Onyx Boox Mira im Test: Display und Nutzung
2/3Das Display
Zum besseren Verständnis der Arbeitsweise des Displays zunächst ein kleiner Exkurs: Herkömmliche Monitore verfügen – vereinfacht gesagt – in den meisten Fällen über eine LCD-Einheit zur Darstellung der Inhalte und eine Hintergrundbeleuchtung, um diese für den Nutzer besser sichtbar zu machen. Gerade bei Notebooks finden zudem immer mehr OLED-Panels Verwendung, bei denen aufgrund der selbstleuchtenden Pixel auf eine zusätzliche Beleuchtung verzichtet werden kann. Sie besitzen neben dem deutlich besseren Schwarzton und dem damit einhergehenden höheren Kontrast den Vorteil, bei dunkleren Darstellungen stromsparender zu sein. Bei quietschbunten Inhalten kann sich dieser Vorteil aber schnell ins Gegenteil kehren.
Die Darstellung wird bei solchen Panels mehrmals in der Sekunde neu aufgebaut, bei Alltagsmonitoren hat sich bereits seit langem eine Wiederholungsrate von 50 bis 60 Bildern pro Sekunde etabliert. Es gibt aber auch Modelle, die Inhalte mit einer deutlich höheren Frequenz aktualisieren und die vor allem bei Spielen ihren Vorteil ausspielen können.
E-Ink-Panels gehen hier einen anderen Weg und sind in ihrer Funktionsweise ein wenig mit den alten Magnetmalspielen aus Kindertagen vergleichbar: So werden die Pigmente (im vorliegenden Fall schwarze) hier in einer bestimmten Menge ausgerichtet, was zusammen mit dem hellen Hintergrund die Möglichkeit zur Abstufung in 16 Graustufen bietet. Der Vorteil der Technik besteht vor allem im geringen Stromverbrauch, denn Energie wird nur zur Ausrichtung benötigt – einmal angeordnet, würden die dargestellten Inhalte vermutlich für alle Ewigkeit in ihrer Position verbleiben.
Ein weiterer Vorteil dieser Panels liegt in der Beleuchtung: Während herkömmliche Displays über eine Hintergrundbeleuchtung verfügen, bei der das Licht durch die LCD-Einheit direkt auf das Auge des Nutzers trifft, besitzen E-Ink-Displays eine Vordergrund- und somit eine indirekte Beleuchtung. Das Licht wird dabei seitlich eingestrahlt und über eine spezielle Folie über der Darstellung verteilt, die sie reflektiert – im Grunde wie bei einem Buch. Da die Intensität des Lichtes dabei geringer als bei einer direkten Beleuchtung ausfällt, schont diese Form der Darstellung die Augen. Darüber hinaus ist eine Beleuchtung bei normalen Monitoren zwingend notwendig, um die Inhalte überhaupt sichtbar machen zu können – bei ausreichend heller Umgebung benötigen E-Ink-Panels sie nicht zwangsweise.
Aber auch die Nachteile dieser Technologie dürfen nicht verschwiegen werden: Im Gegensatz zu normalen Monitoren arbeiten E-Ink-Panels deutlich langsamer und sind dadurch für die Wiedergabe von bewegten Bildern im Grunde ungeeignet. Ihre eigentliche Stärke liegt nach wie vor in der Darstellung von Texten.
Ausreichende Helligkeit
Das Boox Mira verfügt, wie bereits beschrieben, über eine Größe von 13,3 Zoll bei einer Auflösung von 2.200 × 1.650 Pixeln und ist im Formfaktor 4:3 gehalten. An eine VESA-Halterung geschraubt, lässt sich das matte Panel mit entsprechenden Einstellungen im Betriebssystem auch hochkant betreiben, was vor allem bei Textdokumenten ein Vorteil sein kann. In der Hülle genutzt, ist dies nicht nur aufgrund der Beschaffenheit des Schutzes nicht möglich, auch die Kabel wären im Weg. Automatisch wird die Ausrichtung zudem nicht erkannt.
