ATX 3.0 & ATX12VO 2.0: Neue Netzteil-Standards mit 600-Watt-Stecker für GPUs
Mit ATX 3.0 und ATX12VO 2.0 hat Intel neue Revisionen der derzeit gängigsten PC-Netzteil-Standards veröffentlicht. Beide machen den neuen 12(+4)-Pin-Anschluss 12VHPWR nach PCI Express 5.0 für Grafikkarten zum Standard, der bis zu 600 Watt an Grafikkarten liefern können wird.
Wachablösung für ATX 2.x nach 19 Jahren
ATX 2.0 (auch ATX12V 2.0) war seit 2003 mit zahlreichen Überarbeitungen der gängige Standard für PC-Netzteile. Mit ATX12VO (ATX 12 Volt Only) brachte Intel im Mai 2020 eine Alternative für den OEM-Sektor. Netzteile nach ATX12VO liefern nur noch 12 Volt über einen 10-Pin-Stecker ans Mainboard, 3,3 und 5,0 V leitet eine kompatible Platine daraus ab. Das macht kompaktere und günstigere Netzteile möglich, effizienter im Standby sollen sie auch sein. ATX12VO verschiebt Kosten und Komplexität dafür auf das Mainboard. Ein großer technischer Fortschritt blieb im Test einer ATX12VO-Plattform im Jahr 2021 allerdings aus.
Zum Wechsel auf PCI Express 5.0 im Endkundenmarkt werden beide nun durch neue Hauptversionen abgelöst.
Der neue 12VHPWR-Stecker wird Standard
Intel hebt den neuen, auf 12 Pins Strom führenden Stecker (6 × 12 Volt, 6 × Masse) für Grafikkarten als wesentliche Neuerung beider Netzteilstandards hervor. Bis dato gab es 6- und 8-Pin-Stecker nach PCI-Express-Norm, die maximal 75 respektive 150 Watt an Grafikkarten liefern konnten, mehr als drei 8-Pin-Anschlüsse pro Grafikkarte für 450 Watt abseits des PCIe-Slots gab es noch nie.
Der neue Stecker wird nun bis zu 600 Watt liefern, wenn Netzteil und Grafikkarte über dafür erforderliche vier weitere Pins verfügen, über die sie die maximal zulässige elektrische Leistung des Kabels und damit des Netzteiles austauschen können. Verhandelbare Obergrenzen sind 600, 450, 375 und 150 Watt – Grafikkarten, die die vier Pins nicht bieten, dürfen nach aktuellem Stand lediglich 150 Watt zur Verfügung gestellt bekommen – der 12+4-Pin-Anschluss käme so einem 8-Pin-Anschluss gleich.
Ob Grafikkarten, die für PCI Express 5.0 erscheinen, den neuen Stecker aufweisen müssen, ist bisher nicht bekannt. Intel spricht davon, dass „die meisten, wenn nicht sogar alle“ Grafikkarten mit PCI Express 5.0 ihn bieten werden. Anders herum ist ATX 3.0 für den Einsatz des Steckers nicht erforderlich: Das Gigabyte UD1000GM PG5 bietet den neuen 12+4-Pin-Anschluss bereits auf Basis der Norm ATX 2.31.
Weitere Neuerungen der Standards
Als weitere Neuerungen der Standards nennt Intel Anpassungen an die von der PCI SIG Ende 2021 veröffentlichte Norm Power Excursion Limits for 300-600 W PCIe AICs ECN (nicht öffentlich) sowie beim Standard ATX12VO die nicht weiter erläuterte Übernahme der Funktion „I_PSU%“ aus Notebook- und Serverplattformen, die es Systemintegratoren insbesondere bei kleineren Systemen, die nur vergleichsweise schwache Netzteile aufnehmen können, leichter machen soll, das richtige Netzteil für das System auszuwählen, indem die Auslastung überwacht werden kann.
Bis zu 200 Prozent Nennleistung für Lastspitzen
Nicht von Intel kommuniziert wird ein Aspekt, den Igor's Lab Ende 2021 thematisiert hatte: Dem damals in der Industrie diskutierten Stand zufolge wird ATX 3.0 voraussetzen, dass Netzteile für die Dauer von 100 μs das Doppelte ihrer Nennleistung bereitstellen können und diese kurzen Lastspitzen bis zu 10 Prozent der Gesamtbetriebszeit ausmachen können müssen.
Ein 1.000-Watt-Netzteil müsste demnach in der Lage sein, unter Last für 10 Prozent der Zeit und für jeweils maximal 100 μs bis zu 2.000 Watt zur Verfügung zu stellen. Das könnte Probleme, wie sie insbesondere Nvidia GeForce RTX 3000 zum Start verursacht hat, weil Lastspitzen weit höher als die TDP lagen, in Zukunft verhindern. Es würde die vom Kunden bewusst eingekaufte Leistung und die im Betrieb abgerufene im Zweifelsfall allerdings weiter auseinander liegen lassen, ohne dass der Anwender davon Kenntnis erlangt.
Intel rechnet mit ersten Netzteilen und Systemen auf Basis von ATX 3.0 und ATX12VO 2.0 im Laufe des Jahres.