2er Active Tourer (U06): BMW bringt viele iX-Features in die 35.000-Euro-Klasse

Nicolas La Rocco
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2er Active Tourer (U06): BMW bringt viele iX-Features in die 35.000-Euro-Klasse

Für das neue BMW-Infotainmentsystem mit OS 8 mussten Interessenten bislang knapp 60.000 Euro bei einem i4 auf den Tisch legen. Für den iX sind es sogar über 77.000 Euro. Der neue 2er Active Tourer (U06) liefert innen viel iX-Flair, jedoch für weniger als die Hälfte. Zur ersten Ausfahrt punktet das Auto mit der Serienausstattung.

Der neue 2er Active Tourer durchbricht das Top-down-Prinzip bei BMW, nachdem die neue Infotainment-Plattform mit OS 8 und 5G-Anbindung ganz zu Beginn ausschließlich im iX verfügbar war, noch bevor der i4 an der Reihe war. Dass auf diese beiden Automobile jetzt ein neuer 2er Active Tourer mit Curved-Screen und allerlei Reminiszenz an den iX folgt, lässt erahnen, dass BMW mit der Plattform in die Breite gehen und einen völlig neuen Kundenkreis ansprechen will. Das Fahrzeug werde sich mit einem Anteil von 88 Prozent primär in Europa verkaufen, prognostiziert BMW – vor allem in Deutschland, Frankreich und Italien. Nach Asien kommt der 2er Active Tourer ebenfalls, die wichtigsten Märkte dieser Region seien Japan, Taiwan und Südkorea.

Die Plug-in-Hybride folgen im Juli

Das neue Modell fällt in allen Dimensionen etwas größer aus, bleibt in seiner jetzt sportlichen Linie aber wie die erste Generation ein Kompaktvan. Mit Luxury Line (+ 2.400 Euro) und M Sport Package (+ 3.600 Euro) sowie optionalen Felgen lässt sich die Standard-Karosserie eleganter oder sportlicher gestalten. Angeboten werden vier Benziner (218i, 220i, 223i, 223i xDrive), davon drei als 48 Volt Mild Hybrid (nicht 218i), ein Diesel (218d) und ab Juli zwei Plug-in-Hybride (225e xDrive, 230e xDrive), die bis zu 90 km elektrisch fahren können. Fokus soll an dieser Stelle aber auf der verbauten Technik und dem Innenraum liegen, der abseits optischer Unterscheidungsmerkmale aus rein technischer Perspektive in allen Varianten nahezu identisch ausfällt.

Curved-Screen wie bei iX und i4

Beim Einsteigen rückt das neu gestaltete Armaturenbrett sofort ins Sichtfeld und macht sich mit 10,25 und 10,70 Zoll vor dem Fahrer in leicht gebogener Form breit. Die zwei Displays verkleidet BMW hinter Glas, das vom Fahrersitz aus die meiste Zeit über gut ablesbar bleibt. Kritisch kann es bei zu spitzen Blickwinkeln vom Beifahrersitz aus oder bei ungünstigem Sonnenstand werden, wie manche Fotos im Artikel verdeutlichen.

Das neue Infotainmentsystem ist Serie

Dieser neue Aufbau der Bildschirme ist beim 2er Active Tourer serienmäßig und nennt sich „Live Cockpit Plus“. Was bislang mindestens 60.000 Euro bei BMW kostete, sofern man sich auf dieses eine Ausstattungsmerkmal konzentriert, wird fortan somit für 35.100 Euro angeboten. Ein hochwertiges Infotainmentsystem muss heutzutage offenbar auch in den kleineren Baureihen zur Serienausstattung gehören. Ein digitales Zölibat mit Bruch nur gegen hohen Aufpreis kann sich heutzutage selbst ein BMW angesichts der Smartphone-verwöhnten Kundschaft nicht mehr leisten. Und mit Upgrades wird jetzt nicht mehr gewartet, bis 7er, 5er und 3er an der Reihe waren. Zur Serienausstattung im Interieur zählen außerdem eine ohne Untermenüs sofort am Display erreichbare Klimaautomatik mit 2-Zonen-Regelung samt Fondausströmern, ein Sport-Lederlenkrad, ein Durchladesystem mit 40:20:40-Teilung und ein Lichtpaket. Erwähnenswert sind zudem die serienmäßigen LED-Scheinwerfer und LED-Heckleuchten, der Parking Assistant mit „Active Park Distance Control“ und Rückfahrkamera sowie die Geschwindigkeitsregelung mit Bremsfunktion.

