Grell TWS/1 im Test: Neutraler Klang mit aptX Adaptive, LHDC und ANC
Die ersten kabellosen In-Ears von Axel Grell unter eigener Marke, die grell TWS/1, überzeugen mit sehr gutem Klang, vielen Codecs wie aptX Adaptive, LHDC und AAC und einer aktiven Geräuschunterdrückung, die sich im Vergleich mit der Konkurrenz behaupten kann. Die „Noise Annoyance Reduction“ verspricht weitere Verbesserungen.
ComputerBase liegt inzwischen die finale Version der grell TWS/1 vor, die mit der optionalen SoundID-App kompatibel ist, die zusätzliche Funktionen bereitstellt. Aus diesem Grund wurde der entsprechende Abschnitt zur App im Test ergänzt. Darüber hinaus ist ein Abschnitt zum Frequenzverlauf ergänzt worden, der eine entsprechende Messung der grell TWS/1 beinhaltet.
ComputerBase konnte inzwischen die Noise Annoyance Reduction (NAR) der grell TWS/1 testen, die als Ergänzung von ANC dafür sorgen soll, dass die Geräuschunterdrückung als weniger störend empfunden wird, indem eingegriffen wird, wenn durch ANC nur ein störendes, hochfrequentes Rauschen zurückbleiben würde. Der Test wurde um einen entsprechenden Abschnitt zu NAR ergänzt.
Mit den grell TWS/1 bringt der Kopfhörer-Entwickler Axel Grell die ersten kabellosen In-Ears unter eigener, neuer Marke auf den Markt, nachdem er jahrelang für zahlreiche Kopfhörer bei Sennheiser verantwortlich zeichnete und seit mehr als 30 Jahren Kopfhörer entwickelt. Ziel der TWS/1 ist es, hohen Ansprüchen an die Klangqualität gerecht zu werden und statt mit Bass und Lautstärke mit einem klaren, natürlichen Klang zu punkten. Dabei soll ein niedrigerer Preis als bei vergleichbaren Modellen dafür sorgen, dass diese Klangqualität für mehr Käufer bezahlbar wird. Der Hersteller setzt auf einen Direktvertrieb der ausschließlich in Grau erhältlichen In-Ears, nachdem die Veröffentlichung mehrfach verschoben wurde – nicht nur wegen des anhaltenden Chipmangels, sondern auch, weil das Produkt den Ansprüchen von Axel Grell noch nicht genügte und er weitere Verbesserungen umsetzen wollte.
ComputerBase konnte vorab einen Blick auf die grell TWS/1 werfen, die für 199,99 Euro ab heute auf grellaudio.com vorbestellt werden können und ab Mitte November ausgeliefert werden.
Neben den Ohrhörern und dem Ladecase erhalten Käufer drei Paar unterschiedlich große Silikon- und zwei Paar Foam-Aufsätze, ein USB-C-auf-USB-A-Ladekabel und eine Kurzanleitung.
Technische Daten und Funktionen der TWS/1
aptX Adaptive, LHDC und Bluetooth 5.2
Technisch lassen sich die grell TWS/1 nicht lumpen und setzen nicht nur auf den neuesten Bluetooth-Standard in Version 5.2, sondern bieten auch eine ungewohnte Vielfalt bei den Audio-Codecs. Dank Qualcomms QCC5141-Chipsatz werden SBC, AAC, aptX Adaptive und LHDC unterstützt – eine Kombination, die es bisher im Testfeld noch nicht gegeben hat. Geräte, die aptX Adaptive noch nicht unterstützen, können auf aptX HD oder aptX zurückgreifen, die Teil von aptX Adaptive sind.
Während aptX Adaptive ein Qualcomm-Smartphone auf der Gegenseite voraussetzt, benötigt der „Low Latency High-Definition Audio Codec“ (LHDC) dies nicht. Er ist unter Android aber noch nicht weit verbreitet. LHDC beherrscht die Bitraten 400, 560 und 900 kbit/s bei einer Sampling-Tiefe von 24 Bit und einer Abtastrate von 96 kHz und ist etwa mit Sonys LDAC vergleichbar. Die OnePlus Buds Pro (Test) haben den Codec zuletzt ebenfalls unterstützt, eine breite Unterstützung bei den Smartphone-Herstellern muss aber erst noch folgen. Derzeit wird der Codec nur von Xiaomi Mi 9 Pro und neuer, der Redmi K30- und K40-Serie, dem Redmi Note 9 Pro 5G und Note 9T, den beiden Oppo-Smartphones Reno6 und Reno4 SE sowie den Poco-Modellen F2 Pro und F3 unterstützt. Bei den OnePlus-Smartphones soll LHDC auf die Geräte OnePlus 9 (Pro) per Software-Update kommen. Keines der genannten Smartphones liegt der Redaktion noch vor, so dass LHDC im Test nicht genutzt werden konnte – so wird es auch vielen Käufern ergehen.
