Radeon vs. GeForce im Test: Fazit

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Wolfgang Andermahr
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War AMDs Entscheidung, die XTXH-Modelle der Radeon RX 6900 XT und damit das absolute Topmodell aufgrund der durch die aktuelle Marktsituation bedingten schlechten Laune bei den Spielern quasi im Geheimen auf den Markt zu werfen, eine gute Idee? Zweifel sind angebracht und auch AMD dürfte sie gehabt haben; Gut möglich, dass Gerüchte über eine Radeon RX 6900 XTX von Planspielen zur „XTXH“-Variante herrührten.

„XTXH“ ohne RT auf RTX-3090-Custom-Niveau

Denn es zeigt sich, dass die Radeon RX 6900 XT mit XTXH-GPU noch einmal einen ordentlichen Leistungsschub gegenüber dem Referenzmodell bringt, der einen Unterschied macht: Während eine Radeon RX 6900 XT mit XTX-GPU im Rasterizer-Spiele-Parcours eine Niederlage gegenüber Nvidias Flaggschiff-Modell GeForce RTX 3090 als Founders Edition einfährt, gelingt es einer „XTXH-Custom“ nicht nur ebenjene zu schlagen, sondern so schnell wie ein flottes Custom-Design der GeForce RTX 3090 zu sein.

Radeon RX 6900 XT „XTXH“ gegen GeForce RTX 3090
Radeon RX 6900 XT „XTXH“ gegen GeForce RTX 3090

Bewusst ist das vielen Kunden nicht. Obwohl es die Grafikkarten bereits Monate im Handel gibt, weiß kaum einer, was sich wirklich hinter den Modellen versteckt. Der Preisvergleich von Geizhals führt „XTXH“ zwar als Merkmal auf, doch die getestete Grafikkarte von XFX findet sich beispielsweise erst nach einem Hinweis der Redaktion auf dieser Liste. Selbst bei den Herstellern findet sich ein Hinweis auf die schnellste GPU-Ausbaustufe oft nicht.

In Zahlen ausgedrückt bedeutet der Leistungszuwachs der XTXH- gegen der XTX-Variante, dass die im Test vertretene XFX Radeon RX 6900 XT Merc 319 Black Gaming 8 Prozent mehr FPS liefert als AMDs Referenzdesign der Radeon RX 6900 XT. Damit ist die Grafikkarte 2 Prozent schneller als die GeForce RTX 3090 und liegt nur 1 Prozent hinter der Asus GeForce RTX 3090 Strix OC – bei den Perzentil-FPS gibt es einen Gleichstand. In Raytracing-Spielen hat die GeForce RTX 3090 wenig verwunderlich dagegen immer noch klar die Nase vorn. Doch schrumpft auch hier der Abstand etwas.

Der Chip schafft 2,8 GHz, aber das Power-Limit bremst

Wem das alles noch nicht reicht, der kann die Grafikkarte sogar weiter übertakten. AMD hat nicht nur die GPU-Spannung gegenüber einer normalen Radeon RX 6900 XT angehoben (sei es ein Referenzmodell oder ein Custom-Design), auch sämtliche Limits beim GPU- und Speichertakt wurden quasi entfernt. Und die Grafikkarte ist in der Tat unglaublich taktfreudig, satte 2,8 GHz schafft die selektierte Navi-21-GPU ohne einen Absturz. Nur leider hat sich AMD nicht getraut, zugleich auch das Maximum des Power-Limits deutlich anzuheben, sodass der 3D-Beschleuniger zwar kein Problem mit den 2,8 GHz hat, sie in Spielen aber quasi nie anliegen, weil das mehr Energie benötigen würde. Hier hätte der Hersteller etwas konsequenter sein sollen, um den OC-Spielraum zu maximieren. So wirkt es, als hätte sich AMD schlussendlich einfach nicht getraut.

