Age of Empires 4 im Test: Sorry, AMD, um Radeon kümmern wir uns später

Update Wolfgang Andermahr (+1)
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Age of Empires 4 im Test: Sorry, AMD, um Radeon kümmern wir uns später

Microsofts Age of Empires 4 ist da. Doch anstelle der Grafikqualität, der Steuerung oder des Gameplays sticht im Test die desolate Performance auf Radeon heraus, die auch ein neuer Treiber von AMD nicht heilen kann. Microsoft ist das Problem bekannt, doch erst in Wochen soll ein Update Abhilfe schaffen.

Update

AMD hat den Grafiktreiber Adrenalin 21.10.3 zum Download freigegeben. Der Treiber sollte von AoE-4-Spielern mit einer Grafikkarte von AMD, allen voran einer neuen Radeon RX 6000, unbedingt installiert werden, wie die Benchmarks in diesem Test gezeigt haben: Über 30 Prozent mehr FPS sind in UHD möglich. Für Leistungs-Parität zu GeForce RTX soll allerdings erst ein Patch von Microsoft sorgen, der im späteren Verlauf des Novembers folgen dürfte.

Microsoft hat derweil einen Launch Trailer veröffentlicht und den exakten Zeitpunkt für die Veröffentlichung am Donnerstag genannt: 17:00 Uhr deutscher Zeit.

Fortsetzung nach 16 Jahren Pause

Age of Empires 4 ist wohlmöglich der wichtigste Spiele-Release des gesamten Jahres, denn der Titel dürfte wegweisend für das Genre Echtzeit-Strategiespiele sein. Der Erfolg von Age of Empires IV könnte darüber entscheiden, ob das Genre zu einer reinen Nischen-Szene verkommt, oder noch einmal wiederbelebt wird.

Und nicht nur das. AoE 4 setzt nach 16 Jahren Pause eine der wichtigsten Spiele-Serien auf dem PC fort. Und auch einer der besten. Die Erwartungen sind entsprechend hoch.

Wie von ComputerBase gewohnt, steht in diesem Bericht allerdings die Technik im Fokus, wenngleich es auch ein Fazit zum Gameplay gibt. Benchmarks von Grafikkarten halten dabei eine faustdicke Überraschung bereit. Und um die muss es direkt zu Anfang gehen.

Microsoft nennt Probleme mit AMD Navi 21

Microsoft und AMD tun sich gemeinsam zurzeit etwas schwer auf dem PC. Nachdem Ryzen-CPUs unter Windows 11 aufgrund eines Fehlers im Betriebssystem und nicht optimaler Chipsatztreiber nach offiziellen Angaben um bis zu 15 Prozent langsamer als unter Windows 10 laufen, folgt mit Age of Empires 4 nun das nächste Leistungs-Thema – von einem „Desaster“ zu sprechen, ist in diesem Fall nicht übertrieben.

Microsoft und Relic sprechen direkt in den Release Notes an, dass AoE 4 zum Start Leistungsprobleme auf „Navi-21-Grafikkarten“ haben wird, Details oder andere GPUs nennen beide Partner nicht. Vergleichbare GeForce-RTX-Grafikkarten sollen in dem Spiel zurzeit deutlich besser laufen.

Current optimizations allow for a wide range of hardware to play Age of Empires IV, including integrated devices the ones referenced in the minimum spec. Work will continue post-launch to ensure performance parity between high-end Nvidia and AMD video cards as part of the pre-holiday update. If reviewing from an AMD Nav 21 card, please note that you may experience performance issues in contrast to the comparable Nvidia RTX cards.

Aus den Release Notes zum Spiel

Gleichzeitig kündigt Microsoft bereits einen Patch für vor der US-Amerikanischen „Holiday Season“ an, der den Fehler beseitigen soll. Angeblich sollen High-End-Grafikkarten von AMD und Nvidia dann gleich schnell in dem Strategiespiel laufen. Mit dem Patch ist vermutlich gegen Ende November zu rechnen.

Radeon liegt meilenweit hinter GeForce

Und wie gravierend sind die von Microsoft genannten Probleme? Benchmarks zeigen: Age of Empires 4 bietet auf allen Radeon-Grafikkarten mit dem Adrenalin 21.10.2 eine schier unterirdische Performance. Dabei kommt es nicht auf die Auflösung, die Qualitätseinstellung oder die Testszene an, sämtliche AMD-GPUs sind immer langsamer als konkurrierende Nvidia-Grafikkarten. In Zahlen: Die GeForce RTX 3080 liegt mal eben bis zu 77 Prozent vor der Radeon RX 6800 XT.

ComputerBase hatte AMD am vergangenen Mittwoch über die desolaten Ergebnisse informiert und nach einem Treiber, der für AoE 4 optimiert ist, gefragt. Denn auch wenn das Problem im Spiel begründet zu sein scheint, ist nicht auszuschließen, dass ein darauf angepasster Treiber Abhilfe schaffen kann. In der Tat stellte AMD Fortschritte, wenn auch – wie erwartet – keine Problemlösung mit einem neuen Treiber in Aussicht. Auf Bitten der Redaktion wurde der Treiber am Freitagabend vorab zur Verfügung gestellt. Und in der Tat: Adrenalin 21.10.3 ist schneller.

