Nest Doorbell im Test: Datenschutz, Audio- und Videoqualität und Fazit
2/2Datenschutz: Der Nutzer muss sich an Gesetze halten
Google weist den Nutzer bei der Installation darauf hin, dass die Privatsphäre anderer Personen und der Datenschutz zu wahren sind, und geht dabei auch darauf ein, dass bestimmte Bereiche nicht gefilmt werden dürfen und Personen gegebenenfalls auf eine Videoüberwachung hingewiesen werden müssen. Obwohl dies schon mehr ist, als viele andere Hersteller überhaupt nennen, geht Google ebenfalls nicht ins Detail, da sich Gesetze und Bestimmungen ändern können und man keine rechtssichere Beratung anbieten kann.
Für die Google Nest Doorbell gelten grundsätzlich dieselben Bestimmungen, die auch schon für die Arlo Video Doorbell (Test), die Netatmo Smart Video Doorbell (Test) und die Ring Video Doorbell 3 Plus (Test) galten, die an dieser Stelle aufgrund ihrer Bedeutung aber noch einmal zusammengefasst werden sollen.
In aller Kürze bedeutet dies insbesondere: Es darf nur das eigene Grundstück gefilmt werden und Besucher sind auf die Videoaufzeichnung hinzuweisen.
Bei der Nest Doorbell wird der Nutzer vor allem bei Ersterem unter Umständen vor Hürden gestellt, denn wie erwähnt nimmt die Video-Türklingel immer den gesamten erfassten Bereich auf, nicht nur den als Aktivitätszone definierten Bereich. Anders als über die Privatsphäre-Bereiche bei Ring und Arlo können keine Bereiche geschwärzt werden, die nie sichtbar sind. Es muss somit bei der Ausrichtung der Nest Doorbell darauf geachtet werden, dass nur das eigene Grundstück und kein öffentlicher Raum sowie keine Nachbargrundstücke erfasst werden. Ein mitunter unmögliches Unterfangen, das aber nicht von der Einhaltung des Datenschutzes befreit.
- Auf dem eigenen, allein bewohnten Grundstück darf alles gefilmt und aufgezeichnet werden.
- Angrenzende öffentliche Bereiche wie Straßen oder Gehwege, aber auch private Nachbargrundstücke dürfen nicht gefilmt werden.
- Besucher sollten auf die Überwachung hingewiesen werden.
- Personen, die unrechtmäßig gefilmt werden, können Schadenersatz und Unterlassung verlangen.
Eine Beobachtung von Personen, die sich nicht auf dem eigenen Grundstück befinden, greift in die allgemeinen Persönlichkeitsrechte, konkret in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein und ist deshalb unzulässig. Zudem kann das Recht am eigenen Bild verletzt werden. Es gibt nur sehr wenige Ausnahmen, in denen die Erfassung angrenzender Bereiche zulässig ist, also das Interesse des Aufnehmenden die Interessen der Gefilmten überwiegt. Bei diesen Punkten ist es nach gültiger Rechtssprechung sogar gleichgültig, ob die Kamera defekt ist oder es sich nur um eine Attrappe handelt. Selbst eine Attrappe, die den Eindruck erweckt, auch das Nachbargrundstück zu filmen, ist unzulässig. Kameras müssen grundsätzlich so angebracht werden, dass sie für Besucher gut sichtbar sind, wenn nicht anderweitig auf eine Überwachung hingewiesen wird. Bei Miethäusern ist der Einsatz einer eigenen Videokamera, die sich nicht nur auf die eigene Wohnung beschränkt, fast nie zulässig. Eine Video-Türklingel wie die Nest Doorbell an der Wohnungstür im Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses ist deshalb in aller Regel nicht erlaubt.