Mehr Leistung, deutlich mehr Verbrauch

Die zusätzliche Performance hat aber natürlich auch ihren Preis. Mehr Geschwindigkeit gibt es bei einer an sich gleichen Grafikkarte nie umsonst, die XFX Radeon RX 6900 XT Merc 319 Black Gaming benötigt deutlich mehr Energie als das Referenzdesign. Fast 80 Watt höher ist der Verbrauch der „XTXH“, die damit auch mehr Energie als die GeForce RTX 3090 zieht, aber noch knapp unter der Leistungsaufnahme der Asus GeForce RTX 3090 Strix OC bleibt.

Das eigentliche Problem, mit dem man sich arrangieren oder bei dem man manuell eingreifen muss, ist die Lautstärke. Sowohl die Asus GeForce RTX 3090 Strix OC als auch die XFX Radeon RX 6900 XT Merc 319 Black Gaming sind beim Spielen einfach nur unfassbar laut. Wen das nicht stört, der kann vermutlich auch neben einem Presslufthammer schlafen. Aber man kann Abhilfe schaffen. Bei der Asus-Grafikkarte kann das ruhigere Quiet-BIOS aktiviert werden. Und bei der XFX-Karte ist es möglich, die Lüftersteuerung manuell anzupassen. Bei den Temperaturen gibt es viel Spielraum, da die Lüftersteuerung krampfhaft versucht, die GPU möglichst kühl zu halten. Das sekundäre BIOS ist dagegen keine sinnvolle Alternative, da die „XTXH“ sich damit wie ein normales Custom-Design der Radeon RX 6900 XT verhält – was ja nicht schlecht ist, aber eben auch keine XTXH.

Teuer und Ende 2021 trotzdem attraktiv

Ab 1.679 Euro gibt es derzeit die günstigsten Modelle der Radeon RX 6900 XT XTXH und dazu zählt auch die hier getestete XFX Radeon RX 6900 XT Merc 319 Black Gaming. Das absurde an diesem Preis: Im Vergleich zu anderen Modellen stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis hier noch am ehesten. Das gilt auch im eigenen AMD-Lager, denn selbst die günstigste Radeon RX 6800 XT ist mit 1.400 Euro eben nicht so viel günstiger, zumal der Aufpreis in Anbetracht der Leistungsdifferenz angemessen ist.

Positiv ist es zudem, dass die Liefersituation bei der Radeon RX 6900 XT bereits seit längerer Zeit besser und damit auch preislich stabiler ist. Die Radeon RX 6800 XT gibt es immer mal wieder gar nicht mehr zu kaufen und dann sind wieder einige Modelle lieferbar. Die Radeon RX 6900 XT ist dagegen durchweg verfügbar. Klar, jede verkaufte Radeon RX 6900 XT ist für AMD gegenüber einer Radeon RX 6800 XT direkt ein Zugewinn.

Der noch größere Pluspunkt liegt aber in der Preisdifferenz zu Nvidia. Selbst die günstigste GeForce RTX 3080 Ti kostet mit 1.889 Euro aktuell mehr als die Radeon RX 6900 XTXH, die GeForce RTX 3090 lebt mit ihren 2.828 Euro in völlig anderen Sphären. Dagegen ist die XFX Radeon RX 6900 XT Merc 319 Black Gaming schon regelrecht günstig – wenn, ja wenn man nicht auf die Raytracing-Leistung oder Features wie DLSS, das Nvidia-Ökosystem oder CUDA setzen will oder muss.

In einer normalen Grafikkarten-Welt wäre die Radeon RX 6900 XT in der XTXH-Ausführung nur für den größten Gaming-Enthusiasten eine Überlegung wert, in der aktuellen sollte aber auch ein normaler High-End-Spieler einen Blick auf solch ein Modell werfen, der ansonsten eher auf das zweitschnellste Exemplar schaut. Denn ein attraktiveres und zugleich stabileres Angebot gibt es zurzeit nicht, was zwar absolut pervers, jedoch eben nun mal leider die Realität ist.

ComputerBase wurde die XFX Radeon RX 6900 XT Merc 319 Black Gaming leihweise von AMD zum Testen zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht.

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