P50-Vorstellung am 29. Juli: Huaweis neue Baustelle sind Hardware-Komponenten
Man kennt es von deutschen Autobahnen und Innenstädten: Kaum ist die eine Baustelle abgeschlossen, wird schon wieder an anderer Stelle der Asphalt aufgerissen. Analog dazu muss bei Huawei die Vorstellung des neuen P50 verschoben werden. Jetzt wo HarmonyOS bei der Software fertig ist, mangelt es an Hardware für das Smartphone.
Eigentlich hätte das P50 schon längst von Huawei vorgestellt werden müssen, blickt man zurück auf den Zeitpunkt der früheren Vorstellungen der P-Serie. Das P40 (Pro) kam letztes Jahr bereits im März ans Tageslicht, das P30 das Jahr zuvor ebenso Ende des ersten Quartals. Erste Leaks zum P50 gibt es bereits seit Januar dieses Jahres, einen etwas genaueren Blick auf das Smartphone seit März. Doch die Vorstellung ist bislang ausgeblieben, und das hat einen triftigen Auslöser, auch wenn Huawei nur von „bekannten Gründen“ spricht. Dem Konzern fehlen schlichtweg die Hardware-Komponenten, um das Smartphone schon jetzt in Masse produzieren zu können.
Das P50 war fürs Frühjahr geplant
Nach der heutigen Vorstellung von HarmonyOS, MatePad 11 und MatePad Pro 12.6 sowie Watch 3 und Watch 3 Pro hat Richard Yu, CEO der Huawei Consumer Business Group, einen recht knapp gehaltenen Ausblick auf das P50 gegeben.
Das Smartphone hätte eigentlich schon im Frühjahr vorgestellt werden sollen, erklärte Yu. Das P50 sei besonders dünn und leicht und werde Fotografie mit einem Smartphone auf ein völlig neues Niveau heben. Technische Details wurden zwar nicht genannt, doch lässt die Rückseite zwei riesige Kameramodule mit insgesamt vier Linsen erkennen, die laut Aufdruck Brennweiten von 18 bis 125 mm abdecken. Außerdem bestätigt der Teaser die erneute Kooperation mit Leica.
„Aus Gründen, die jedem bewusst seien“, so Yu, habe Huawei aber noch kein Launch-Datum für das Smartphone festgelegt, ohne dass Yu dabei Details nannte. Huawei versuche aber einen Weg zu finden, wie das Smartphone angeboten werden könne.
Nach der Software mangelt es jetzt an Hardware
Die vermeintlich jedem bewussten Gründe, von denen Yu spricht, sind schnell erklärt. Nachdem die Entity List der USA, die es US-Firmen ohne vorherige Freigabe durch die US-Regierung untersagt, Geschäfte mit Huawei zu tätigen, zunächst primär Auswirkungen auf die Software hatte und dafür sorgte, dass seit zwei Jahren keine Google-Dienste mehr genutzt werden dürfen, war im Mai des letzten Jahres von den Vereinigten Staaten zusätzlich beschlossen worden, auch Unternehmen im Ausland zu verbieten, Geschäfte mit Huawei zu tätigen, wenn von diesen Unternehmen US-Technologien oder Software verwendet wird.
In erster Linie zielt die Maßnahme auf Huaweis Chip-Sparte HiSilicon, die für die Kirin-Prozessoren verantwortlich ist und die vom taiwanischen Fertiger TSMC abgeschnitten werden soll. „Es geht ums Überleben“, sagte Huaweis Rotating Chairman Guo Ping kurz nach der US-Entscheidung. Daraufhin soll Huawei die eigenen Lager mit Hardware-Komponenten gefüllt haben, um möglichst lange produzieren zu können. Im August des letzten Jahres hat die US-Regierung im Konflikt mit Huawei dann 38 weitere Firmen auf die Entity List gesetzt. Dass von TSMC nichts länger an Huawei/HiSilicon geliefert wird, zeigt eine Statistik mit 0 Prozent Anteil aus dem ersten Quartal dieses Jahres.
Die Auswirkungen sind schon jetzt sichtbar
Huawei mangelt es demnach schlichtweg an Bauteilen für eine Massenproduktion des P50. Eigentlich hätte der Kirin 9000 aus dem Mate 40 Pro zum Einsatz kommen müssen, doch schon beim neuen MatePad Pro 12.6 reicht es nur noch für den Kirin 9000E mit beschnittener GPU. Im kleineren MatePad 11 steckt zwar der Snapdragon 865, aber auch nur, weil Qualcomm seit Ende des letzten Jahres wieder an Huawei liefern darf und das SoC kein integriertes 4G/5G-Modem aufweist. Der Snapdragon 888 ist deshalb keine Alternative für Huawei. Jetzt wo Huawei die Baustelle Software mit HarmonyOS fertiggestellt hat, steht das Unternehmen mit der Hardware potenziell vor einer noch viel größeren.
Über Twitter hat Huawei heute die Vorstellung des nächsten Flaggschiffs für den 29. Juli angekündigt. Angesichts der weiterhin in puncto Hardware angespannten Lage für Huawei darf bezweifelt werden, dass der Launch zumindest direkt zum Start internationale Reichweite haben wird. Würde das Smartphone auch hierzulande auf den Markt kommen, wäre die lokale Presse schon früher unterrichtet worden.
Richard Yu, CEO der Huawei Consumer Business Group, hat das Event auch über die chinesische Social-Media-Plattform Weibo angekündigt und „bahnbrechende“ Neuerungen bei der Bildverarbeitung in Aussicht gestellt.