Dass das Deaktivieren der Personenerkennung dem Datenschutz nicht ausreichend Rechnung trägt, darauf wurde bereits im Test der Netatmo Smart Video Doorbell eingegangen. Türkameras gelten laut Datenschützern als „verlängertes Auge“ und sind datenschutzrechtlich zulässig, wenn:
- die Kamera nur anlassbezogen durch das Klingeln an der Tür aktiviert wird,
- sie nur den unmittelbaren Eingangsbereich (Nahbereich) vor der Tür erfasst,
- sie nach kurzer Zeit automatisch wieder deaktiviert wird,
- keine Übertragung des Livebildes über das Internet erfolgt,
- keine Aufzeichnung der Bilder erfolgt und
- an der Tür bzw. an der Türklingel durch ein deutlich sichtbares Hinweisschild auf die Kamera aufmerksam gemacht wird.
Zwar lässt sich bei der Nest Doorbell die Aufzeichnung deaktivieren, so dass sie nur beim Klingeln aktiviert wird. Es ist aber jederzeit über das Internet ein Livebild abrufbar.
Aufnahmen auf keinen Fall bei YouTube veröffentlichen
Wie schon in den anderen Tests erwähnt, dürfen Aufnahmen von fremden Personen, auch wenn sie nur das eigene Grundstück erfassen, auf keinen Fall im Internet, etwa bei YouTube, veröffentlicht werden. Das gilt sogar dann, wenn auf dem Video eine vermeintliche Straftat der fremden Person zu sehen ist – also etwa der Diebstahl eines Pakets vor der Haustür, was die Nest Doorbell erkennen würde. In diesem Fall kann der Täter selbst Schadenersatz verlangen.
Gute Video- und sehr gute Sprachqualität
Die Aufnahmen der Nest Doorbell bieten eine gute Video- und sehr gute Sprachqualität. Auffällig ist, dass die Sprachübertragung mit Abstand die beste der bislang getesteten Video-Türklingeln darstellt. Sowohl die Person vor der Tür als auch der Besitzer sind in beide Richtungen sehr gut zu verstehen. Auch die Kurzantworten vom Google Assistant sind gut verständlich. Wie bereits erwähnt, ist die Nest Doorbell aber windanfällig, so dass sich Windgeräusche deutlich auf Aufnahmen bemerkbar machen, wenn die Kamera nicht windgeschützt montiert wurde.
Die Qualität der Videoaufnahmen ist sowohl bei Tageslicht als auch bei aktivierter Nachtsicht für den Einsatzzweck als Video-Türklingel gut und ausreichend. Viele Aufnahmen zeigen allerdings ein kurzes Flackern kurz nach dem Start der Aufzeichnung, das jedoch nicht immer und nicht reproduzierbar auftritt. Bei viel Vegetation, die sich im Wind bewegt, beziehungsweise viel Bewegung im Sichtfeld zeigt das Video aber eine deutliche Artefaktbildung und Kompression. Zudem ist die Scharfzeichnung des Bildes etwas zu hoch. Die Verzerrungen des Bildes durch die Linse sind zwar sichtbar, fallen aber angenehm gering aus. Im Vergleich zur Arlo Video Doorbell schaltet die Nest Doorbell sehr viel früher auf die Nachtsicht mit einer Schwarz-Weiß-Ansicht um – vergleichbar mit den Modellen von Netatmo und Ring. In dieser Hinsicht liefert Arlo am längsten ein farbiges Bild.
Die Verzögerung des Bildes und der Sprache ist wie immer stark von der Geschwindigkeit des Netzwerks abhängig. Befinden sich Video-Türklingel und Smartphone im selben Netzwerk, liegt sie bei rund einer Sekunde. Kommt ein Nest Hub zum Einsatz, macht sich auch im Zusammenspiel mit der Nest Doorbell dessen träge Reaktionsgeschwindigkeit negativ bemerkbar, wenn man die Elemente auf dem Bildschirm nutzt und interagieren möchte – ein Problem des Ökosystems, nicht aber speziell der Doorbell.
Fazit
Die Google Nest Doorbell bietet für 199 Euro einige interessante Ansätze, lässt aber auch Spielraum für Verbesserungen, denn im Detail sind Konkurrenten mitunter weiter.
