Krisenbewältigung: Twitter will Tweets mit Falschinformationen verbergen
Twitter kündigt eine neue Richtlinie für den Umgang mit Fehlinformationen in Krisenzeiten an, die neue Standards für den Umgang mit Tweets vorsieht, die falsche oder irreführende Aussagen enthalten. Das soziale Netzwerk sehe sich in der Verantwortung, Menschen in Notlage verlässliche Informationen zu liefern.
Twitter will verlässlich werden
In Krisenzeiten sei der Zugang zu glaubwürdigen und verlässlichen Informationen besonders wichtig, so Yoel Roth, Twitters Head of Safety und Integritiy in einem Blogbeitrag. Twitter habe „die Palette der Maßnahmen, die es ergreifen könne, erweitert, um sicherzustellen, dass sie in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des potenziellen Schadens stehen“, führt er aus. Nach Angaben des Unternehmens geht es in erster Linie darum, Nutzern in Krisenzeiten Zugang zu glaubwürdigen Informationen zu bieten und die Verbreitung falscher oder irreführender Nachrichten zumindest zu verlangsamen. Auch Menschenrechtsorganisationen seien in die Ausarbeitung der Maßnahmen einbezogen worden.
Betroffene Tweets werden lediglich ausgeblendet
Die neue Richtlinie lege besonderes Augenmerk auf die falsche Berichterstattung zu Krisenereignissen, falsche Behauptungen über Waffen oder Gewaltanwendung oder Fehlinformationen zu Menschenrechtsverletzungen oder internationalen Sanktionen. Zu diesem Zweck sollen verdächtige Tweets anhand von verschiedenen, öffentlich verfügbaren Quellen auf ihren Wahrheitsgehalt untersucht werden.
Teams at Twitter have worked to develop a crisis misinformation framework since last year, drawing on key input from global experts and human rights organizations. [...]
To determine whether claims are misleading, we require verification from multiple credible, publicly available sources, including evidence from conflict monitoring groups, humanitarian organizations, open-source investigators, journalists, and more.
Yoel Roth, Head of Safety & Integrity bei Twitter
Tweets, die dabei als Fehlinformationen eingestuft werden, sollen derweil nicht zwangsläufig gelöscht oder gesperrt werden. Stattdessen fügt Twitter einen Warnhinweis hinzu, der die Nutzer auffordert, auf eine Schaltfläche zu klicken, bevor der Tweet angezeigt werden kann – ähnlich den bestehenden Kennzeichnungen für explizite respektive nicht jugendfreie Inhalte. Überdies werden betroffene Tweets auch vom Empfehlungsalgorithmus ignoriert.
Die strengeren Standards sollen jedoch lediglich auf einen manuell ausgewählten Kontext beschränkt gelten. Twitter wolle die Richtlinie zunächst auf Inhalte anwenden, die sich auf die laufende russische Invasion in der Ukraine beziehen. Das Unternehmen plant allerdings, die Regeln in Zukunft auf weitere Krisen oder vergleichbare Ereignisse anzuwenden. Krisen werden dabei definiert als „Situationen, in denen eine weitreichende Bedrohung für das Leben, die physische Sicherheit, die Gesundheit oder die Lebensgrundlagen besteht“.
Elon Musks Vision sieht potentiell anders aus
Die Richtlinie kommt zu einem heiklen Zeitpunkt, da der Verkauf des Unternehmens an Elon Musk wieder in der Schwebe ist. Musk kündigte für die Zeit nach seiner Übernahme an, die Moderation des sozialen Netzwerks zugunsten einer maximal freien Meinungsäußerung zu reduzieren. Das muss nicht heißen, dass Falschinformationen Tür und Tor geöffnet wird, aber der Umgang mit derartigen Inhalten dürfte trotzdem weniger restriktiv als jetzt angekündigt ausfallen.