Snapdragon mit Nuvia-CPU: Qualcomm sagt AMD und Intel den Kampf an
Im Rahmen des Investor Day 2021 hat Qualcomm den Ersteinsatz einer von Nuvia entwickelten ARM-CPU mit dem Sampling des Chips im August 2022 und Produkten in 2023 konkretisiert. Dabei wird es sich um einen ARM-PC mit Windows handeln. Für den „unausweichlichen Wechsel zu ARM“ habe Qualcomm künftig die beste Plattform.
Qualcomm will CPU-Schwäche beseitigen
„Wenn man sich unsere Technologie-Roadmap anschaut, war das seit ziemlich langer Zeit unsere Schwäche“, sagte Dr. James Thompson, CTO Qualcomm Technologies, mit Bezug auf die zuletzt in Snapdragon-Prozessoren genutzten CPUs. Bei diesen handelt es sich bekanntermaßen um praktisch fertige Lösungen von ARM, etwa den Cortex-X1, A78 oder A55, die Qualcomm höchstens noch minimal anpasst und dann mit „Kryo“ einen eigenen Namen verpasst. Mit der Übernahme von Nuvia sollen aber wieder Custom-CPUs zum Einsatz kommen, die laut Thompson nichts weniger als die höchste Leistung im Low-Power-Segment liefern sollen, sprich mehr als Apple oder ARM selbst.
Samples der Nuvia-CPU in neun Monaten
Kommendes Jahr sollen im zweiten Halbjahr erste Samples entsprechender Chips an erste Abnehmer gehen. Heute wurde das Sampling mit „in etwa neun Monaten“ und damit August 2022 enger von Thompson eingegrenzt. Entsprechend ausgestattete Produkte sollen 2023 auf den Markt kommen, was zwar bereits vermutet wurde, bislang aber nicht von Qualcomm als möglicher Termin bestätigt worden war. Erstes Einsatzgebiet werden Windows-PCs sein, dort will Qualcomm einen neuen Performance-Benchmark liefern. Heute wurde aber auch bestätigt, dass ein späterer Einsatz bei Mobile, also Smartphones, sowie Automotive und Datacenter geplant sei.
Qualcomm greift AMD und Intel an
Der neue CEO Cristiano Amon ging noch einen Schritt weiter und kündigte indirekt AMD und Intel den Kampf um die Hoheit im PC-Sektor an. Demnach sei der Wechsel zu ARM im PC-Segment unausweichlich und Qualcomm sei sehr gut aufgestellt, die bevorzugte Plattform für PCs zu werden. Die neue Nuvia-CPU werde der Maßstab bei Leistung und Effizienz werden, sagte Amon, außerdem soll die eigene Adreno-GPU auf das Niveau von diskreten Desktop-GPUs skaliert werden. Hinzu würden die energieeffizienteste KI-Engine sowie Fähigkeiten bei Multimedia und Konnektivität kommen. Glaubt man dem CEO, kann die PC-Konkurrenz nicht mithalten.
Die GPU-Leistung des nächsten Snapdragon
Bereits im nächsten Flaggschiff-Snapdragon, der in gut zwei Wochen auf dem Snapdragon Tech Summit seine Premiere feiern wird, wird die Nuvia-CPU allerdings noch nicht zum Einsatz kommen. Derzeit wird mit der Nutzung von Cortex-X2, A710 und A510 gerechnet, die den Wechsel zur ARMv9-Architektur vollziehen. Einen ganz kleinen Einblick in die von diesem Chip, der Snapdragon 898 heißen könnte, erwartete Leistung, gab es von Dr. James Thompson mit Blick auf die nächste Adreno-GPU, die vermutlich Adreno 730 heißen wird.
25 Prozent Zuwachs zum Snapdragon 888
Konkrete Zahlen zur Leistung blieb Qualcomm zwar schuldig und die Y-Achse eines gezeigten Diagramms war auch nicht beschriftet. Zu sehen war aber der „closest competitor“, bei dem es sich anhand der Leistung im „GFXBench Aztec Normal 1080p Offscreen“ nur um Apple handeln kann, vermutlich um den A15 Bionic des iPhone 13. Thompson hob hervor, dass Qualcomm im Next-Gen-Snapdragon zwar nicht die absolut höchste Grafikleistung bieten wird, aber die höchste unter Dauerlast. Schon ab dem 2. Durchgang des Benchmarks verspricht Qualcomm eine höhere Leistung als Apple.
Wird anhand des gezeigten Liniendiagramms der A15 Bionic (mit angenommener 5-Core-GPU) mit 100 Prozent Leistung im 1. Durchgang angesetzt, lässt sich davon die Leistung der nächsten Adreno-GPU ableiten. Im Test des iPhone 13 Pro Max kam dieses im gleichen Benchmark auf 147 FPS. Demnach müsste Qualcomms nächste GPU auf etwa 109 FPS oder 74 Prozent der Peak-Performance von Apple kommen, was einem Zuwachs von 25 Prozent gegenüber der aktuellen Adreno 660 im Snapdragon 888 entsprechen würde. Das wiederum wäre ein kleinerer Sprung, als Qualcomm vom Snapdragon 865 auf den 888 gemacht hat, wo es über 50 Prozent waren.
OEMs verpflichten sich für zwei Jahre
Mit Blick auf die Snapdragon-Roadmap gab Cristiano Amon heute bekannt, dass sich Honor, Oppo, Samsung, Vivo und Xiaomi für einen zweijährigen Einsatz von Snapdragon-SoCs der Premium- und High-End-Klasse verpflichtet haben, was einen Teil des Umsatzes im kommenden Jahr sichert und für Konsumenten bedeutet, dass die Flaggschiffe der genannten Hersteller im kommenden Jahr alle auf den kommenden „Snapdragon 898“ setzen werden. Bei Samsungs Galaxy-S-Serie mache Qualcomms Anteil von SoCs etwa 40 bis 50 Prozent aus, sagte Amon, da Samsung in gewissen Regionen wie Deutschland auch die eigenen Exynos-Chips verbaut.
Hintergrund zu Nuvia
Nuvia wurde erst im Frühjahr 2019 von John Bruno, Manu Gulati und Gerard Williams III gegründet. Insbesondere Williams III gilt als ehemaliger Senior Director for Platform Architecture bei Apple als Koryphäe der SoC-Entwicklung. Williams III war von 2009 bis 2019 für alle CPU-Entwicklungen bei Apple verantwortlich und läutete mit dem Apple A7 die 64-Bit-Ära der Smartphones ein. Er leitete bei Apple zuletzt die Entwicklung des Firestorm-Designs, das als großer CPU-Core im A14 Bionic sowie im M1, M1 Pro und M1 Max zum Einsatz kommt.