Adrenalin 21.10.3 ist schneller, aber kein Allheilmittel

Je mehr die GPU belastet wird, desto größer sind die Vorteile des neuen Treibers. So legt die Radeon RX 6800 XT in 3.840 × 2.160 mit dem Adrenalin 21.10.3 um hohe 33 Prozent bei den Durchschnitts-FPS und um 37 Prozent bei den Perzentil-FPS zu – einen so großen Leistungssprung durch einen neuen Treiber gab es selten zuvor. Nur mit dem neuen Treiber knackt die AMD-GPU die 60-FPS-Marke, das Spielgefühl ist deutlich besser als mit der alten Software-Version.

AMD Adrenalin 21.10.3 im Vergleich
AMD Adrenalin 21.10.3 im Vergleich – 3.840 × 2.160
  • FPS, Durchschnitt:
    • RX 6800 XT @ 21.10.3
      67,1
    • RX 6800 XT @ 21.10.2
      50,4
  • FPS, 1% Perzentil:
    • RX 6800 XT @ 21.10.3
      55,4
    • RX 6800 XT @ 21.10.2
      40,5
Einheit: Bilder pro Sekunde (FPS)

In niedrigeren Auflösungen wird der Zuwachs dann gering. In 2.560 × 1.440 legt der Adrenalin 21.10.3 in AoE 4 „nur“ noch um 13 respektive 16 Prozent zu, in 1.920 × 1.080 bleiben noch je 7 Prozent übrig.

AMDs Treiber ist schneller und zeigt zugleich, dass Microsoft nicht umsonst den ersten größeren Patch als Problemlösung für AMD-GPUs angekündigt hat, die Ursache für das Problem ist offensichtlich im Spiel zu finden. Nichtsdestoweniger sollte jeder Spieler mit AMD Radeon den Adrenalin 21.10.3 aufspielen, bevor Age of Empires 4 das erste Mal gestartet wird, denn das Spiel läuft mit diesem spürbar besser.

Fehlerfreier Auftritt abseits des Radeon-Themas

Während des Tests zeigte sich die PC-Version von Age of Empires 4 ansonsten als stabil, es gab keinen einzigen Absturz, Performance-Probleme mit GeForce, Grafikfehler, Bugs oder andere Schwierigkeiten, die auf einen problematischen Zustand der PC-Version hindeuten. Unklar ist noch, wie sich die Situation um die Multiplayer-Server nach der Freigabe für alle Spieler entwickeln wird.

Entwickelt wird der vierte Teil der Echtzeitstrategiespiele nicht von einem Microsoft-Studio, sondern von Relic Entertainment, die für die Strategieserien Company of Heroes und Dawn of War zuständig sind. AoE 4 nutzt mit der Essence-Engine auch die neueste Iteration von Relics Technologie, wobei Version 5.0 erstmals in Age 4 genutzt und später dann auch seinen Weg in Company of Heroes 3 finden wird.

Optisch orientiert sich Age of Empires 4 durchaus an seinen Vorgängern, geht aber auch eigene Wege. Das Spiel bleibt wie seine Vorgänger sehr bunt, erstmals ist ein Einfluss von Cartoon-Grafik zu erahnen. Über die Grafikqualität des Spiels wurde bereits viel gestritten. Wie auch immer einem die Optik persönlich gefallen mag, „Next-Gen“ ist sie auf jeden Fall nicht. Trotzdem sieht AoE 4 gut aus.

Als AAA-Spiel sollte es etwas mehr sein

Es lässt sich am Ende vortrefflich darüber diskutieren, ob es nicht auch bei einem Strategiespiel im Jahr 2021 etwas mehr sein sollte, vor allem wenn es sich um einen so großen und wichtigen AAA-Titel handelt. Vielleicht hatten Relic und Microsoft auch einfach zu viel Angst vor höheren Systemvoraussetzungen und damit einem potenziell kleineren Spielerkreis. Diese Kritik muss sich das Spiel trotzdem gefallen lassen. Umgesetzt wurde AoE 4 mit der Low-Level-API DirectX 12. Eine andere Schnittstelle steht nicht zur Verfügung.

Ein einfaches Grafikmenü mit ein paar Optionen

Das Grafikmenü von Age of Empires 4 fällt einfach aus. Es gibt Grafik-Presets, einzelne Grafikoptionen und davon abgesehen noch spieleigenes Upscaling, das eine Renderauflösung zwischen 50 und 100 Prozent der eingestellten Auflösung in 1-Prozent-Schritten zulässt. Darüber hinaus gibt es noch einen FPS-Limiter, der zwar nur feste Werte anbietet, die mit 30 FPS, 60 FPS, 75 FPS, 90 FPS, 120 FPS, 144 FPS und 165 FPS aber vielfältig ausfallen.

Weitere Features oder Komfort-Funktionen wie Beispiel-Screenshots zu den einzelnen Funktionen bietet das Strategiespiel nicht. Diesbezüglich sind andere Titel teils deutlich weiter.

