BMW Digital Key Plus im Test: UWB macht Smartphones zum vollwertigen Autoschlüssel
BMW war vor einem Jahr mit dem Digital Key (Test) der erste Unterstützter des digitalen Autoschlüssels unter iOS. Mit dem iX und i4 führt BMW den Digital Key Plus mit Unterstützung von Ultra-Breitband (UWB) ein. Die neue Umsetzung fällt deutlich komfortabler aus und macht das Smartphone erstmals zum vollwertigen Autoschlüssel.
Das Smartphone wird zum Autoschlüssel – auch offline
Das Smartphone kann bereits viele Gegenstände des Alltags ersetzen, etwa das ausgedruckte Flugticket, die Karte zum Bezahlen oder zuletzt auch den Impfpass. Seit iOS 13.6 und iOS 14 können im Ökosystem von Apple auch Autoschlüssel in der Wallet-App hinterlegt werden. Ein weiterer Gegenstand des Alltags schickt sich damit an, von dem omnipräsenten Alltagsbegleiter Smartphone in digitaler Form abgelöst zu werden.
Apps, mit denen man Fahrzeugfunktionen über eine aktive Internetverbindung steuern kann, gibt es schon länger. Der neue Ansatz verzichtet (abseits der Ersteinrichtung) aber gänzlich auf eine Internetverbindung zwischen Smartphone und Fahrzeug, das Smartphone ersetzt den Fahrzeugschlüssel auch offline komplett.
Vor einem Jahr noch mit Einschränkungen
ComputerBase hatte vor einem Jahr die Möglichkeit, den BMW Digital Key in seiner ersten Umsetzung auf iPhone und Apple Watch in Verbindung mit einem entsprechend ausgestatteten 320d xDrive zu testen. Bei diesem Fahrzeug war die benötigte Technik verbaut, die grob zusammengefasst aus einer NFC-Schnittstelle in der Fahrertür und einer weiteren Schnittstelle in der drahtlosen Ladeschale der Mittelkonsole bestand.
Die CCC-Spezifikation 2.0 gab nicht viel her
Der Digital Key der ersten Generation war technisch und im Bereich Sicherheit gut umgesetzt, ließ sich einfach einrichten, funktionierte fehlerfrei und war in gewissem Maße ein gelungener Auftakt bei der Digitalisierung des Autoschlüssels. Apple und BMW haben bei der Umsetzung zudem kein eigenes Süppchen gekocht, sondern sich (als Mitglieder) an die Spezifikation 2.0 des Car Connectivity Consortium (CCC) gehalten, das weitere namhafte Beteiligte zählt.
So zuverlässig die erste Umsetzung auch funktionierte und praktische Features wie das Teilen von Schlüsseln über iMessage mitbrachte, so eingeschränkt war aber noch der Funktionsumfang im Vergleich zum physischen Autoschlüssel. Für jedes Auf- und Zuschließen musste das Smartphone an die NFC-Schnittstelle im Griff der Fahrertür gehalten werden und zum Starten des Motors wurde vorausgesetzt, dass das Smartphone in der Ladeschale liegt. Vor allem bei Nutzung der Apple Watch als Autoschlüssel war letztgenannte Funktion praktisch nicht im Alltag zu gebrauchen, weil die Smartwatch tatsächlich für jeden Motorstart ausgezogen werden musste.
UWB gibt es ab iPhone 11 und Apple Watch 6
Mit iOS 15 und watchOS 8 bei Apple sowie dem iX und i4 bei BMW hält jetzt aber die Spezifikation 3.0 des CCC Einzug, die auch die Nutzung von Ultra-Breitband (UWB) und zusätzliche Funktionen vorsieht. ComputerBase hatte die Möglichkeit, den neuen Digital Key Plus anhand eines iX noch vor dessen Marktstart Ende des Jahres einem ersten Test zu unterziehen. Bei den Apple-Geräten wird der U1-Chip für UWB seit dem iPhone 11 und der Apple Watch Series 6 verbaut.
Alle Details zu UWB liefert ein separater Artikel
Technische Details zur Umsetzung von UWB liefert ein separater Artikel zum Thema, den die Redaktion im Juni im Rahmen der Apple WWDC erstellt hat. Was Entwickler und Autohersteller bei der Umsetzung zu beachten haben und wie einzelne Schritte hinter den Kulissen ablaufen, erklärt der verlinkte Artikel im Detail. In diesem Bericht hier geht es um Praxiserfahrungen mit der neuen Generation im Vergleich zum ersten Digital Key.
Digital Key Plus mit UWB macht alles besser
Der neue Digital Key Plus mit UWB im BMW iX (und i4) löst mit einem Schlag allerhand Einschränkungen, die mit der ersten Generation noch bestanden. Zunächst einmal kann das Smartphone jetzt stets in der Hosentasche verbleiben, da es dank UWB nicht mehr an eine NFC-Schnittstelle in der Tür gehalten werden muss. Das Smartphone ist damit erstmals eine vollwertige Alternative zum „Keyless Go“ des physischen Autoschlüssels. Sofern der digitale Autoschlüssel auf einer Apple Watch Series 6 (Test) oder neuer hinterlegt ist, funktioniert dieser Vorgang jetzt auch eins zu eins mit der Smartwatch.