Zuverlässige Objekterkennung ohne Cloud
Die Objekterkennung direkt auf der Video-Türklingel funktioniert im Alltag sehr schnell und sehr zuverlässig. Personen und Pakete – oder Objekte, die wie Pakete aussehen – wurden im Test ausnahmslos als solche erkannt und entsprechend gemeldet. Durch Wind oder Sonne-Wolken-Wechsel ausgelöste Benachrichtigungen gab es hingegen keine. Die Aufzeichnungen funktionieren ebenso zuverlässig wie die Aktivitätszonen und die Empfindlichkeitseinstellungen. Positiv hervorzuheben ist auch, dass Google den Funktionsumfang ohne Nest-Aware-Abo erweitert hat, so dass dieses nicht mehr zwingend als Voraussetzung anzusehen ist. Wer einen längeren Videoverlauf benötigt, kommt aber weiterhin nicht um das Abo herum – eine automatische lokale Speicherung ist nicht möglich. Aufnahmen müssen generell einzeln über das Smartphone gesichert werden, wenn sie nicht früher oder später automatisch gelöscht werden sollen. Auch bei der Nest Doorbell zeigt sich, dass Aufnahmen nicht sofort über die App abgerufen werden können, sondern je nach Anbindung und Länge des Ereignisses mitunter ein bis zwei Minuten abgewartet werden muss, bis die Aufnahme verfügbar ist und aus der Cloud geladen werden kann.
Einfache Montage mit zu wenig Platz
Die Montage ist leicht und gut erklärt, ein Ärgernis ist lediglich der kaum vorhandene Platz für vorhandene Klingeldrähte. Diese müssen entweder gequetscht oder gekürzt werden, um sie überhaupt hinter der Nest Doorbell unterbringen zu können, wenn diese verkabelt betrieben werden soll. Soll sie nicht verkabelt, sondern im reinen Akkubetrieb genutzt werden, muss sie hingegen gelegentlich zum Aufladen abgenommen und über USB-C geladen werden. Ein Aufladen im montierten Zustand etwa über eine Powerbank ist nicht möglich. Positiv ist beim verkabelten Betrieb die Möglichkeit, auch den Türgong zu deaktivieren – wie es Arlo ebenso erlaubt, Netatmo aber beispielsweise nicht.
Auch wenn der Strom ausfällt und keine WLAN-Verbindung mehr besteht, zeichnet die Doorbell weiterhin bis zu eine Stunde lang Aktivitäten auf. Das Stören oder Ausschalten des WLANs allein reicht somit nicht, um die Kamera zu überlisten.
Gutes Video, sehr gutes Audio
Die Videoqualität hat bei bewegten Bildern etwas mit Artefakten zu kämpfen, ist aber insgesamt gut. Sehr gut ist hingegen die Sprachqualität in beide Richtungen. Das 3:4-Format ist bei einer Video-Türklingel deutlich besser geeignet als ein 16:9-Format, das diagonal erfasste Sichtfeld ist sehr gut. Dem Datenschutz Rechnung zu tragen, wird hingegen weitgehend dem Nutzer überlassen. Insbesondere eine Möglichkeit, einzelne Bildbereiche zu schwärzen, fehlt der Doorbell. Mit zunehmender Leistungsfähigkeit bleibt abzuwarten, wann erste Hersteller es erlauben, Bereiche dynamisch auszublenden, Personen durch eine entsprechende Erkennung in den geschwärzten Bereichen aber trotzdem darzustellen, wenn sie sich auf dem eigenen Grundstück befinden – ähnlich, wie es gängige Videokonferenzprogramme inzwischen zum Weichzeichnen des Hintergrundes bieten.
