Holoride Probefahrt: Virtual Reality im Auto ganz ohne Übelkeit
In der zweiten Jahreshälfte soll die Serienintegration von Holoride im Auto erfolgen. Passagiere können mit einer Vive Flow in eine VR-Welt eintauchen, die mit Daten des Fahrzeugs wie Position und Beschleunigung genährt wird. Auf dem MWC konnte die Redaktion zwei erste Anwendungen erleben. Kotzübel wurde dabei niemandem.
Man kennt es nur zu gut vom Smartphone oder Buch: Starrt man während der Fahrt zu lange auf den Bildschirm, während die Welt im peripheren Sichtfeld vorbei rauscht und parallel dazu unterschiedlichste Fliehkräfte auf den Körper wirken, werden viele Menschen mehr oder weniger schnell so etwas wie seekrank. Holoride kapselt den Mitfahrer aber nur vermeintlich vollständig von der echten Welt ab. Stattdessen werden die Fahrzeugdaten an das Erlebnis auf der Vive Flow gekoppelt, sodass der Träger zwar in eine virtuelle Welt eintauchen kann, aber nie vollständig die Verbindung zur echten Welt verliert. Das hilft enorm dabei, die sonst üblichen Symptome zu unterbinden.
Eine Holoride-Fahrt ums Messegelände
Zum MWC in Barcelona konnte ComputerBase auf Tuchfühlung mit Holoride gehen, das in der zweiten Jahreshälfte auf der Vive Flow erstmals in Serie in einem Fahrzeug angeboten werden soll. In Barcelona kam dafür ein elektrischer Cupra Born zum Einsatz, sozusagen der etwas sportlichere Ableger des ID.3 von Volkswagen. Welcher Autohersteller im weiteren Verlauf des Jahres ganz offiziell Holoride integrieren wird, war zum Messe in Spanien aber noch nicht spruchreif. Die Nähe zum VW-Konzern lässt sich aber nicht bestreiten, schließlich hält auch Audi Anteile an dem Unternehmen und die erste öffentliche Demonstration fand Anfang 2019 mit mehreren e-tron des Herstellers statt.
Die Flow schreckt nicht so sehr ab
Holoride bindet sich aber an keinen Hersteller, wie 2019 eine Demo mit Ford zeigte, und auch beim gewählte VR-Headset herrscht praktisch freie Wahl. Die Vive Flow ist vor allem deshalb für die erste Serienintegration gewählt worden, weil sie mit dem Design einer (fast) klassischen Brille und dem vergleichsweise niedrigen Gewicht von 189 Gramm das Potenzial dazu hat, auch diejenigen Nutzer abzuholen, die von anderen HMDs (Head-mounted Displays) eher abgeschreckt werden. Die Vive Flow kann ohne Lernkurve aufgesetzt werden, während andere HMDs mit Zugbändern arretiert werden müssen und jedes Mal aufs Neue die Frisur zerstören. Außerdem nutzt die Flow lediglich ein Smartphone für die Energieversorgung und Tap-Eingaben auf selbigem statt aufwendige Controller mit mehreren Analogsticks und Tasten vorauszusetzen.
Ein Shooter und ein Filmtrailer
Zum MWC demonstrierte Holoride zwei Anwendungen auf den Straßen rund um das Messegelände. Eine davon war ein bunter Shooter, in dem über die Blickrichtung anvisiert verschiedenfarbige Bälle per Tap auf dem Smartphone abgeschossen werden mussten. Welche Bälle für den Abschuss freigegeben waren, signalisierte die Farbe der Kanone, die im unteren Bereich des Bildschirms für den Anwender sichtbar war.
Die Verbindung zur echten Welt bleibt erhalten
Das Szenario findet in einer Welt statt, die sich auf Basis von Kartendaten in abstrakter Form rund um den Anwender aufbaut. Man fährt also nicht durch das echte Barcelona, aber durchaus durch eine Landschaft, deren Wege so verlaufen, wie es die Kartendaten vorgeben. Fährt das Auto schneller, rauscht auch die virtuelle Welt schneller am Spieler vorbei, gleiches gilt für Kurven. Die Verbindung zu dem, was außerhalb der Flow geschieht, bleibt demnach erhalten, sodass sich trotz anfänglicher Skepsis keinerlei Übelkeit einstellte.
Eine direkte Schnittstelle zum Auto, um dessen Daten anzuzapfen, gab es zur ersten Demo noch nicht. Stattdessen nutzt Holoride in der Entwicklungsphase einen kleinen Puck mit GPS, der Teil des Dev Kits ist, der hinter der Windschutzscheibe montiert wird und die benötigten Daten an das HMD liefert. Moderne Autos würden aus technischer Sicht aber alles mitbringen, um die Daten ohne den Puck direkt an die Flow zu übertragen, gab Holoride vor Ort zu verstehen. WLAN etwa für Wi-Fi Direct oder Bluetooth bringen heutzutage die meisten Autos direkt ab Werk mit.
Der zweite Part war mit einem Filmtrailer ein rein passiver. Doch auch hier verliert der Träger nicht die Verbindung zur realen Welt, da rund um die virtuelle Leinwand kleine Partikel synchron zur Fahrt am Kopf vorbei fliegen. Ob man sich auf der Flow jedoch einen vollständigen Film anschauen möchte, sei erst einmal dahingestellt. Selbst die leichte Flow bleibt ein HMD, das man dann doch irgendwann wieder absetzen möchte. Noch sind VR-Brillen eben nicht auf dem Niveau normaler Brillen angekommen.
Holoride erhält Umsatzanteil
Statt Smartphone oder Buch könnte künftig aber durchaus ein VR-HMD für das Rear-Seat-Entertainment sorgen. Das Fundament dafür legt Holoride als Mittelsmann mit der eigenen Technologie, die Entwicklern und Autoherstellern eine unkomplizierte Umsetzung ermöglichen soll. Holoride finanziert sich über eine Umsatzbeteiligung.
Der Artikel wurde um einen kurzen Ausschnitt aus der Ballon-Shooter-Demo ergänzt.