Auto starten ohne Zwischenschritte
Dasselbe gilt für das Starten der Zündung, wo nicht länger vorausgesetzt wird, dass das Smartphone oder (ganz besonders umständlich) die Smartwatch in die drahtlose Ladeschale mit NFC gelegt werden muss. Die Geräte können in Hosentasche, anderweitiger Tasche oder am Handgelenk verbleiben und das Auto einfach gestartet werden, so wie man es bislang vom physischen Schlüssel gewohnt ist. Die Technologie bleibt, anders als beim ursprünglichen Digital Key, unauffällig im Hintergrund und funktioniert einfach, ohne dass nervige manuelle Zwischenschritte abverlangt werden.
Keyless Go kann deaktiviert werden
Dass „Keyless Go“ jetzt auch mit dem Smartphone funktioniert, ist ein großer Komfortgewinn. Die Funktion ist aber rein optional und kann in den Einstellungen der Wallet-App deaktiviert werden. Die entsprechende Option ist in den Details der Schlüsselkarte unter „Passiver Einstieg“ zu finden und ermöglicht das Aufschließen und Starten des Autos, sobald sich das iPhone in der inneren UWB-Zone respektive im Auto befindet beziehungsweise dieses und die innere Zone wieder verlässt. Ist das Feature deaktiviert, muss das Auto manuell über eine Schaltfläche unterhalb der Schlüsselkarte geöffnet werden, wie es auch im Video demonstriert wird. Bereits bei noch mehreren Metern Abstand zum Wagen wechselt die entsprechende Schaltfläche von ausgegrautem „Not available“ zu Weiß mit dem aktuellen Schließstatus des Fahrzeugs: „Locked“ oder „Unlocked“.
Auch der Kofferraum lässt sich jetzt öffnen
Über den passiven Einstieg des Digital Key Plus können beim iX alle vier Türen und der Kofferraum geöffnet werden, nachdem beim ersten Digital Key noch nur die Fahrertür mit einer Schnittstelle für das Smartphone ausgestattet war. Nach erfolgreichem Kontakt konnte dann aber auch beim ersten Digital Key das gesamte Auto entsperrt werden.
Eine zweite Schaltfläche öffnet automatisiert den Kofferraum. Diese Funktion gab es mit der ersten Generation Digital Key überhaupt noch nicht. Stattdessen musste der Kofferraumdeckel stets manuell geöffnet werden, nachdem das Auto über das Smartphone entriegelt wurde. In diesem Punkt herrscht demnach jetzt ebenfalls Parität zum physischen Autoschlüssel. Das Schließen ist aus Sicherheitsgründen allerdings nicht über das Smartphone möglich, stattdessen muss die entsprechende Taste unten an der Kofferraumklappe gedrückt werden.
Fazit
Der BMW Digital Key Plus mit UWB-Unterstützung unter iOS 15 ist genau das, was man sich eigentlich schon von der ersten Generation erhofft hatte: eine vollwertige Alternative zum physischen Autoschlüssel. Wichtige Funktionen wie das Ent- und Verriegeln aus der Ferne, Keyless Go für das Starten ohne Zwischenschritt, da nicht mehr das Smartphone in die Ladeschale gelegt werden muss, sowie das Öffnen des Kofferraums direkt in der Wallet-App führen zu einem deutlichen Komfortgewinn. Mit dem Digital Key der ersten Generation konnten BMW, Apple und experimentierfreudige Anwender erste Erfahrungen sammeln. Die zweite Generation alias Digital Key Plus ist aber die erste Lösung für die breite Masse, da bisherige Einschränkungen nicht mehr existent sind.
Dass das Smartphone jetzt tatsächlich in immer mehr Situationen den alten physischen Autoschlüssel ablösen wird und man diesen getrost zuhause lassen kann, ohne auf Features verzichten zu müssen, scheint auch BMW so zu sehen. Zur Probefahrt mit dem iX wurde zwar explizit auch nach einem Test des neuen Digital Key Plus gefragt, ausgehändigt bekam die Redaktion etwas überraschend aber gar keinen physischen Schlüssel mehr als Backup. Und den braucht es mit der neuen Generation samt UWB tatsächlich nicht mehr.
ComputerBase hat Informationen zu diesem Artikel von BMW im Rahmen einer Veranstaltung des Herstellers in Berchtesgaden unter NDA erhalten. Die Kosten für An-, Abreise und eine Hotelübernachtung wurden von BMW getragen. Eine Einflussnahme des Herstellers oder eine Verpflichtung zur Berichterstattung bestand nicht.
Dieser Artikel war interessant, hilfreich oder beides? Die Redaktion freut sich über jede Unterstützung durch ComputerBase Pro und deaktivierte Werbeblocker. Mehr zum Thema Anzeigen auf ComputerBase.