StreamOn und Vodafone Pass: EuGH stellt sich gegen Zero-Rating-Angebote
Zero-Rating-Angeboten wie StreamOn der Deutschen Telekom und Vodafone Pass sind grundsätzlich nicht mit den EU-Vorgaben zur Netzneutralität vereinbar, hat heute der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden. Das Urteil befasst sich mit mehreren Fällen.
Zero-Rating-Angebote StreamOn und Vodafone Pass ermöglichen den Kunden, die Anwendungen von Partnern der jeweiligen Netzbetreiber zu nutzen, ohne dass der Traffic auf Inklusivvolumen angerechnet wird. Der EuGH untersagt nun die in den konkreten Fällen behandelten Ausnahmeregeln, hält die Angebote aber auch grundsätzlich für unzulässig.
Denn Zero-Rating bedeute, dass ein Netzbetreiber aus kommerziellen Gründen in den Datenverkehr eingreife. „Eine solche Geschäftspraxis verstößt gegen die allgemeine, in der Verordnung über den Zugang zum offenen Internet aufgestellte Pflicht, den Verkehr ohne Diskriminierung oder Störung gleich zu behandeln“, heißt es in der Mitteilung des EuGH. Wie sich diese weitreichende Bewertung in der Praxis auswirkt, lässt sich noch nicht sagen.
Telekom: Willkür bei Bandbreitenlimits
Der Kern des Problems bei der Telekom war ursprünglich, dass nur MagentaEINS-Kunden eine StreamOn-Option mit maximaler Übertragungsqualität buchen konnten. Bei den kleineren Optionen wurde die Bandbreite hingegen reduziert, die Übertragungsrate für Video-Streams beträgt maximal 1,7 Mbit/s. Damit reduziert die Telekom die Bandbreite aber auf eine Weise, die nicht mit den Netzneutralitätsvorgaben der EU vereinbar sind, kritisierte die Bundesnetzagentur und untersagte das Vorgehen.
Was folgte, war ein Streit zwischen der Telekom und der Behörde, der vor dem Oberverwaltungsgericht in Köln landete. Das entschied zugunsten der Bundesnetzagentur, die Telekom besserte bei StreamOn bereits nach.
Was nun die Richter vom Europäischen Gerichtshof in dem Urteil (C‑34/20) entschieden, ist so etwas wie eine finale Bestätigung. Limitierte Bandbreiten wie bei den kleineren StreamOn-Optionen sind demnach nicht zulässig, weil diese Begrenzungen willkürlich und aus kommerziellen Gesichtspunkten festlegt werden. Mit Verkehrsmanagement-Maßnahmen lasse sich das nicht rechtfertigen und somit handele es sich um einen Verstoß gegen den Grundsatz, den Datenverkehr ohne Diskriminierung gleich zu behandeln.
Tethering- und Roaming-Ausnahme ebenfalls nicht zulässig
Ebenso urteile der EuGH in zwei weiteren Fällen, dass Ausnahmen beim Zero-Rating nicht zulässig sind. So rechnete Vodafone den Datenverkehr auf das Inklusivvolumen an, wenn dieser über Hotspots (Tethering) läuft. Das ist allerdings auch nicht mit dem EU-Recht vereinbar (C‑5/20). Geklagt hatte zuvor der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv).
Im dritten Fall hat Vodafone hat die Zero-Rating-Optionen wie früher auch die Telekom nur innerhalb von Deutschland angeboten, nicht aber im EU-Ausland. Dabei handelt es sich aber um einen Verstoß gegen die Roaming-Verordnung der EU (C 854/19), die Zero-Rating-Angebote müssen also EU-weit verfügbar sein.
Ausgang offen
Bei den Urteilen handelt es sich um Vorabentscheidungen. Nationale Gerichte fragen in solchen Fällen also beim EuGH nach, wie das EU-Recht jeweils auszulegen ist. Die finalen Urteile sprechen dann auch die nationalen Gerichte.
Die Frage ist daher, welche Konsequenzen die Urteile in der Praxis haben. Die Netzbetreiber selbst halten sich bedeckt. So erklärt etwa die Telekom auf Anfrage von heise online, der StreamOn-Tarif sei bereits angepasst worden. Und über den Fall hinaus gehende Aussagen im Urteil hätten mit dem Verfahren zunächst nichts zu tun. „Was daraus folgt, muss der Gesetzgeber klären“, so der Telekom-Sprecher. Die Bundesnetzagentur hatte die Zero-Rating-Angebote e nicht grundsätzlich verboten.
Experten halten das Urteil wirtschaftlich ohnehin nicht für allzu bedeutend. „Mittelfristig werden die sogenannten Full-Flat-Tarife den Markt dominieren“, sagt Klaus Langfeld vom Internetwirtschaftsverband eco der Tagesschau. Zero-Rating-Angebote wie StreamOn und Pass haben demnach also ohnehin keine Zukunft.