Nach Klage: Blizzards Chef verlässt das Unternehmen
Bei Blizzard wechselt das Führungspersonal. J. Allen Brack verlässt das Unternehmen und wird durch eine Doppelspitze ersetzt. Der Personalwechsel ist im Licht der vom US-Bundesstaat Kalifornien erhobenen Klage wegen der Belästigung und Diskriminierung weiblicher Angestellter zu sehen.
Neben Brack verlässt außerdem der Leiter der in die Geschehnisse verstrickten Personalabteilung, Jesse Meschuk, das Unternehmen. Brack selbst werde künftig „neue berufliche Perspektiven verfolgen“, schreibt Blizzard knapp. Gründe für seinen Abgang werden nicht genannt. Sie erschließen sich aber auch aus den jüngsten Ereignissen: Unter der Führung von Brack rutschte das renommierte Studio in den jüngsten Skandal und leistete sich Pannen wie die als respektlos empfundene Ankündigung von Diablo Immortal.
Nicht zuletzt stand Bracks Verurteilungen der „Verbindungs-“ und „Macho-Kultur“ bei Blizzard ein Video (YouTube) aus dem Jahr 2010 gegenüber, in dem er mit anderen Managern von Blizzard über die Frage, warum weibliche Figuren in World of Warcraft stark sexualisiert werden, lacht. Damit präsentiert er sich mehr als Teil eines als strukturell beschriebenen Problems denn als jemand, der es zu lösen versteht – zumindest in der Außenwahrnehmung fehlt es ihm für eine Rolle als Feuerlöscher in Anbetracht der Schwere der Vorwürfe an dringend nötiger Glaubwürdigkeit.
Genau dieser Punkt soll den Ersatz auszeichnen. Die Leitung von Blizzard übernehmen künftig Jen Oneal, einen langjährigen Blizzard-Manager, und Mike Ybarra, der erst im November 2019 von Microsoft abgeworben wurde. Beiden bescheinigt die Pressemitteilung „großartigen Charakter und Integrität“.
Ein Wort fällt dabei aber nicht: Das des Präsidenten. Während sich Mike Morhaime bis zu seinem Ausscheiden im Jahr 2018 noch CEO des Studios nennen durfte, war Brack lediglich „Präsident“. Seine beiden Nachfolger werden nicht einmal mehr das sein. Mit diesem Zug wird Blizzard auch nach außen hin seinem Besitzer Activision deutlich stärker untergeordnet; der Publisher übt also mehr Kontrolle aus. Dass das aufgrund der zunehmenden Gewichtung finanzieller Gesichtspunkte keine gute Sache sein muss, deutet PC Gamer an. Die Seite zeichnet Blizzards zunehmende Anzahl Fehltritte seit dem Abgang von Morhaime nach, mit denen sich das Studio seinen exzellenten Ruf innerhalb von drei Jahren stark ramponiert hat.
Mehr Beispiele und Kritik an Reaktion
IGN berichtet unterdessen mit Hilfe weiterer Beispiele über die Zustände bei Blizzard. Sie legen erneut nahe, dass die Klage Substanz besitzt.
Blizzards Versuche, der Krise Herr zu werden, stoßen derweil auf Kritik. Die Angestellten, die die Protestaktion der vergangenen Woche organisiert haben, bemängeln in einem weiteren Schreiben, dass auf keine ihrer Forderungen und Wünsche eingegangen worden sei. Darüber hinaus sei das Hinzuziehen der Anwaltskanzlei WilmerHale aus verschiedenen Gründen kritisch. Die Kanzlei sei aufgrund vorheriger Tätigkeit für Blizzard einem Interessenkonflikt ausgesetzt und habe sich in der Vergangenheit dadurch hervorgetan, Angestellte darin zu entmutigen, sich gewerkschaftlich zu organisieren und ihre Rechte wahrzunehmen.
Investoren klagen
Daneben sieht sich Blizzard mit einer Sammelklage (PDF) konfrontiert, berichtet Gamasutra. Blizzard wird darin vorgeworfen versäumt zu haben, in mehreren Quartalsberichten auf die potentiellen Auswirkungen und die Bedeutung der behördlichen Ermittlungen hinzuweisen. Dabei beruft sich die Klage auf den Securities Exchange Act von 1934.
Da diese Untersuchung für das Geschäftsfeld unter anderem durch stärkere Regulation negative Folgen mit sich bringe und dadurch den Aktienkurs negativ beeinflusse, hätte auf dieses Risiko hingewiesen werden müssen. Laut Klage seien dem Management die vorgeworfenen Zustände bekannt gewesen und damit auch der wahrscheinliche Ausgang der Ermittlungen. So seien die Statements der Quartalsberichte „falsch und irreführend und/oder zu allen Zeiten ohne vernünftige Grundlage gewesen“, Blizzard habe seinen Aktienkurs „künstlich aufgebläht“.
Die Redaktion dankt ComputerBase-Leser „Kagent“ für den Hinweis zu dieser Meldung!