Der iDrive-Controller ist Geschichte

Der Blick auf Armlehne und Mittelkonsole offenbart zudem bei dieser Baureihe den Wegfall eines Elements, das BMW-Kunden seit dem 7er E65 aus dem Jahr 2001 kennen: den iDrive-Controller. Im neuen 2er Active Tourer sitzen die Displays rund 2 cm näher am Fahrer, sodass sich der Hersteller für eine Bedienung primär per Touch entschieden und den iDrive-Controller entfernt hat. Auch gegen Aufpreis ist dieser nicht mehr bei BMW zu bekommen – zumindest in diesem Modell. Vom 2er Active Tourer kann nicht auf andere Modelle geschlossen werden. Rein von der Erreichbarkeit her hat BMW mit den 2 cm weniger „Armaustreckdistanz“ recht. Der iDrive-Controller als Verlängerung des auf der Armlehne liegenden Arms hätte dem Cockpit aber gut gestanden. Der iX zeigt, dass der Controller gut zu OS 8 passt.

Im 2er Active Tourer ist die Bedienung somit primär auf Touch ausgelegt, wenn nicht der „Intelligent Personal Assistant“ (IPA), also der Sprachassistent von BMW, zum Einsatz kommt. Ein weiteres physisches Bedienelement befindet sich dennoch im Auto. Rechts am neuen Lenkrad sitzt ein Kipp-/Scroll-/Druckschalter, der für alle Einstellungen am Fahrer- und (je nach Ausstattung) Head-up-Display zuständig ist. Über den neuen Schalter lässt sich zwischen den verschiedenen Ansichten des digitalen Kombiinstruments wechseln und bestimmen, was zwischen den eng oder weit gefassten Spangen an zusätzlichen Informationen wie Navigation oder Multimedia dargestellt werden soll. Auch dieses Merkmal erbt der 2er Active Tourer vom iX, nur jetzt in der 35.000-Euro-Klasse.

Zwei Pakete fassen das Wichtigste zusammen

Upgrades splittet BMW primär auf die zwei Ausstattungspakete „Premium“ und „Innovation“ auf, die 1.950 Euro respektive 3.100 Euro kosten und sich gegenseitig ersetzen. Das bedeutet, dass das Innovationspaket neben den unten aufgelisteten Erweiterungen stets auch alle Merkmale des kleineren Premiumpakets umfasst.

Functions on Demand für das Heizen und die Assistenz

Zu beachten ist bei den Paketen, dass BMW mit diesen das Fundament für die sogenannten „Functions on Demand“ bildet. Dabei handelt es sich um Funktionen, die zwar ab Werk verbaut, aber inaktiv ausgeliefert werden. Der Kunde oder ein späterer Käufer kann sich im Laufe der Nutzung dafür oder dagegen entscheiden, diese Funktionen testweise oder dauerhaft zu aktivieren. Beim neuen 2er Active Tourer betrifft dies die Sitz- und Lenkradheizung sowie den Driving Assistant Plus. Alle drei Features sind im Premiumpaket als Vorbereitung enthalten. Sollen sie aber direkt ab Werk dauerhaft aktiviert sein, gilt die in Klammern genannte einmalige Zahlung.

Driving Assistant Professional nur mit Einmalzahlung

Ausschließlich im Innovationspaket lässt sich zusätzlich der Driving Assistant Professional für 1.900 Euro ordern, der den Driving Assistant Plus ersetzt und für den es keine Option auf spätere Aktivierung gibt. Die Version „Professional“ arbeitet bis 210 km/h, bietet den Lenk- und Spurführungsassistenten mit Engstellenunterstützung und zusätzlich den Spurhalteassistenten mit aktivem Seitenkollisionsschutz.