Bluetooth-Multipoint folgt per Update
Auch Bluetooth-Multipoint wird unterstützt, so dass zwei Endgeräte gleichzeitig über Bluetooth mit den Ohrhörern verbunden sein können, um die Wiedergabe zwischen diesen nahtlos wechseln zu können. Bei der Vorabversion der TWS/1, die ComputerBase vorliegt, funktioniert dies allerdings noch nicht. Mit einem Firmware-Update, spätestens mit allgemeiner Verfügbarkeit der kabellosen In-Ear-Kopfhörer, soll es jedoch nachgeliefert werden. So kann beispielsweise während eines Videos auf dem Tablet der Anruf auf dem Smartphone mit den Ohrhörern entgegengenommen werden, ohne die Verbindung erst umständlich beenden und koppeln zu müssen.
10-mm-Treiber mit erweitertem Frequenzgang
Den Klang umsetzen müssen dynamische 10-mm-Treiber, die einen erweiterten Frequenzgang von 4 Hz bis 22 kHz abdecken. Dieser weit nach unten reichende Frequenzgang soll vor allem verdeutlichen, wozu die Akustik technisch in der Lage ist. Um unverfälschten Klang zu erreichen, haben die dynamischen Wandler nach eigenen Angaben eine Toleranz von 1 dB.
Glasfläche und IPX4
Die Ohrhörer weisen ein eigenständiges Design auf, das sich von vielen Konkurrenten unterscheidet. Der an den Silikon-Aufsatz angrenzende innere Teil ist mit einem Silikon-Ring versehen, der den Halt im Ohr verbessern soll. An diese Kammer schließt sich der runde äußere Bereich an, auf dessen Außenseite die Touchsensoren unter einer dünnen Glasfläche sitzen und der in einem kurzen Stiel ein Mikrofon beherbergt. Um auch bei Regen und durch Schweiß nicht den Geist aufzugeben, sind die Ohrhörer nach IPX4 gegen Spritzwasser geschützt.
Metall-Ladecase mit großem Akku
Das Ladecase aus Metall misst 39,0 × 66,0 × 34,0 mm (H × B × T) und ist somit vor allem etwas dicker als viele Konkurrenten. Die Apple AirPods Pro kommen beispielsweise auf 45,2 × 60,6 × 21,7 mm, die Samsung Galaxy Buds 2 auf 50,0 × 50,2 × 27,8 mm. Es ist somit etwas zu dick, um es angenehm in jeder Hosentasche mitführen zu können.
Das Gewicht liegt bei 61 g und ist somit ebenfalls etwas höher als bei vielen Konkurrenten, die dafür jedoch auf ein reines Kunststoffgehäuse setzen. Jeder Ohrhörer bringt es auf 7 g. Geladen wird das Case über USB-C oder drahtlos nach Qi-Standard. Der interne Akku fällt mit einer Kapazität von 770 mAh verhältnismäßig groß aus – je Ohrhörer beträgt die Kapazität 60 mAh.
5, 28 und 45 Stunden Akkulaufzeit
Die Akkulaufzeit der Ohrhörer gibt der Hersteller mit rund 5 Stunden bei aktiviertem ANC an. Insgesamt soll sie mit Ladecase bei 28 Stunden liegen, wenn ANC genutzt wird. Das Case lädt die Ohrhörer rund 4,5 Mal auf. Ohne ANC soll die Akkulaufzeit insgesamt rund 45 Stunden, also 8 Stunden mit einer Ladung, betragen.
Im Test hält das Vorserienmodell bei mittlerer Lautstärke und buntem Musikmix mit aktiviertem ANC 5:15 Stunden durch, bevor die Ohrhörer wieder geladen werden müssen.