In Sachen Beleuchtung beschreitet Onyx den gleichen Weg wie bereits beim Boox Note Air 2 (Test), indem der Hersteller die LED für das kaltweiße und rötlichere Licht getrennt voneinander einstellen lässt. Somit erhalten Nutzer auch hier nur die volle Helligkeit von 130 cd/m², wenn beide Leuchteinheiten mit Maximum betrieben werden. Das könnte für manch einen Nutzer jedoch den Nachteil besitzen, dass das Erscheinungsbild der jeweiligen Inhalte zwar heller, mit 3.700 K aber deutlich ins Rötlichere schwingt. Wer eine rein kaltblaue Darstellung bei 6.000 K präferiert, muss sich mit einer Helligkeit von höchstens 75 cd/m² zufriedengeben. Dies spielt jedoch nur bei schlechteren Lichtverhältnissen eine Rolle. Wie bereits beschrieben, können E-Ink-Panels bei guten Lichtverhältnissen nicht selten komplett ohne interne Beleuchtung auskommen. Die Ausleuchtung fällt dabei recht gleichmäßig aus.
Arbeiten mit Mira
Beim ersten Arbeiten zeigt sich direkt, dass es sich beim Mira um einen Monitor mit eng umrissenem Tätigkeitsbereich handelt und Nutzer sich in einigen Dingen umstellen müssen. Dies wird bereits beim Hochfahren des jeweiligen Rechners deutlich, bei dem die gewohnten Inhalte plötzlich etwas anders ausschauen. Da Displays auf E-Ink-Basis, wie bereits beschrieben, von sich aus recht träge sind, passiert an manchen Stellen gefühlt nur wenig. Das Problem verdeutlicht sich, wenn mit der Maus navigiert werden soll, was je nach Einstellung schnell zum Daumenkino und zu einer Geduldsprobe werden kann. Da die Position des Mauszeigers auf dem Bildschirm dabei gegenüber der im System immer eine deutliche Latenz aufweist, weiß der Nutzer oftmals nicht, bis wo er steuern muss – langsames Arbeiten ist hier das Gebot der Stunde, um Fehleingaben zu verhindern.
Um den Versatz zu kompensieren, besitzt der Mira verschiedene Refresh-Modi, die bei unterschiedlichen Szenarien die Nutzung verbessern sollen. Dazu bietet das System bereits fünf vorgefertigte Presets, denen vier Display-Modi mit verschiedenen Einstellungen zugrunde liegen: Der normale Modus kommt vor allem bei der Anzeige von Web-Seiten zum Einsatz. Der Textmodus hingegen verfügt über einen höheren Kontrast, was für eine bessere Darstellung von Zeichen sorgt. Eine Mischung von beidem stellt der Reader-Modus dar, der ebenso auf Texte, aber gleichzeitig für das schnelle Wechseln zwischen den Dokumenten optimiert ist. Der Video-Modus rundet das Bild ab und kann durch höhere Reaktionszeiten vor allem für die schnellere Darstellung von Inhalten genutzt werden.
Vor- und Nachteile
Die genannten Vorgaben besitzen alle ihre eigenen Vorteile, die aber ebenso immer mit einem Nachteil einhergehen. So zeichnet sich der Textmodus durch eine gestochen scharfe und kräftige Darstellung aus, ist aber im Ganzen recht träge. Der Video-Modus agiert genau gegenteilig: Hier ist die Bildwiederholungsrate zwar viel höher, dafür wirkt die Darstellung deutlich unschärfer und weniger kontrastreich. Gleichzeitig tritt ein stärkeres Ghosting, also ein Durchscheinen vorheriger Inhalte, auf. Auch wenn die Einstellung etwas anderes suggeriert: Videos auf dem Mira zu schauen, macht alles andere als Spaß. Das liegt nicht nur an der geringen Wiederholungsrate, denn auch die lediglich 16 Graustufen tragen ihr Übriges bei. Bei solchen Inhalten sollte auf einen traditionellen Monitor ausgewichen werden. Es muss aber nicht gleich in die Extreme gegangen werden. Dieser Modus sollte zumindest aufgrund der beschriebenen Mausprobleme die erste Wahl bei der normalen Nutzung des Rechners sein. An eine Bildbearbeitung sollte schon alleine aufgrund der fehlenden Farben erst gar nicht gedacht werden.