Premiumpaket Innovationspaket
Komfortzugang
Innen- und Außenspiegelpaket
Ablage für Wireless Charging
Instrumententafel Luxury
Adaptive LED-Scheinwerfer
Innenspiegel automatisch abblendend
Vorbereitung Sitzheizung für Fahrer/Beifahrer (+ 350 Euro)
Vorbereitung Lenkradheizung (+ 200 Euro)
Vorbereitung Driving Assistant Plus (+ 750 Euro)
Driving Assistant Professional (+ 1.900 Euro)
Parking Assistant Plus
Live Cockpit Professional
Head-up-Display
1.950 Euro 3.100 Euro

Neues Bedienpanel für Assistenzsysteme

Die gesamte Bedienung der Assistenzsysteme findet über ein aufgeräumtes und dabei reduziertes Bedienpanel im linken Bereich des Lenkrads statt, das sich bei Anzahl und Aufteilung der Schalter am BMW iX orientiert. Weggefallen sind der Schnellzugriff auf den Limiter und die Abstandsregelung, stattdessen gibt es nur noch Ein/Aus, Set und Modus sowie einen Kippschalter für Anpassungen der Geschwindigkeit. BMW argumentiert, dass die Abstandsregelung ohnehin meistens auf die niedrigste Position gestellt und dann nicht mehr verändert werde, sodass sich das System jetzt daran orientiert, aber dynamisch in Abhängigkeit zur Geschwindigkeit arbeitet. Die Assistenzsysteme entsprechen wenig überraschend weiterhin maximal Level 2 in Deutschland und liefern beim assistierten Fahren das, was in der gesamten Branche mittlerweile Standard ist. Level 2+ mit dauerhaftem Lenken im Stau bleibt den USA vorbehalten.

Digital Key Plus und Dual-SIM-5G ziehen ein

Die neue Technikplattform bedeutet beim 2er Active Tourer auch, dass bei Auswahl des Premiumpakets der Komfortzugang über den Digital Key Plus zur Verfügung steht. Letzterer nutzt die UWB-Schnittstelle aktueller iPhones und Apple Watches, um das Smartphone respektive die Smartwatch zum digitalen Autoschlüssel zu machen, der in der Apple Wallet sitzt und sich teilen lässt. Die neue UWB-Umsetzung als Nachfolger der ersten Generation Digital Key (Test) ist insofern deutlich praktischer, als dass sie mehr Funktionen abdeckt. Vor allem muss das Smartphone nicht mehr an den Türgriff gehalten oder zum Starten des Motors in die Ladeschale gelegt werden.

Standardmäßig an Bord ist zudem eine 5G-Anbindung für die gesamte Kommunikation des Fahrzeugs selbst. Fahrzeugspezifische Dienste wie C-V2X oder die Navigation werden weiterhin über die integrierte Fahrzeug-eSIM abgewickelt, die neben LTE jetzt auch 5G beherrscht. Speziell auf den Fahrer und Mitreisende ausgerichtete Dienste wie der WLAN-Hotspot soll die Personal eSIM mit einer zweiten 5G-Anbindung übernehmen. Die Dual-SIM-Option kostet 300 Euro und lässt sich Stand heute nicht nachträglich per „Function on Demand“ bestellen. Weil die Personal eSIM eine Erweiterung des Mobilfunkvertrags des Nutzers ist, bleibt der Nutzer im Auto über die eigene Rufnummer selbst dann erreichbar, wenn das Smartphone zuhause gelassen wird.

AR-Navigation hilft bei Abfahrten und Kreiseln

Obwohl mit dem Live Cockpit Plus bereits der Großteil des Infotainmentsystems serienmäßig ab Werk verbaut ist, gibt es mit dem Live Cockpit Professional im Innovationspaket eine Ausbaustufe, die vor allem eine im Alltag relevante Erweiterung mitbringt: die AR-Ansicht im Bildschirm der Mittelkonsole. Die sogenannte „Augmented View“ projiziert Navigationspfeile und Hinweise wie die korrekte Ausfahrt in einem Kreisel in Echtzeit in eine von den Fahrzeugkameras erfasste Ansicht nach vorne. Das Ergebnis fällt zwar nicht ganz so elegant wie bei AR-Pfeilen in einem Head-up-Display aus, ist aber durchaus hilfreich bei Auf- und Abfahrten sowie im Kreisverkehr. Die eingeblendeten Grafiken sind von hoher Qualität, der Videostream der Kameras läuft aber nicht mit konstanten FPS und nicht mit 60 FPS.