grell TWS/1 | Klipsch T5 II True Wireless ANC (McLaren Edition) | Klipsch T5 II True Wireless Sport McLaren Edition | Samsung Galaxy Buds 2 | |
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Bluetooth-Standard: | 5.2 | 5.0 | 5.2 | |
Audio-Codecs: | SBC, AAC, aptX Adaptive, LHDC | SBC, AAC | SBC, AAC, aptX | SBC, AAC, SSC |
Bedienung: | Touch | Tasten | Touch | |
Akkulaufzeit der Ohrhörer: | 6,0/5,0 (ANC) h | 7,0/5,0 (ANC) h | 8,0 h | 7,5/5,0 (ANC) h |
Akkulaufzeit mit Ladecase: | 35,0 h | 28,0 h | 32,0 h | 29,0 h |
Wireless Charging: | Ja | |||
ANC: | Ja | – | Ja | |
Einzelnutzung: | Ja | |||
IP-Zertifizierung: | IPX4 | IP67 | IPX2 | |
Gewicht je Ohrhörer / nur Ladecase: | 7,0/61,0 g | 5,5/43,0 g | 6,0/82,0 g | 5,0/41,5 g |
USB-Ladeanschluss: | USB-C | |||
Abmessungen Ladecase: | 39,00 × 66,00 × 34,00 mm | 49,10 × 55,50 × 28,90 mm | 44,80 × 82,80 × 42,00 mm | 50,00 × 50,20 × 27,80 mm |
Preis: | 199,99 € | 439 € | 279 € | 149 € |
ANC, NAR und Transparenzmodus
Die grell TWS/1 verfügen sowohl über eine aktive Geräuschunterdrückung als auch über einen Transparenzmodus, mit dem man die Umgebung wahrnehmen kann. Dem typischen Rauschen vieler In-Ear-Kopfhörer beim Aktivieren von ANC will der Hersteller mit besseren, aber auch teureren Mikrofonen entgegenwirken, die 12 dB weniger Rauschen erzeugen als günstige Mikrofone. Insgesamt kommen drei Mikrofone je Ohrhörer zum Einsatz, so dass ein hybrides ANC mit nach innen und nach außen gerichtetem Mikrofon (Feed-Forward- und Feedback-Verarbeitung) umgesetzt wurde, bei dem das nach innen gerichtete Mikrofon den Lärm im Ohr misst und ihn mit einer Gegenkopplungsschleife möglichst weit herunterregelt. Zwei Mikrofone weisen eine Kugelcharakteristik auf und werden zu einem intelligenten Array zusammengeschaltet, das auf den Mund ausgerichtet ist. Das hintere Außenmikrofon dient außerdem als Mikrofon für den Transparenzmodus und als Feed-Forward-Mikrofon für das Noise-Cancelling.
Bei NAR, der „Noise Annoyance Reduction“, handelt es sich um eine zum Patent angemeldete Eigenentwicklung, die einem Problem von ANC entgegenwirken möchte. Denn durch das starke, aktive Dämpfen tiefer Frequenzen werden die hohen Frequenzen deutlicher wahrnehmbar und treten störender hervor. So kann ein starkes ANC störende hohe Frequenzen zurücklassen. Die grell TWS/1 analysieren deshalb das Spektrum der Störgeräusche und passen das ANC anhand eines psychoakustischen Modells an, um die empfundene Belästigung durch die Umgebung zu reduzieren. NAR ist somit ein Zusatz zu ANC und kann bei aktiviertem ANC hinzugeschaltet werden.
Bei der Telefonie wechseln die Mikrofone bei erkanntem Wind zudem von einer Nieren- auf eine Kugelcharakteristik, um weniger anfällig für Windgeräusche zu sein.
Steuerung mit Wischgesten
Die grell TWS/1 setzen auf eine Touchsteuerung an beiden Ohrhörern. Auf dem rechten Exemplar wird die Wiedergabe durch einmaliges Antippen gestartet und pausiert. Wird von oben nach unten gewischt, reduziert dies die Lautstärke. Wird von unten nach oben über die Fläche gewischt, erhöht sich hingegen die Wiedergabelautstärke. Wird zweimal auf den rechten Ohrhörer getippt, aktiviert dies den Sprachassistenten des verbundenen Smartphones.
Auf dem linken Ohrhörer wird primär zwischen ANC, NAR und Transparenzmodus gewechselt. Wird einmal auf den linken Ohrhörer getippt, wird der Transparenzmodus aktiviert, ein erneutes Tippen wechselt zu ANC. Um das ANC wieder zu deaktivieren, muss die Touchfläche circa eine Sekunde gedrückt gehalten werden. Allerdings funktioniert das Deaktivieren dieser beiden Modi nur, wenn man sich im aktivierten ANC befindet. Wird die Fläche eine Sekunde gehalten, wenn der Transparenzmodus aktiv ist, wird zu ANC gewechselt. Wird die Fläche bei aktiviertem ANC drei Sekunden gedrückt gehalten, bis drei kurze Töne erklingen, wird die „Noise Annoyance Reduction“ (NAR) eingeschaltet. Nun kann durch einmaliges Tippen zwischen Transparenz und NAR gewechselt werden. Möchte man statt NAR wieder ANC nutzen, muss man im NAR-Modus erneut drei Sekunden die Touchfläche des linken Ohrhörers gedrückt halten. Auch bei der Steuerung ist NAR somit als Zusatz zu ANC konfiguriert und lässt sich nur bei aktiviertem ANC ein und ausschalten.