Während fast alle Modi auf dem Mira eher weniger Spaß machen und nicht ansatzweise mit einem normalen Monitor zu vergleichen sind, zeigt das Testgerät bei Texten seine Stärken – was sowohl das Lesen wie auch das Schreiben mit einbezieht. Hier sorgt der Proband für ein extrem gutes und vor allem augenschonendes Arbeiten über einen langen Zeitraum hinweg. Auch wenn der Hersteller es nicht gesondert ausführt, dürfte hierbei zur besseren Darstellung wie beim Boox Note Air 2 die SNOW-Field-Funktion zum Einsatz kommen, bei der im Gegensatz zur normalen Invertierung beim Seitenwechsel, bei der alle Bildpunkte neu ausgerichtet werden, nur Pixel in einem bestimmten Bereich aktualisiert werden können. Dies erlaubt eine deutlich schnellere Darstellung bei ansonsten ruhig verbleibenden Inhalten. Die Neuausrichtung ist an diesen Stellen schnell genug, um auch bei Schnellschreibern nicht aus dem Tritt zu kommen und für eine gewohnte Latenz zu sorgen, womit sich der Mira in solchen Situationen wie ein gewöhnlicher Monitor verhält. Wird das Dokument jedoch gescrollt, kommt es zu den genannten Verzögerungen – daran wird sich der Nutzer gewöhnen müssen.
Etwas Abhilfe schafft dabei der Wechsel zwischen den einzelnen Modi. Wird er über die Software auf bestimmte Tasten gelegt, gestaltet sich das Umschalten deutlich einfacher, als ständig zum Schalter am Gehäuserand zu greifen. Anfangs mögen diese Aktionen ein wenig nervend und aufwendig erscheinen, nach einer gewissen Zeit gehen sie aber in Gewohnheit über und es wird gewechselt, ohne groß darüber nachzudenken. Sollte dabei einmal der Ghosting-Effekt zu groß werden, kann über den bereits beschriebenen Button oder die Tastenkombination ein manueller Refresh ausgelöst werden.
Gartentaugliches Arbeiten
Ein weiterer Vorteil kann der Proband bei Arbeiten unter freiem Himmel für sich verbuchen. Wer im Sommer lieber auf dem heimischen Balkon oder der Terrasse arbeiten will, muss sich um die sonst blendende Sonne keine Gedanken machen. Im Gegenteil: Beim Mira kann dann meist auf die Beleuchtung komplett verzichtet werden, da das Display in Sachen Helligkeit das Umgebungslicht nicht überstrahlen muss – was am Ende zudem Energie spart.
Als ein Zugewinn kann sich in bestimmten Situationen auch der Touchscreen des Mira erweisen, gerade wenn die Steuerung mit der Maus sich als zu träge erweist. Hier kommt höchstens das Betriebssystem oder die jeweilige Anwendersoftware dem Nutzer in die Quere. Die Reaktionszeit liegt dabei in einem guten Bereich, Eingaben werden gefühlt nicht langsamer als mit der Maus ausgeführt.
Sinnvolle Software mit Luft nach oben
Um nicht alle Einstellungen am Monitor selbst vornehmen zu müssen, stellt Onyx dem Nutzer eine Software zur Verfügung, mit der alle Änderungen bequemer vorgenommen werden können. Sie bietet gleichzeitig die Möglichkeit, neben den genannten Presets eigene Vorgaben abzuspeichern. Die Vorgaben beschränken sich nicht nur auf den Display-Modus oder die Helligkeit, denn darüber hinaus kann Einfluss auf den zeitlichen Intervall des Refreshes, also die Neuausrichtung der Bildpunkte, und auf die Verstärkung der dunklen und der Filterung der hellen Bildanteile genommen werden. Ebenso gehört zum Funktionsumfang das Festlegen von eigenen Tastaturkürzeln, mit denen leicht die Helligkeit gesteuert oder ein manueller Refresh über die Tastatur ausgelöst werden kann.
Die Software wirkt an manchen Stellen noch nicht gänzlich ausgereift. Im Test beendete sie sich oftmals selbst, womit einige Einstellungen verloren gingen. Dem Anschein nach verbleiben die gemachten Änderungen somit nur in der Anwendung und werden nicht in den Monitor übertragen. Hier sollte der Hersteller dringend nachbessern.