BMW, Qualcomm, Arriver: Plattform fürs Fahren nach Level 2+ und 3 startet 2025
BMW hat die Kooperation mit Qualcomm und Arriver für assistiertes und automatisiertes Fahren nach Level 2+ und Level 3 konkretisiert und will die Plattform 2025 für Kunden einführen. Die neuen Lösungen entsprechen dem New Car Assessment Program (NCAP) und bauen auf den Entwicklungen der Partnerschaft mit Intel und Mobileye auf.
Im November des letzten Jahres hatte Qualcomm angekündigt, die Snapdragon-Ride-Plattform künftig für assistiertes und automatisiertes Fahren nach Level 2+ und Level 3 an BMW zu liefern. Im Rahmen dieser Kooperation wird auch Arriver eine wichtige Rolle einnehmen. Das schwedische Unternehmen war ein Spin-off aus der Elektroniksparte von Autoliv und wurde im Herbst letzten Jahres für 4,5 Milliarden US-Dollar von Qualcomm übernommen. Arriver bringt einen Software-Stack für Wahrnehmung und Fahrmanöver in die Partnerschaft ein. Dieser Stack wiederum ist auf dem Snapdragon Ride Vision SoC lauffähig, den Qualcomm zur CES im Januar angekündigt hatte.
Das Aus für Intel und Mobileye
Die Kooperation mit Qualcomm und Arriver bedeutet bei BMW gleichzeitig das bevorstehende Aus für die Partnerschaft mit Intel und Mobileye. Das hat Dr. Nicolai Martin, Bereichsleiter Entwicklung Automatisiertes Fahren bei der BMW Group, im Gespräch im Nachgang der Ankündigung bestätigt.
Einführung 2025 mit der „Neuen Klasse“
Zum sofortigen Aus führt die neue Kooperation allerdings nicht, vielmehr kommen Chips und Technologien von Intel und Mobileye weiterhin auf den bestehenden Plattformen zum Einsatz, erst ab 2025 soll eine „Neue Klasse“, wie schon in den 60er und 70er Jahren Fahrzeuge genannt wurden, die Hard- und Software von Qualcomm und Arriver einführen. Die „Neue Klasse“ gilt ab Mitte des Jahrzehnts als nächster großer, auf den iX und dessen Neuerungen folgender Schritt von BMW, der eine neue IT- und Software-Architektur und eine neue elektrische Antriebs- und Batteriegeneration einführen soll.
Aufbau auf bisherigen Errungenschaften
Die neue Kooperation soll an Errungenschaften aus der Partnerschaft mit Intel und Mobileye anknüpfen. So müsse bei der Software nicht bei Null angefangen werden und auch das Data Center für autonomes Fahren, das vor drei Jahren in Nähe des Autonomous Driving Campus' eingeweiht wurde, könne weiterhin genutzt werden. Die Kapazitäten dieses Data Centers seien seit dem Start verdoppelt worden, sagte Martin.
Qualcomm will doppelte Effizienz liefern
BMW will bei Qualcomm neben dem neuen Snapdragon Ride Vision SoC auch einen Compute-SoC-Controller der Snapdragon-Ride-Plattform nutzen. Diese Familie unterschiedlich leistungsfähiger Chips hatte Qualcomm in mehreren Ausbaustufen zur CES 2020 vorgestellt und ein Jahr später weiter konkretisiert. Die Lösungen skalieren von 10 TOPS bis über 700 TOPS und können auch aus Paarungen mehrerer ADAS-Controller und Beschleuniger bestehen. Unterm Strich soll Snapdragon Ride die aktuelle Orin-Lösung von Nvidia mit doppelter Effizienz schlagen. Prominenter Abnehmer von Drive AGX Orin wird ab 2024 zum Beispiel Mercedes-Benz sein. Welche Chips BMW ab 2025 konkret verwenden wird, wurde zwar nicht offengelegt, Nakul Duggal, Senior Vice President und General Manager Automotive bei Qualcomm, sagte aber, dass die verbauten Lösungen von der Leistung her stets Spielraum nach oben bieten würden.
Konkret will BMW Lösungen nach Level 2+ und Level 3 für Kunden anbieten. Level 2+ bietet BMW in den USA bereits auf Highways in Stausituationen bis 64 km/h an, mit der Qualcomm-Plattform soll dies aber von Adresse zu Adresse für die gesamte Fahrt möglich sein. Im weiteren Verlauf soll Level 3 folgen, das nicht mehr voraussetzt, dass der Fahrer dauerhaft den Verkehr im Blick behält. Bei Level 3 muss der Fahrer aber weiterhin innerhalb einer gewissen Frist dazu in der Lage sein, die manuelle Fahrzeugsteuerung wieder zu übernehmen. Beim Drive Pilot von Mercedes-Benz, der im ersten Halbjahr marktreif sein soll, liegt diese Frist bei 10 Sekunden. Level 3 soll in puncto ODD (Operational Design Domain), also der Verfügbarkeit nach Strecke, Wetter und anderen Konditionen, bei BMW stufenweise im Funktionsumfang erweitert werden.
Neuer 7er soll bereits Level 3 beherrschen
In welchen Kosten diese Systeme für Kunden resultieren werden, war noch nicht spruchreif. Es werde aber darauf hinauslaufen, dass die grundsätzliche Fähigkeit für Level 2+ bereits ab Werk an Bord sein werde und der Kunde entscheiden könne, ob die Funktion direkt mit dem Fahrzeug oder im Nachgang erworben werden soll. Damit gemeint sind die bereits bekannten Functions on Demand, die BMW zuletzt auch beim neuen 2er Active Tourer (Test) für Assistenzsysteme eingeführt hat. Für Level 3 müsse ein erweitertes Hardware-Paket erworben werden, das sich nicht im Nachgang freischalten lasse. Ein solches Paket sei zudem potenziell zunächst einer höheren Fahrzeugklasse vorbehalten. Apropos Premiumsegment: Der neue 7er, der im Laufe dieses Jahres auch als i7 vorgestellt werden soll, werde zu einem späteren Zeitpunkt ebenfalls Level 3 unterstützten, obwohl dort noch nicht die neue Partnerschaft zum Tragen kommt.