take-up-Rate von knapp 40 Prozent, bei der Telekom sind es knapp 30 Prozent.
Allein von der Take-up-Rate lässt sich indes nicht auf die Qualität des jeweiligen Anbieters schließen. Entscheidend ist vielmehr das Marktumfeld. Agiert ein Glasfaser ausbauendes Unternehmen etwa in einer Region, in dem Bereich Gigabit-Anschlüsse über das Kabelnetz verfügbar sind, fällt die Take-up-Rate. Baut ein Netzbetreiber hingegen in ländlichen Regionen aus, die bis dato nur über eine langsame Infrastruktur verfügen, ist die Nachfrage nach den Anschlüssen direkt höher. Was zudem zunimmt, ist der Infrastrukturwettbewerb. Die Zahl der Haushalte, die bei gigabitfähigen Anschlüssen zwischen Kabel- und Glasfaseranschluss auswählen können, ist um über neun Prozent auf 3,1 Millionen gewachsen.
Zieht man diese doppelt ausgebauten Haushalte von der Gesamtzahl der verfügbaren Anschlüsse ab, ergibt sich laut den VATM-Zahlen das folgende Bild: Bis Mitte 2021 können demnach rund 26,16 Millionen Haushalte in Deutschland einen Gigabit-Anschluss nutzen – das ist ein Anteil von 62,4 Prozent aller privaten Haushalte. Ende 2020 lag der Wert noch bei knapp 60 Prozent.
Gigabit-Ausbau bis 2030
VATM-Präsident David Zimmer ist mit der aktuellen Entwicklung zufrieden, fordert aber die passende Weichenstellung für die Zukunft. „Die meisten neuen Gigabit-Anschlüsse entstehen auf Basis der HFC-Breitbandkabel-Infrastruktur, meist ohne viel Tiefbau“, so Zimmer. Da die Kapazitäten im Kabelnetz allmählich ausgeschöpft seien, müssen weitere Haushalte nun mit FTTB/H erschlossen werden. Und aufgrund des erforderlichen Tiefbaus ist das aufwendiger.
Abgeschlossen ist der Gigabit-Ausbau nach Ansicht von VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner rund um das Jahr 2030. Die Aufgabe der Politik müsste also sein, eine langfristige Perspektive aufzustellen, um etwa ausreichend Kapazitäten im Tiefbau zu sichern. Die neue graue-Flecken-Förderung bewertet Zimmer derweil kritisch: „Tausende Markterkundungs- und Förderverfahren auf Basis der neuen Graue-Flecken-Förderung werden die schnelle Versorgung vieler ländlicher Kommunen verlangsamen und verteuern. Außerdem wird sie mangels Priorisierung vielfach die echten weißen Flecken und die Bürgerinnen und Bürger dort noch länger im Regen stehen lassen.“
Förderung sollte sich auf Orte begrenzen, in denen ein privatwirtschaftlicher Ausbau tatsächlich nicht rentabel ist. Dafür wäre aber eine bessere Systematik bei Auffinden solcher Orte erforderlich, erklärt VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner.