Chip-Fertigung: Intel plant 17-Mrd.-Euro-Fabrik in Magdeburg

Update 8 Volker Rißka (+1)
755 Kommentare
Chip-Fertigung: Intel plant 17-Mrd.-Euro-Fabrik in Magdeburg
Bild: Intel

Die Spatzen pfiffen es seit Wochen von den Dächern, jetzt ist es offiziell: Magdeburg wird Standort einer Intel-Fabrik. Zur Minute informiert sowohl Intels CEO Pat Gelsinger als nachfolgend auch die Sachsen-Anhaltinische Landesregierung in einem Stream über die Ansiedlung der Chipfabrik in Deutschland.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff stürmte am Vormittag bereits ein wenig voraus mit der Bestätigung für die Fabrik von Intel in Magdeburg. 17 Milliarden Euro wird Intel dafür in die Hand nehmen. 3.000 Angestellte sollen direkt bei Intel arbeiten, zuvor 7.000 Arbeiter auf der Baustelle beschäftigt sein. Entstehen sollen dafür direkt zwei Fabriken mit noch unbekannter Kapazität, hier will Intel die letzten Justierungen an den neuesten High-NA-EUV-Tools noch nicht verraten, die dann zum Einsatz kommen dürften. Mindestens 20.000 Waferstarts pro Monat pro Fabrik dürften aber anvisiert werden.

Tausende Arbeitsplätze in der Zulieferindustrie sollen sich in den Jahren darauf in der Umgebung entwickeln. Es wird die größte Investition nicht nur in Sachsen-Anhalt sein. Der Baubeginn soll 2023 erfolgen, ab 2027 sollen die beiden Fabriken Chips in Serie produzieren – sowohl für Intel als auch Foundry-Kunden. Das Ziel sind direkt Chips aus der Fertigungsstufe von Intels Ångström-Ära mit Intel 20A, Intel 18A und folgenden. Das ist doch ein wenig überraschend, in Deutschland wurde in vielen Bereichen auch auf eine Zulieferer-Fabrik für die Automobilindustrie gehofft, diese fertigen in der Regel nicht in allerkleinsten Nanometer-Stufen.

In einen Gespräch am Nachmittag erklärte Intel aber, dass sich die Automobilindustrie bis zum Jahre 2027 deutlich weiterentwickeln werde und verwies noch einmal auf den Punkt, dass rund 20 Prozent des Preises eines Autos bis zum Jahr 2030 auf Halbleiterchips zurückgehen dürften.

Chip-Fabrik in Magdeburg
Chip-Fabrik in Magdeburg (Bild: Intel)

Auch in weiteren Ländern baut Intel kräftig aus. In Irland wird der Standort Leixlip eine Finanzspritze von bis zu 12 Milliarden Euro erhalten und die Kapazität des Standorts verdoppeln. Die Fertigungsstufe Intel 4 steht hier als nächstes in großem Rahmen in den Büchern. In Irland baut Intel aktuell bereits die Kapazität aus, das Gesamtvolumen, welches Intel letztlich in Irland investiert, wird dann über 30 Milliarden Euro umfassen.

Aber auch Frankreich, Italien, Spanien und Polen sollen ein Teil von Intels 33-Milliarden-Euro-Investment erhalten. Forschung und Entwicklung werden zu einem großen Teil in Frankreich gebündelt, Packaging und Design sollen in Europa wieder in den Fokus gerückt werden. In Italien soll beispielsweise noch eine 4,5 Milliarden große Investition in eine Back-End-Fabrik fließen – hier laufen aber noch die Verhandlungen. Diese Pläne ergänzen die Innovations- und Wachstumsmöglichkeiten im Bereich Auftragsfertigung, die Intel mit der geplanten Übernahme von Tower Semiconductor verfolgt. Tower Semiconductor betreibt in Partnerschaft mit ST Microelectronics eine Fabrik in Agrate Brianza, Italien.

Weitere Standorte von Intel in Europa
Weitere Standorte von Intel in Europa (Bild: Intel)

Im Gespräch am Nachmittag erklärte Intel zudem noch, dass Foundry-Kunden bei den Fabriken durchaus Prioritäten eingeräumt werden. Für diese steht aber ohnehin nicht jeder Fertigungsschritt zur Verfügung: Intel 16, hinter dem sich die altbekannte 22-nm-FinFET-Fertigung verbirgt, wird das Einstiegsmodell für Foundry-Kunden sein, es folgen Intel 3 und Intel 20A/18A.

Update

Die Meldung wurde im Laufe des Nachmittags mit neuen Informationen einschließlich eines Gesprächs mit Randhir Thakur, Präsident von Intel Foundry Services, in diversen Punkten ausgebaut und ergänzt.

Update

Wie Intels Personalchef für Deutschland, Bernd Holthaus, der dpa gesagt hat, plant der Konzern mit den Bauarbeiten in Magdeburg noch im 1. Halbjahr 2023 zu beginnen. Das berichtet unter anderem die Süddeutsche Zeitung. Zur Bekanntgabe der Standortentscheidung im März war lediglich vom Jahr 2023 die Rede gewesen.

Intel sei optimistisch, so Holthaus weiter, dass bis dahin der EU Chips Act verabschiedet wurde, der auch Grundlage für die am Standort gewährten Subventionen ist.

Update

Zum Ende dieses Jahres kommen dann doch noch überraschend negative Nachrichten, die die lokale Presse berichtet. Der Baubeginn ist verzögert, nicht mal mehr ein Jahr will Intel nun nennen. Der Hintergrund ist wohl Gerangel um Personal, Material aber auch Fördergelder – letzteres ist der Posten, der am Ende alles entscheidet. Unterm Strich will Intel schlichtweg mehr Geld als Unterstützung sehen.

Update

Mit MDR und Wirtschaftswoche berichten weitere Medien über die Thematik, stellen sie jedoch insbesondere beim MDR etwas weniger problematisch dar. Demnach wiegelte Intel ab, dass nie ein definitives Jahr genannt wurde, das erste Halbjahr 2023 steht auch laut Politikern aus der Region weiterhin. Laut MDR waren für Januar 2023 archäologische Grabungen vorgesehen, dann sollte die Wasser- und Stromversorgung aufgebaut werden – dafür nötiges Spezialwerkzeug konnte jedoch noch nicht herangefahren werden.

Am Ende dreht es sich aber doch auch ums Geld. Eine erste erwartete Teilzahlung der EU soll bisher nicht geflossen sein. Erst dann will Intel überhaupt anfangen.

Update

Wie das Handelsblatt berichtet, soll Intel inzwischen 10 Milliarden statt der bisher vom Bund zugesagten 6,8 Milliarden Euro Subventionen für den Bau der Fabrik in Magdeburg „für notwendig“ erachten, im Gegenzug soll die Fabrik Chips in neueren Prozessen als ursprünglich geplant fertigen können.

Weder Intel noch der Bund oder das Land Sachsen-Anhalt wollten diese konkrete Forderung auf Nachfrage gegenüber Tagesschau.de bestätigen.

Gegenüber dem mdr ließ Intel allerdings schriftlich verlauten: „Die Herausforderungen auf geopolitischer Ebene sind gewachsen, die Nachfrage nach Halbleitern ist gesunken und der Druck durch Inflation/Rezession fordert die Weltwirtschaft heraus.“ Intel arbeite deshalb mit den Regierungspartnern zusammen, um „die entscheidende Kostenlücke zu schließen, um dieses Projekt weltweit wettbewerbsfähig zu machen.“ Dass hinter den Kulissen weiter um die Höhe der Subventionen verhandelt wird, wird damit grundsätzlich bestätigt.

Die Bundesregierung halte die Erfüllung der neuen Forderung für „schwer vorstellbar“, wie Tagesschau unter Berufung auf eine Meldung der dpa berichtet.

Update

Neuer Monat, neue Forderungen. Laut Bloomberg will Intel nun zusätzliche 5 Milliarden Euro an Fördermitteln erhalten, um das Projekt umzusetzen. Auf Nachfrage fühlt sich Intel dem Projekt aber weiterhin verpflichtet, der Dialog mit den Regierungsstellen sei diesbezüglich konstruktiv. Weitere Details bleiben Mangelware.

Update

Und auch im April bleibt das Thema auf dem Tisch. Wie die Financial Times berichtet, will sowohl Deutschland von Intel mehr Investitionen, umgekehrt geht es den gleichen Weg. Deutschland will von Intel mehr Investitionen auch in die umliegende Infrastruktur, Intel wiederum Subventionen für das gesamte Projekt. Dies geschieht zum Teil ja automatisch, wenn die gesamte Investitionssumme steigt, steigt auch die Fördersumme. Nach wie vor steht Intel jedoch zu dem Projekt, erst vor zweit Tagen bei der Ankündigung der Zusammenarbeit mit Arm bewarb Intel Europa als Produktionsstandort der Zukunft.

Update

Wie das Handelsblatt berichtet, soll Intel nun 9,9 Milliarden Euro Förderung erhalten. Am Wochenende soll der Vertrag dann eingetütet werden, am Montag wird Intel-CEO Pat Gelsinger zur Vertragsunterzeichnung erwartet.