Viel Potenzial bei Benachrichtigungen
Lobenswert ist zudem, dass die Benachrichtigungen schnell und zuverlässig an den Nutzer geschickt werden. Doch genau diese Benachrichtigungen sind einer der größten Kritikpunkte der Nest Doorbell. Auf einem Smartphone erhält der Anwender lediglich Push-Benachrichtigungen, wenn jemand klingelt, die sich nicht von anderen Benachrichtigungen absetzen und so schnell übersehen werden. Einen deutlich sinnvolleren Video-Anruf, wie etwa bei Arlo, startet die Nest Doorbell nicht. Zumindest die Möglichkeit, einen solchen zu aktivieren, sollte Google bieten, denn sonst geht das Klingeln auf dem Smartphone unter.
Genau andersherum sieht es bei verbundenen Nest-Lautsprechern und -Smart-Displays aus. Hat der Nutzer Benachrichtigungen auf diesen aktiviert, werden ausnahmslos alle verbundenen Lautsprecher und Displays beim Klingeln in Gang gesetzt und kündigen den Besuch an. Nicht nur, dass so auf jedes Display ein Livestream übertragen werden muss, sondern in der Praxis ist dies in aller Regel nicht gewünscht. Meist reichen ein bis zwei Lautsprecher oder ein zentral platzierter Nest Hub aus, die über einen Besucher informieren. Ein minimal zeitversetztes Echo der Ankündigung auf allen Geräten ist im Alltag hingegen eher störend.
Zudem reagieren Smart-Displays wie der Nest Hub auch nur auf ein Klingeln. Erkannte Personen oder Bewegungen werden nicht als Benachrichtigung auf dem Display angezeigt, was sich ebenso wenig über Abläufe in der Home-App umsetzen lässt, da ein Ereignis der Doorbell kein Trigger für eine Aktion sein kann.
Die Kurzantworten sind zwar gut lokalisiert und ein Mehrwert, neben personalisierten Nachrichten wäre aber vor allem deren dauerhafte Aktivierung sinnvoll, anstatt sie nur manuell starten zu können, wenn jemand klingelt. Wenn man nicht reagieren kann, kann man häufig auch keine Kurzantwort über das Smartphone auswählen.
Kommt beispielsweise eine Apple Watch zum Einsatz, fehlen Vorschaubilder zu den Benachrichtigungen. Einzig bei einer neu erkannten Person wird ein Vorschaubild übertragen; allerdings unkenntlich zugeschnitten und unscharf, so dass in der Praxis gar nichts zu erkennen ist. Gut ist, dass auch auf der Watch direkt angezeigt wird, was oder wer erkannt wurde.
In der Google-Home-App, die weit weniger Einstellungsmöglichkeiten bietet als die Konkurrenz, hapert es derzeit noch an der ein oder anderen Übersetzung ins Deutsche. Gleiches gilt für die Anzeige auf dem Nest Hub, auf dem die Kurzantworten nicht übersetzt wurden und Symbole wie das Mikrofon nicht richtig ausgerichtet sind. In der iOS-App lassen sich darüber hinaus keine weiteren Zonen hinzufügen. Dass derartige Kleinigkeiten in einem Test sofort auffallen, bei Google aber vor der Veröffentlichung nicht behoben werden, verwundert immer wieder.
- Gute Videoqualität
- Sehr gute Audioqualität
- Sehr gute, lokale Personen- und Objekterkennung
- Google Assistant
- Theoretisch ohne Abo nutzbar
- Drahtlos oder verkabelt nutzbar
- Zu wenig Optionen bei Benachrichtigungen
- Cloud-Anbindung verpflichtend
- Wenig Einstellungsmöglichkeiten in der App
Die Akkulaufzeit der Nest Doorbell lässt sich derzeit noch nicht zuverlässig einschätzen, da sie ComputerBase erst rund eine Woche zur Verfügung steht. Bei weiterhin überdurchschnittlicher Nutzung liegt sie jedoch bei rund 1,5 Monaten.
ComputerBase wurde die Nest Doorbell leihweise von Google unter NDA zum Testen zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Test fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungszeitpunkt.
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