AR-Pfeile während der Navigation
AR-Pfeile während der Navigation

Head-up-Display nur auf extra Scheibe

Das Thema Head-up-Display ist von BMW im 2er Active Tourer eher zweckmäßig denn elegant umgesetzt worden. Positiv ist natürlich, dass überhaupt ein Head-up-Display gegen Aufpreis erhältlich ist, jedoch sitzt die Projektionsfläche nicht in der Windschutzscheibe, sondern in einer zweiten Scheibe davor. Diese Scheibe hat BMW abgedunkelt, was für einen hohen Kontrast und eine sehr gute Ablesbarkeit sorgt. Nachteilig ist die Position der Scheibe insofern, als dass sich der Abschluss der Windschutzscheibe einmal quer durch das Element zieht und dass die Ansicht näher am Fahrer positioniert und damit nicht direkt im Blickfeld liegt. Im Vergleich zu einem „echten“ Head-up-Display muss der Blick weiter nach unten gerichtet werden.

Head-up-Display vor dem Fahrer
Head-up-Display vor dem Fahrer

Kabelloses Laden in neuer Halterung

Bereits mit dem Premiumpaket erhält der 2er Active Tourer eine Ladeschale für kabelloses Laden eines Smartphones. Die Ladeschale ist allerdings weniger eine Schale, sondern entspricht mehr einem Stand, der das Smartphone beinahe aufrecht positioniert und somit gut ablesbar für Fahrer und Beifahrer macht. Ein kurzer Blick auf eine eingehende Benachrichtigung ist somit möglich, ohne das Smartphone (verbotenerweise) in die Hand nehmen zu müssen. Das Telefon wird von einem weich beschichteten Bügel in Position gehalten, der diesen Job bestens erledigt, bei der Nutzung als Navigationssystem aber im Weg ist, weil er einen Teil des Bildschirms verdeckt. Smartphones werden deshalb besser per Wireless Apple CarPlay oder Wireless Android Auto eingebunden. Das drahtlose Laden ist in diesem Szenario hilfreich, denn beide Dienste können ein Smartphone stärker beanspruchen.

Kabellose Ladeschale mit Haltebügel
Kabellose Ladeschale mit Haltebügel (Bild: BMW)

Viermal USB-C für die Mitfahrenden

Schade, dass BMW nicht gleich zwei Ladespulen verbaut hat, denn die Breite der Ladeschale suggeriert zunächst, dass sich dort zwei Smartphones ablegen lassen. Die Haltespange verjüngt sich allerdings zur Mitte hin und richtet genau ein Smartphone zentral für die Ladespule aus. Sobald zwei Mobilgeräte mit etwas Trickserei hinten in den Bügel gezwungen werden, wird keines mehr geladen. Zusätzliche Smartphones sind besser an den insgesamt vier USB-C-Buchsen aufgehoben, die sich in gleicher Stückzahl von je zwei vorne und hinten finden. Vorne gibt es unter der großen Armlehne reichlich gummierten Stauraum, um weitere Gadgets abzulegen.

Zweimal USB-C hinten
Zweimal USB-C hinten

Fazit nach der ersten Probefahrt

Die Serienausstattung und die Verfügbarkeit von Merkmalen wie Digital Key Plus oder 5G, die aus deutlich teureren Baureihen stammen, sind nach der ersten Probefahrt abschließend betrachtet die wichtigsten Punkte, die für den neuen 2er Active Tourer sprechen. Ein 218i mit Innovationspaket, Driving Assistant Professional und Personal eSIM liegt bei 40.400 Euro und bietet in dieser Konfiguration bereits die umfassendste Infotainment-, Connectivity- und Assistenz-Plattform, die das Unternehmen über alle Baureihen hinweg betrachtet zu bieten hat. Dass ein iX weiterhin das Technologie-Flaggschiff bleibt und im Innenraum mit einzigartigem Design auftrumpft, soll an dieser Stelle gar nicht infrage gestellt werden. Rund drei Monate nach dessen Markteinführung gibt es die gleiche Technik jetzt aber im neuen 2er Active Tourer.

ComputerBase hat Informationen zu diesem Artikel von BMW im Rahmen einer Veranstaltung des Herstellers in Málaga unter NDA erhalten. Die Kosten für Anreise, Abreise und Hotel wurden von BMW getragen. Eine Einflussnahme des Herstellers oder eine Verpflichtung zur Berichterstattung bestand nicht. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungszeitpunkt.

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