Auch der linke Ohrhörer bietet darüber hinaus Wischgesten. Wird von hinten nach vorne gewischt, springt die Wiederhabe einen Track vor, von vorne nach hinten einen Track zurück.
Wird die Fläche auf dem rechten Ohrhörer fünf Sekunden lang gehalten, wird der Kopplungsvorgang gestartet und es kann ein anderes Gerät verbunden werden.
Bis man die Steuerung verinnerlicht hat, dauert es etwas und auch dann muss man darauf achten, die Touchflächen sauber zu berühren, um nicht ungewollt eine Wischgeste zu aktivieren, wenn man nur kurz tippen möchte. Völlig frei von Fehleingaben sind die TWS/1 somit nicht, die Steuerung funktioniert aber zuverlässig. Eine Anpassung ist nicht möglich. Auch eine Funktion zum automatischen Pausieren und Fortsetzen der Wiedergabe, wenn ein Ohrhörer aus dem Ohr genommen oder wieder eingesetzt wird, bieten die grell TWS/1 nicht.
Gute Einzelnutzung, ohne Anpassung
Beide Ohrhörer der grell TWS/1 lassen sich alleine nutzen. Störende Aussetzer und Pausen gibt es weder beim Wechsel von Stereo zu Mono noch andersherum. Die Steuerung wird bei Nutzung nur eines Ohrhörers nicht angepasst, so dass immer nur die Funktionen des jeweiligen Ohrhörers verwendet werden können.
SoundID-App für Klang- und Steuerungsanpassungen
Die finale Version der grell TWS/1 lässt sich problemlos mit der SoundID-App von Sonarworks koppeln und erlaubt abseits von Firmware-Updates weitere Anpassungen der kabellosen In-Ear-Kopfhörer.
Klanganpassung und Hörtest
Wichtigste Eigenschaft der App sind der „Preference test“ und „Hearing test“. Über ersteren wählt der Nutzer eine Anpassung des Klangs, indem er über einen A/B-Test anhand eines gewählten Liedstücks jeweils den subjektiv besseren Klang auswählt. Die App erstellt hieraus eine persönliche Sound ID, die dem Geschmack des Nutzers entspricht, damit die Musik so klingt, wie er sie am besten findet. Der Hearing test führt hingegen einen Gehörtest durch und muss in stiller Umgebung durchgeführt werden. Er dauert vergleichsweise lang und besteht aus mehrere Tests. Entweder muss gedrückt werden, sobald ein Ton gehört wird, oder die Lautstärke soll so weit reduziert werden, bis kein Geräusch mehr gehört wird. Auch hieran schließt sich ein A/B-Test an. Um das Profil zu übernehmen, muss es anschließend kurz auf den Kopfhörer übertragen und dort gespeichert werden.
Equalizer mit vielen Optionen
Viele Optionen bietet auch der Equalizer, da es sich nicht um einen klassischen 4- oder 5-Band-Equalizer handelt, sondern der Nutzer selbst die Anzahl der Ankerpunkte festlegt und die Breite der Oktavenauswirkungen anpassen kann. Zur Einstellung können entweder die Punkte per Touch verschoben oder die drunter platzierten Regler angepasst werden. Wer die In-Ears seinen persönlichen Vorlieben anpassen möchte, hat hier viele, sehr feine Möglichkeiten dazu.
Keine Anpassung der Steuerung
Eine Anpassung der Steuerung ist wie angekündigt über die App nicht möglich. Unter dem Punkt „Headphones controls“ lassen sich jedoch die einzelnen Tastenbelegungen einsehen, sollte man sie noch nicht verinnerlicht haben.
Angenehmes Tragegefühl
Die TWS/1 sind zwar ausladend, weshalb sie nicht gut unter Mützen getragen werden können, das Tragegefühl leidet darunter aber nicht. Durch den gummierten Rand sitzen sie gut im Ohr, ohne zu drücken oder ständig ihre Position zu verändern. Auch leichtes Joggen ist im Test kein Problem, bei schnelleren Sportarten kann es aber aufgrund des relativ weit außen liegenden Schwerpunktes problematisch werden, was jedoch immer auch vom individuellen Sitz abhängig ist.