Amazon Fire HD 10 (Kids) im Test: Fire OS und Laufzeiten
3/5Fire OS lässt viele Wünsche offen
Amazon benutzt für seine Tablets mit Fire OS ein Android-Derivat als Betriebssystem, das mittlerweile bei Version 7.3.1.9 angekommen ist und auf Android 9 beruht. Von der Grundlage ist beim verwendeten System jedoch nicht mehr viel zu erkennen, der Online-Händler hat das OS in allen möglichen Bereichen für seine Nutzung angepasst. Das birgt für viele Nutzer Nachteile, für den einen oder anderen aber auch einen Vorteil.
So erinnert die Oberfläche nach wie vor an einen virtuellen Bauchladen, auch wenn Amazon sie vor geraumer Zeit deutlich aufgeräumt hat. So hat der Online-Händler die vielen für jeden einzelnen Bereich vorhandenen Screens auf nunmehr drei reduziert, was der Übersicht mehr als erkennbar zugute kommt. Dennoch ändert es nichts daran, dass Amazon das System dafür nutzt, vor allem seine eigenen Dienste in den Vordergrund zu stellen, um sie an den Mann oder die Frau zu bringen. Das muss zunächst keinen Nachteil darstellen – Anwender, die hauptsächlich Amazon-Dienste nutzen, werden alle Inhalte wie ihre digitalen Bücher, Musik, Apps oder Videos in einer zentralen Übersicht finden, ohne jedes Mal zwingend die jeweilige App öffnen zu müssen.
Der Nachteil dürfte sich für viele Nutzer eröffnen, die von einem „normalen“ Android-Tablet kommen und nun mit deutlichen Einschränkungen leben müssen. So kann der Homescreen nicht wie gewohnt den eigenen Vorstellungen und Wünschen angepasst werden. Widgets zum Beispiel sind ihm völlig fremd – nicht einmal auf dem Lockscreen sind sie möglich. Einen App-Drawer, der alle installierten Applikationen übersichtlich darstellt, gibt es ebenso wenig – die jeweiligen Icons werden einfach auf der Startseite abgelegt. Das Sortieren bezüglich der Reihenfolge und das Zusammenfassen in Ordnern ist bereits das höchste der Gefühle, das Amazon dem Nutzer in Sachen Organisation zugesteht.
Andere Oberfläche nur mit größerem Aufwand möglich
Um die Oberfläche durch einen alternativen Launcher zu ersetzen, sind tiefere Eingriffe in das System nötig – ein einfaches Installieren wie bei einem normalen Android-System ist zwar möglich, dieser wird aber vom Verhalten her wie ein normales Programm behandelt. Das bedeutet, dass nach jedem Tipp auf den Softbutton für den Homescreen der eigene Fire-Launcher aufgerufen wird und die alternative Umgebung in den Hintergrund wandert.
Ein weiterer Nachteil zeigt sich im App Store von Amazon, der nach wie vor dem Marktplatz von Google in Sachen Auswahl nicht das Wasser reichen kann – zu klein ist immer noch die Anzahl der verfügbaren Apps. Im Gegensatz zum alternativen Launcher kann der Play Store jedoch recht einfach nachinstalliert werden.
Für Smart-Home-Nutzer hält das Tablet noch das Geräte-Dashboard bereit, welches eine einfache aber effektive Übersicht über die im Haus betriebenen Geräte gibt und die über die Oberfläche bequem gesteuert werden können.
Bei aller, teilweise auch berechtigter Kritik darf jedoch nicht vergessen werden, dass gerade der passgenaue Zuschnitt auf die eigenen Dienste die Tablets von Amazon so attraktiv im Preis macht und dass sie im Grunde darüber refinanziert werden. Das sollte jedem Nutzer, der sich für ein Fire-Tablet interessiert, klar sein.
Alexa – immer mit dabei
Die Anzahl der von Amazons eigenem digitalen Assistenten unterstützten Geräte und Applikationen wächst stetig. Innerhalb von nur ein paar Jahren haben es die Entwickler geschafft, das System stetig zu verbessern und so weit auszubauen, um die Konkurrenz bestehend aus Google und Apple deutlich hinter sich zu lassen. Da macht auch das neue Fire HD 10 keine Ausnahme.
Die Spracherkennung fällt erneut sehr gut aus. Amazon gibt als groben Wert bei der Distanz zwischen Nutzer und Gerät für eine gute Spracherkennung nach wie vor zwei bis drei Meter an – im Test wurden jedoch selbst leise gesprochene Anweisungen auf fünf Meter und mehr verstanden, zumindest sofern keine anderen Geräuschquellen vorhanden waren. Bei normaler Lautstärke stellt selbst eine quer durch einen größeren Raum gegebene Anweisung kein Problem dar. Darüber hinaus reagiert Alexa bereits seit Langem auf Zuruf und muss nicht mehr für jede Sprachanweisung aktiviert werden. Die möglichen „Code-Wörter“ sind mit „Alexa“ und „Amazon“ jedoch nach wie vor stark limitiert.
Irgendwas mit Medien
Amazon offeriert das Fire HD 10 vor allem als Medien-Tablet, vorrangig wie bereits erwähnt für seine eigenen Dienste. Diese Aufgabe löst das Modell sehr gut. Alle gängigen Dienste wie natürlich Prime Video, aber auch Netflix, Disney+ und andere werden ohne Probleme in hoher Auflösung wiedergegeben. Gleiches gilt für auf dem Gerät oder auf einem externen Speicher wie einem NAS gelagerte Videos. Die Tonqualität hängt dabei jedoch anderen Geräten hinterher. So besitzen die Lautsprecher kein Dolby Atmos zur Klangoptimierung, womit sie weniger spielfreudig klingen als vergleichbare Klanggeber. Aber auch beim Kopfhöreranschluss muss das Fire HD 10 Federn lassen, hier kann es in Sachen Klangqualität nicht mit höherpreisigen Tablets mithalten. Bei Filmen mag das noch nicht so in Erscheinung treten, bei Musik wird es jedoch schnell deutlich.
Das neue Display bietet dagegen einen sichtbaren Mehrwert. Gerade bei Filmen wirken die Farben kräftig, ohne aber zu überzeichnen und unnatürlich zu werden – etwas, was oftmals den Tablets von Samsung vorgeworfen wird. Im direkten Vergleich wirkt die Vorgängerversion des Fire HD 10 erkennbar blasser.
Gespielt werden kann mit dem neuen Fire-Sprössling natürlich auch. Dabei sollte die Performance für die meisten gängigen Spiele reichen, große 3D-Titel funktionieren aber nur mit einem verminderten Detailgrad. Auch hier gilt: Wer mehr will, muss mehr auf den virtuellen Ladentisch legen.
Laufzeiten
In Sachen Energieausbeutung konnte Amazon das System trotz gleicher Hardware noch einmal deutlich optimieren. Lieferte der Vorgänger beim YouTube-Benchmark schon mit 13,5 Stunden einen sehr guten Wert ab, konnte der Online-Händler diesen in der aktuellen Tablet-Variante auf 17 Stunden steigern. Damit sollten selbst Interkontinentalflüge kein Problem für das neue Fire HD 10 darstellen. Nicht minder gut sieht es beim Akku-Test von PCMark aus, der verschiedene Nutzungsszenarien simuliert. Normalerweise trennt sich hier die Spreu vom Weizen und die Messwerte liegen am Ende deutlich hinter denen des YouTube-Tests zurück. Aber das Fire HD 10 streicht in dem Test nur knapp 20 Minuten früher die Segel. Damit kann sich das Tablet auch in dieser Disziplin mehr als gut behaupten.