Age of Empires 4 nutzt in der Kampagne zahlreiche echte Videosequenzen. Diese liegen in einer 1.080p-Auflösung vor, wer möchte kann jedoch auch Ultra HD inklusive optionalem HDR im Optionsmenü auswählen. Dazu müssen rund 25 GB zusätzliche Videodateien heruntergeladen werden, die im Steam-Menü als kostenloser DLC hinterlegt sind.

Grafik-Presets zeigen teils große Leistungssprünge

Age of Empires 4 bietet auf dem PC mit „Niedrig“, „Mittel“ und „Hoch“ drei verschiedene Grafik-Presets an. Hoch ist dabei noch nicht die höchstmögliche Optik, die Option Geometriedetails lässt sich noch auf „Ultra“ oder „Maximum“ setzen. Wer nun alle Optionen schnell und direkt miteinander vergleichen will, hat in vielen Fällen jedoch Pech gehabt: Bei den meisten Änderungen an der Grafik muss das Spiel neu gestartet werden.

Wer anstatt der maximalen Grafikdetails auf Hoch herunter schaltet, muss nicht auf viel Optik verzichten. An der eigentlichen Spielwelt ändert sich überhaupt nichts, die Einheiten werden jedoch etwas weniger detailliert dargestellt. Das lässt sich bei genauem Hinsehen zwar ausmachen, ist in der Regel aber kein Verlust.

Das Mittel-Preset sieht dagegen deutlich schlechter als Hoch aus. Das liegt vorrangig daran, dass Mittel die Schatten massiv zurückfährt. Dadurch scheinen Gebäude und Einheiten zu schweben, was die Grafik sichtbar trübt. Auch wenn es davon abgesehen nur kleine Unterschiede gibt, sollte bereits das Mittel-Preset nur als Notlösung gelten, wenn das Spiel sonst einfach nicht brauchbar laufen will. Mit dem Niedrig-Preset wird AoE 4 dann hässlich. Der Boden ist jetzt nur noch Matsch, Oberflächenstrukturen gibt es kaum noch und auch davon abgesehen müssen zahlreiche Abstriche in Kauf genommen werden.

Die FPS-Sprünge sind deutlich

Wer auf die maximalen Grafikdetails verzichtet und nur mit dem Hoch-Preset spielt, muss zwar nur mit minimalen Einbußen bei der Optik rechnen, doch auch die Leistung steigt kaum an. Sowohl die Radeon RX 6800 XT als auch die GeForce RTX 3080 werden um gerade einmal 2 Prozent schneller. Mit dem Mittel-Preset sieht das Echtzeitstrategiespiel dann deutlich schlechter aus, dafür gibt es aber auch mehr FPS. Auf der Radeon steigt die Framerate um 23 Prozent an, auf der GeForce sind es höhere 37 Prozent. Das hässliche Niedrig-Preset bringt dann immerhin ein massives Plus, die AMD-GPU wird um 140 Prozent schneller und der Nvidia-Chip um 119 Prozent. Die richtig schlechte Optik bringt dann immerhin auch mehr als die doppelte Leistung.

Grafik-Presets im Vergleich – 3.840 × 2.160
  • AMD Radeon RX 6800 XT:
    • Niedrig-Preset
      236,6
    • Mittel-Preset
      98,4
    • Hoch-Preset
      80,1
    • Maximale Grafikdetails
      78,4
  • Nvidia GeForce RTX 3080:
    • Niedrig-Preset
      292,1
    • Mittel-Preset
      133,1
    • Hoch-Preset
      97,3
    • Maximale Grafikdetails
      95,0
Einheit: Bilder pro Sekunde (FPS)

Aufgrund der nachfolgend erörterten Savegame-Problematik wurde bei den Preset-Benchmarks nicht die eigentlich von ComputerBase genutzten Testsequenz genutzt. Daher sind die Frameraten nicht miteinander vergleichbar.

Savegames mit anderen Grafikdetails – das geht nicht immer

Age of Empires 4 beziehungsweise die eingesetzte Essence-Engine hat eine sehr ungewöhnliche Eigenart bei den Savegames. Erst einmal sieht alles normal aus: Das Spiel speichert immer automatisch, wenn eine neue Mission freigeschaltet worden ist, und während einer Partie in gewissen Zeitabständen. Darüber hinaus können Savegames auch manuell erstellt werden.

Während die Savegames bei neu freigeschalteten Missionen immer funktionieren, gilt das jedoch nicht für die Spielstände, die innerhalb einer Partie erstellt worden sind. Denn diese funktionieren aus unerklärlichen Gründen nicht mit jeder Detailstufe. Wer zum Beispiel von den vollen Grafikdetails auf das Niedrig-Preset zurückschaltet, kann plötzlich den Spielstand nicht mehr laden. Wer einen Spielstand mit niedrigen Grafikdetails erstellt, kann dann auch nicht das Mittel-Preset oder eine andere Einstellung mit diesem nutzen. Der Wechsel von Mittel zum Maximum oder andersherum ist dagegen kein Problem, einzig das Niedrig-Preset funktioniert wortwörtlich nur für sich. Warum es diese Limitierung gibt, ist unklar.