Shure Aonic 40 im Test: Klang, ANC, Transparenz, Telefonie, Latenz und Fazit
2/2Klang und Frequenzgang des Shure Aonic 40
Shure versucht dem Aonic 40 einen weitgehend neutralen Klang zu spendieren, wobei der Tiefbass im Gegensatz zu den höheren Bassfrequenzen deutlich zu schwach ausgeprägt ist. Den Bass bei St Jude von Florence + The Machine sucht man bis zu einer Lautstärke von fast 40 Prozent im Hintergrund völlig vergebens. Auch der Bass in Angel von Massive Attack reicht viel zu wenig nach unten, um zu überzeugen. Werden nicht ganz so tiefe Basstöne angesprochen, ist dieser klar und punktgenau. Nicht nur Freunde basslastiger Musik werden genau diesen beim Aonic 40 jedoch vermissen und müssen mit dem Equalizer in der App nachhelfen. Allerdings nicht mit dem Preset „Bass-Verstärkung“, denn dies hebt auch die Mitten weiter an – ein eigenes Preset muss her, das vor allem den Tiefbass anhebt, um einen Teil der Schwächen auszugleichen.
Die Mitten und Höhen treten dementsprechend in den Vordergrund. Die betonten Mitten sind die Stärken des Aonic 40, denn auch wenn die Höhen keinesfalls negativ zu bewerten sind, können sie sich nicht besonders hervortun.
Generell ist die Klarheit ein Pluspunkt des Aonic 40, denn alle Frequenzen sind sauber getrennt und Details in allen Stücken klar herauszuhören. Mit Gitarrenklängen wie in Scott Street von Phoebe Bridgers und in Your Power von Billie Eilish hat der Kopfhörer keine Probleme. Auch die Dynamik ist gut, Stücke wie die Live-Aufnahme von Hotel California von den Eagles überzeugen.
Analyse des Frequenzgangs
ComputerBase startet das Jahr 2022 auch mit ersten Messungen zur „frequency response“. Hierfür wird auf das miniDSP Headphone & Earphone Audio Response System (H.E.A.R.S.) in Verbindung mit der Software REW zurückgegriffen. Hierbei handelt es sich nicht um eine IEEE-standardisierte Messstation, sie liefert jedoch gute Vergleichswerte, die insbesondere eine Vergleichbarkeit der betrachteten Kopfhörer untereinander ermöglicht. Die Mikrofone im rechten und linken Ohr des miniDSP H.E.A.R.S. sind kalibriert. Der Schalldruck ist bei allen Kopfhörern bei 300 Hz auf 84 dB kalibriert. Alle Messungen werden nach Herstellervorgaben von 20 Hz bis 20 kHz mehrfach und mit unterschiedlichen Kopfhörerpositionen durchgeführt, um diese Einflüsse zu berücksichtigen und einen falschen Sitz zu erkennen. Die Ergebnisse sind wie in den Graphen dargestellt leicht geglättet.
Für den Shure Aonic 40 wurde die Messung sowohl bei Nutzung von Bluetooth (aptX und AAC) als auch beim Anschluss per Kabel durchgeführt. Als erster Vergleich sind Messungen der Apple AirPods Max hinterlegt – weitere folgen im Laufe der Zeit.
Ein idealer Verlauf entspräche einer geraden Linie bei 84 dB. Die Messungen bestätigen jedoch die Probleme des Shure Aonic 40 im Bassbereich, der deutlich abfällt. Auch die Nutzung des analogen Kabels ändert daran nichts. Die AirPods Max von Apple weisen eine sehr viel flachere Kurve auf, die dem Idealzustand deutlich näher kommt.
ANC filtert tiefe Frequenzen
Positiv am ANC des Shure Aonic 40 hervorzuheben ist das so gut wie nicht wahrzunehmende Grundrauschen, das bei Stille erzeugt wird. Viele Konkurrenten weisen ein deutlich lauteres Grundrauschen auf.
Tiefe Frequenzen filtert der Shure Aonic 40 gut heraus, die Mitten und Höhen werden jedoch quasi gar nicht gefiltert oder gedämpft. Die Umgebung bleibt somit jederzeit wahrnehmbar. Zudem fiel im Test auf, dass die Position zur Geräuschquelle einen großen Einfluss auf die Wirkung des ANCs haben kann. Beim Tester verblieb zudem immer ein kleiner Spalt am unteren Ende des Ohrpolsters, durch den Umgebungsgeräusche ungedämpft ans Ohr dringen können.
Insgesamt kann das ANC des Shure Aonic 40 bei Weitem nicht mit effektiveren Modellen wie Sonys WH-1000XM4 (Test) oder Apple AirPods Max (Test) mithalten.
Leiser Transparenzmodus klingt gut
Der Transparenzmodus des Shure Aonic 40 geht in der Voreinstellung sehr zaghaft vor. Die Umgebung wird zwar durchgeleitet, aber quasi nicht verstärkt. Das typische Rauschen hält sich in Grenzen und ist nicht störend. Sobald Musik spielt, hört man die Umgebung aber auch nicht mehr. Stellt man den Pegel auf die maximale Verstärkung, nimmt das Rauschen etwas zu, ist aber noch vertretbar. Die Umgebung wird aber auch nur leicht in ihrer Lautstärke angehoben. Bei mittlerer Musikwiedergabe ist von der Umgebung weiterhin nicht viel zu hören.
