Mechanische Billig-Tastatur im Test: Sparen in der Praxis und Fazit

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Max Doll
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Wer bei der Wahl des Layouts aufpasst, findet wie hier ein sinnvoll bestücktes Produkt. Dass die Beschriftung nicht ganz der deutschen Tastenbelegung entspricht, lässt sich verschmerzen, denn getippt und gespielt wird meist blind. Bis auf ein paar Sonderzeichen passt ohnehin alles. Die Anordnung der Zusatzfunktionen und der rechts aufgereihten Funktionstasten scheint zudem sinnvoll, aber nicht ganz zu Ende gedacht.

Eine fast viermal so teure Ducky One 2 SF (Test) verzichtet auch noch auf „Einfügen“, „Home“, „Ende“ und „Pause“, die kaum jemand drückt. Den zusätzlichen Platzbedarf spart Havit dann aber beim schmaleren Gehäuse wieder ein. Beide Tastaturen sind dadurch praktischer als puritanische Hacker-Layouts mit nur 60 Tasten, ohne übermäßig Platz zu verbrauchen. Lediglich die Position von „Entfernen“ in der Mitte der Tastenreihe stört bei der Gamenote, am oberen Rand ließe sich eine solche, häufiger genutzte Funktion sicherer finden.

Unbekannte Taster

Taster bleiben eine größere Unbekannte. „Blaue Schalter“ entpuppen sich als „Xjixian Blue“. Ein Datenblatt ließ sich nicht auftreiben. Der komplett überraschte Sparfuchs ermittelt jedoch anhand von Aussehen und Schreibeindruck eine recht geradlinige Kopie von Cherry MX Blue mit etwas schwächer ausgeprägtem und weniger spitz angelegtem Druckpunkt. Schnelles Schreiben wird dadurch angenehmer, weil sich der nächste Taster schon auf den Weg bringen lässt, bevor der erste ausgelöst hat. Hier bewegt sich der Nutzer jedoch in den Bereichen von Geschmack und Gefallen. Probleme lassen sich in den ersten Stunden der Nutzung keine ausmachen. Gehakt hat ebenfalls nichts. Obligatorisch im Budget-Segment: Etwas mehr Varianz bei der Rückmeldung, wenn Taster nicht zentriert gedrückt werden.

Ebenso in das Segment gehört Ungewissheit zur Langzeitqualität. In den Weiten des Netzes finden sich seit einigen Jahren Fragen nach der Xjixian-Qualität ohne ausreichende Antworten, die Taster werden aber am untersten Ende des Preisspektrums einsortiert. Man müsste deshalb schon ein irrer Fuchs sein, würde man die gleiche Langzeitqualität etablierter Markentaster als gegeben voraussetzen. Ein solcher Kauf kann gutgehen, muss aber nicht. Ob es sich bei der Tastatur um ein echtes Schnäppchen oder um Ressourcenverschwendung handelt, kann deshalb mit letzter Sicherheit kaum geklärt werden. Dass sich kaputte Taster mit einem Lötkolben tauschen lassen, beruhigt zumindest.

Gamenote Keyboard (Blue Switches)

Die Lautstärke schlägt hingegen einen ganz anderen Ton an. Die Mini-Tastatur klappert hell und vernehmlich, weil klickende Taster mit offener Kulisse, günstigeren Stabilisatoren und dünnwandigen Tastenkappen kombiniert werden. So kratzt dieses Gamenote-Modell an der Grenze zur Penetranz. Es überspannt den Bogen damit zwar nicht, es gibt aber deutlich leisere Produkte. Ohnehin sind die Tastenkappen ein zweischneidiges Schwert. Sie sind nicht nur materialarm, sondern an den Rändern auch spürbar kantig. Es gibt angenehmere Dinge als den kleinen Finger auf die Ecke der Strg-Taste zu legen. Ein Sparfuchs braucht gewissermaßen ein dickes Fell.

Fazit: Sparen, ja?!

Dass man nicht immer das bekommt, was man möchte, wussten schon die Rolling Stones. Eine der Anforderungen muss über die Klippe springen: Entweder RGB-LEDs oder ein ISO-Layout oder oder oder. Alles auf einmal funktioniert nicht, lautet die erste Erkenntnis des Tests, die zweite, dass kleinere Kompromisse etwa bei Lautstärke, potentieller Haltbarkeit und Kleinigkeiten wie Tastenbeschriftungen oder Verarbeitung zu erwarten sind. Einen solchen Tod zu sterben, scheint in Anbetracht des Gebotenen akzeptabel, denn man erhält ein Eingabegerät, das überraschend kompetent agiert, wenn es um Wesentliches geht. In diesem Fall zumindest kauft wenig Geld keinen Müll, neben Euros wird aber auch in kleineren Nachteilen gezahlt.

Komprimissbereite können mit dem Gamenote Keyboard sparen
Komprimissbereite können mit dem Gamenote Keyboard sparen

Für eine Tastatur in gängigeren Formfaktoren lohnt sich das Sparen mit Blick auf die vielen kleinen Abstriche deshalb in erster Linie, wenn das Budget auf das Allerengste beschnitten wurde oder die Kompromisse die persönlichen Anforderungen nicht berühren. Wunderschnäppchen gibt es nicht.

Bis hierhin gleichen die Befunde dem letzten Test einer Billig-Tastatur vor fünf Jahren, der Vic-Tsing I-500 (Test). Nun aber gibt es neue Konkurrenz. Eine (wenn auch unbeleuchtete) Logitech K835 TKL ohne Nummernblock wird schon für knapp unter 50 Euro gehandelt, rund 55 Euro bringen bei der SilentiumPC SPC Gear GK630K eine echte RGB-Beleuchtung ein. Im Fullsize-Format hat Sharkoon ab 45 Euro RGB-Tastaturen im Programm. Beide bieten zwar keine Premium-Taster, aber zumindest gängigere Modelle mit „deutschen“ Tastenkappen. Hier nachzurüsten, lohnt sich wiederum finanziell kaum.

Ultrakompakt spart

Ausnahme von der Regel ist das SFF-Segment. Tastaturen mit 60 bis 72 Tasten sind, wie im Fall der Gamenote, rund 25 Prozent so teuer wie Markenmodelle. Die Fragezeichen-Technik bleibt auch hier sowohl hinsichtlich Haltbarkeit als auch des Herstellers. Während grundlegende Skepsis ratsam ist, sind die Ersparnisse für ein immer noch vernünftiges Eingabegerät signifikant – das kann sich lohnen. Ebenso ratsam ist allerdings ein Austausch von Erfahrungen, der nicht über die manipulierbaren Amazon-Produktbewertungen läuft. Hier bietet sich ein Blick in das ComputerBase-Forum für Eingabegeräte und den Diskussionsthread für mechanische Tastaturen an.

Havit Gamenote 60% Keyboard
15.10.2021
  • Gut geplantes Layout
  • Solides Gehäuse
  • USB Typ C
  • Angenehm abgestimmte Taster
  • Einfarbige LEDs
  • Nacharbeiten am Chassis nötig
  • Keine deutsche Tastenbeschriftung
  • Hohe Lautstärke
  • Langlebigkeit unklar

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