Die Zukunft von Volvo: Mehr Nvidia, eigenes OS und Akkus mit 1.000 km Reichweite
Im Rahmen des „Volvo Cars Tech Moment“ hat der schwedische Fahrzeughersteller einen Ausblick auf Entwicklungen in den Bereichen Assistenzsysteme, autonomes Fahren, Infotainmentsysteme, Software und E-Mobilität gegeben. Unter anderem ist das eigene Betriebssystem „VolvoCars.OS“ und eine tiefere Kooperation mit Nvidia geplant.
Datenanalyse mit Einverständnis der Kunden
Volvo hat sich vor allem eines zum Ziel gesetzt: sichere Autos. Eine Maßnahme dafür war letztes Jahr im Mai, neu produzierte Fahrzeuge auf eine Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h zu begrenzen. Künftig soll die Auswertung von Daten das Fahren mit einem Volvo sicherer machen. Mit der nächsten Fahrzeuggeneration möchte Volvo die während der Fahrt anfallenden Daten in Echtzeit auswerten, sofern diese zuvor vom Kunden freigegeben werden. Der Autohersteller erhofft sich dadurch ein schneller erreichtes höheres Sicherheitsniveau. Zu den erfassten Daten würde vor allem die Sensorik zählen, darunter auch die Auswertung des künftig verbauten Lidar von Luminar.
Funktionen des assistierten und autonomen Fahrens könne Volvo so schneller validieren, verifizieren und schließlich an die breite Masse der Fahrzeuge über OTA-Updates ausliefern. Die Schweden wären nicht die Ersten, wenn es darum geht, aus den Fahrzeugdaten Schlüsse zu ziehen und damit die Systeme zu verbessern und neue Features anzubieten. Bei Tesla zum Beispiel ist diese Vorgehensweise gang und gäbe. Volvo und die Software-Tochter Zenseact wollen für die Verarbeitung ein neues Rechenzentrum aufbauen, das über die kommenden Jahre mehr als 200 Petabyte an Fahrzeugdaten speichern können soll.
Das eigene VolvoCars.OS
Das erste Automobil wiederum, das den Datentransfer zu Volvo unterstützen wird, ist ein Flaggschiff-SUV auf einer vollständig neu entwickelten E-Plattform, das mit dem eigenen Betriebssystem VolvoCars.OS laufen soll. Der Abschied vom erst jüngst eingeführten Android Automotive OS wird dabei allerdings nicht eingeläutet. VolvoCars.OS soll als übergreifendes System die bisher bei Volvo genutzten Betriebssysteme aus Auto und Cloud integrieren. Die eigentlichen, zugrundeliegenden Betriebssysteme sollen weiterhin Android Automotive OS, QNX, AUTOSAR und Linux sein. Entwickler sollen über APIs, darunter auch die neue Extended Vehicle API, Zugriff auf Features des Autos erhalten, etwa Daten der Sensorik, der Benutzeroberfläche und Cloud-basierter Funktionen – jeweils nur mit Einverständnis des Kunden. Im Rahmen von VolvoCars.OS will das Unternehmen künftig mehr und schneller OTA-Updates für die Fahrzeuge ausliefern.
Nvidia Drive AGX Orin für autonomes Fahren
Mit der neuen Software soll 2022 auch neue Hardware einziehen. Volvo will die Komplexität der Systeme bei künftigen E-Autos reduzieren, etwa im Bereich der Steuergeräte, und nur noch auf drei primäre Rechner setzen: erstens für die visuelle Verarbeitung und künstliche Intelligenz, zweitens für allgemeine Operationen und drittens für das Infotainment. Auch in diesem Bereich sollen die Entwicklungszyklen gestrafft werden. Wichtige Partner dabei werden unter anderem Nvidia und Google. Beim assistierten und autonomen Fahren will Volvo künftig auf Drive AGX Orin von Nvidia setzen, das 2024 auch bei Mercedes-Benz Einzug halten soll. Beim Infotainmentsystem nutzt Volvo derzeit noch ein Apollo-Lake-SoC von Intel, künftig soll aber auch in diesem Bereich zu Nvidia gewechselt werden.
Große Bildschirme und ein Head-up-Display
Das Interieur künftiger Volvo wird den großen Touch-Bildschirm in der Mittelkonsole aus den bisherigen Fahrzeugmodellen übernehmen, diesen den gezeigten Renderings zufolge aber mit einer vollständig neu gestalteten, vor allem helleren Benutzeroberfläche versehen – Details stehen noch aus. Ein Fahrer-Display hinter dem Lenkrad soll wichtige Informationen rund um die Fahrt liefern, etwa die Navigation, Geschwindigkeit und den Akkustand. Für das Fahrer-Display kommt bei aktuellen Modellen ein Echtzeit-Betriebssystem getrennt von Android Automotive OS zum Einsatz, das speziell für sicherheitsrelevante Funktionen entwickelt wurde. Android Automotive OS ist bislang nicht für diese kritischen Bereiche ausgelegt. Wie das in Zukunft bei Volvo umgesetzt wird, ist noch nicht bekannt, auf den Bildern ist aber auch in diesem Bereich eine neue Benutzeroberfläche zu erkennen. Künftige Volvo sollen mit einem Head-up-Display ausgestattet sein, um Informationen direkt in das Sichtfeld des Fahrers zu projizieren.
Concept Recharge zeigt Volvos Zukunft
Einen ersten Ausblick auf den Volvo der Zukunft gibt das „Concept Recharge“. Die Studie gibt einen ersten Vorgeschmack auf das, was Kunden bei der nächsten Generation E-Mobilität von Volvo erwarten können. Während sich die bisherigen Elektroautos noch die Plattform mit den Verbrennern teilen, ist das beim Concept Recharge nicht mehr der Fall, was den Designern mehr Freiheiten bei der Gestaltung von Karosserie und Innenraum gibt. Die neue Designsprache „weniger, aber besser“ feiert mit dem Concept Recharge ebenfalls Premiere und soll bei künftigen Volvo-Modellen das Aussehen prägen. Ein 15 Zoll großer, vertikal ausgerichteter Touch-Bildschirm thront zentral im Innenraum und zeigt, wohin die Reise im Bereich Infotainmentsystem künftig bei Volvo gehen wird.
Reichweiten von 1000 km anvisiert
Was nach der zweiten Generation E-Autos folgen soll, skizziert Volvo ebenfalls. Für die dritte Generation zur Mitte der Dekade soll mit dem schwedischen Unternehmen Northvolt, das Lithium-Ionen-Batterien für Elektroautos entwickelt und produziert, die Energiedichte der Akkus um 50 Prozent mit einem anvisierten Ziel von 1.000 Wh/l gesteigert werden, um Reichweiten von 1.000 km anbieten zu können. Die Ladezeit soll unterdessen beinahe auf die Hälfte aktueller Autos reduziert werden. Schon mit der nächsten Generation des XC90 soll bidirektionales Laden angeboten werden, um mit dem Auto Strom ins Netz einspeisen zu können. Bis 2030 will Volvo ausschließlich noch Elektroautos anbieten.