Positiv ist, dass die Umgebung sehr natürlich klingt und nicht verzerrt wird. Auch Tastenanschläge auf der Tastatur behalten ihren normalen Klang und werden nicht störend hart. Klangliche Vorzüge müssen hier also mit dem Grad der Verstärkung abgewogen werden.
Verständliche Telefonie
Der Shure Aonic 40 filtert die Umgebungsgeräusche gut, aber nicht vollständig heraus, was sich potenziell positiv auf den Klang der Stimme des Trägers auswirken kann. Diese klingt beim Aonic 40 aber dennoch etwas dumpf und auch das typische „Bluetooth-Rauschen“ bei Sprachübertragungen ist deutlich zu hören. Dennoch ist der Träger insgesamt gut zu verstehen.
Latenz im Vergleich
Bei der Latenz zeigt der Shure Aonic 40 weder unter Android (aptX HD) noch iOS (AAC) Auffälligkeiten, so dass die Verzögerung zwischen Bild und Ton jeweils zwischen 160 und 180 ms liegt. Einen proprietären Modus, der die Latenz reduziert, oder einen Low-Latency-Codec bietet der Kopfhörer nicht. Bei der Musikwiedergabe ist die Latenz irrelevant. Bei der Videowiedergabe ist jedoch ein leichter Versatz zwischen Bild und Ton erkennbar, wenn die Software keine automatische Synchronisation vornimmt.
Kopfhörer | Latenz |
---|---|
Shure Aonic 40 | 160–180 ms (Android, aptX HD/iOS, AAC) |
Urbanista Los Angeles | 160–180 ms (Android, SBC/iOS, AAC) |
JBL Tour One | 160–180 ms (Android/iOS, AAC) |
Sennheiser HD 250BT | 70 ms (aptX LL), 160–180 ms (Android, aptX/iOS, AAC) |
Yamaha YH-E700A | 70 ms (Android, aptX Adaptive), 160–180 ms (iOS, AAC) |
Urbanista Miami | 160–180 ms (Android/iOS, AAC) |
Apple AirPods Max | 50–60 ms (iOS, AAC), 90–100 ms (Android, AAC) |
Razer Opus | 160–180 ms (Android/iOS, AAC) / 80–100 ms (Gaming-Mode) |
Marshall Major IV | 160–180 ms (Android/iOS, SBC) |
Anker Soundcore Life Q30 | 160–180 ms (Android/iOS, AAC) |
Skullcandy Crusher Evo | 160–180 ms (Android/iOS, AAC) |
JBL Club One | 160–180 ms (Android/iOS, AAC) |
Jabra Evolve2 85 | 160–180 ms (Android/iOS, AAC) |
Jabra Elite 45h | 160–180 ms (Android/iOS, SBC) |
Sony WH-1000XM4 | 160–180 ms (Android, LDAC) / 160–180 ms (iOS/Android, AAC) |
JBL Club 950NC | 160–180 ms (Android/iOS, AAC) |
Sony WH-CH710N | 160–180 ms (Android/iOS, AAC) |
iFrogz Airtime Vibe | 160–180 ms (Android/iOS, AAC) |
Sony WH-1000XM3 | 160–180 ms (Android, LDAC) / 160–180 ms (iOS, AAC) |
Bowers & Wilkins PX5 | 160–180 ms (Android, aptX HD) / 160–180 ms (iOS, AAC) |
Montblanc MB 01 | 160–180 ms (Android, aptX HD) / 160–180 ms (iOS, AAC) |
Sennheiser Momentum 3 Wireless | 80 ms (Android, aptX LL) / 160–180 ms (iOS, AAC) |
Marshall Monitor II A.N.C. | 160–180 ms (Android/iOS, SBC) |
beyerdynamic amiron wireless copper | 160–180 ms (Android, aptX HD) / 160–180 (iOS, AAC) |
Fazit
Der Shure Aonic 40 bietet mit Funktionen wie dem USB-Audio, dessen Verhalten über die App weiter angepasst werden kann, Bluetooth-Multipoint und der Codec-Unterstützung von aptX, aptX HD und AAC einige gute Ansätze, lässt aber vor allem beim Klang Bass vermissen, den man auch nicht unter einer neutralen Abstimmung verbuchen kann – er fehlt schlichtweg an zu vielen Stellen. Der restliche Klang ist dabei durchaus klar und differenziert, auch wenn die Höhen sich nicht vollends in Szene setzen können. Die angehobenen Mitten und somit der Gesang sind die Stärken des Kopfhörers.
Bei den übrigen Funktionen und Eigenschaften wird Durchschnitt geboten, etwa beim ANC oder bei der Akkulaufzeit. Beide sind gut, aber nicht sehr gut. Beim ANC werden tiefe Frequenzen gefiltert, mittlere und hohe jedoch nicht. Zudem hat der individuelle Sitz einen großen Einfluss auf die Effektivität des ANCs, denn der Aonic 40 neigt dazu, am unteren Rand der Ohrmuscheln nicht optimal abzuschließen.
Die Verarbeitung ist gut und der Wechsel der Ohrpolster sehr gut umgesetzt. Das Kopfband könnte etwas mehr Polsterung aufweisen, gerade wenn man den Kopfhörer nicht zu locker tragen möchte.
Für eine unverbindliche Preisempfehlung von 250 Euro hat es der Shure Aonic 40 schwer, wenn man bedenkt, dass Modelle wie der Sony WH-1000XM4 (Test) inzwischen schon für 260 Euro angeboten werden.
ComputerBase wurde der Aonic 40 leihweise von Shure unter NDA zum Testen zur Verfügung gestellt. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungszeitpunkt.
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