Grafikkarten mit 450+ W TDP: RTX 4000 & RX 7000 zu kühlen wird nicht leicht

Update 2 Wolfgang Andermahr
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Grafikkarten mit 450+ W TDP: RTX 4000 & RX 7000 zu kühlen wird nicht leicht

Die Next-Gen-Grafikkarten AMD RDNA 3 (RX 7000) und Nvidia Ada (RTX 4000) sollen bis zu 600 Watt und eventuell noch mehr aufnehmen. Die GeForce RTX 3090 Ti ist mit 450 Watt ein erster Fingerzeig. Der Test der Ti in drei Gehäusen zeigt: Schon 450 Watt stellen viele Gehäuse vor eine quasi nicht lösbare Aufgabe.

Update

Im Mai dieses Jahres war es nur ein Gerücht, aber mit der Vorstellung der GeForce RTX 4090 ist es inzwischen Gewissheit: Nvidias Ada-Lovelace-Grafikkarten werden als Founders Edition mit bis zu 450 Watt TDP starten, RTX-4090-Custom-Designs werden höchstwahrscheinlich noch deutlich darüber liegen. Mit ihren Abmessungen, die bisherige Spitzenreiter zum Teil klar übertreffen, dürfte der Hitzestau unter der Grafikkarte dabei noch zusätzlich verstärkt werden.

Dieser Artikel zu den Anforderungen an das PC-Gehäuse, um 450-Watt-Grafikkarten effektiv zu kühlen, ist damit aktueller denn je. Darüber hinaus sollten diejenigen, die die Anschaffung einer GeForce RTX 4000 in Betracht ziehen, einen Blick auf den Artikel „12VHPWR-Stecker: Überlasteter Steckverbinder auch ohne Adapter möglich“ werfen, denn auch das Thema Stromversorgung gilt es beim Aufrüsten auf Ada Lovelace zwingend zu beachten.

Update

ComputerBase hat eine weitere Testreihe mit der Sapphire Radeon RX 6950 XT Nitro+ Pure (Test) hinzugefügt und die Unterschiede zwischen dem Betrieb im Phanteks Enthoo Evolv X und im Fractal Design Torrent ermittelt. Da die Leistungsaufnahme der Grafikkarte mit rund 370 Watt niedriger als bei der GeForce RTX 3090 Ti ist, fallen auch die Unterschiede geringer aus. Aber dennoch gibt es auch in dem Duell einen hörbaren Unterschied.

450 Watt TDP sind für Gehäuse eine Herausforderung

Im ComputerBase-Test war die Asus GeForce RTX 3090 Ti TUF OC ungewöhnlich laut. Aufgrund der erlaubten TDP von 450 Watt verwundert das auf den ersten Blick zwar nicht, doch mit den gemessenen 52 dB – und die gibt es auch nur im Quiet-BIOS – rauschte es störend.

Das passte nicht ins Bild, denn der von Asus eingesetzte TUF-Kühler ist in der Basis identisch mit denen mehrerer anderer TUF-Modelle und wusste dort immer und immer wieder zu überzeugen. Hinzu kam, dass die GeForce RTX 3090 Ti TUF OC auf einen vergrößerten Kühlkörper und neue, laut Asus bessere Lüfter zurückgreifen kann. Dass das neue Flaggschiff lauter als zum Beispiel die GeForce RTX 3080 TUF OC (ComputerBase-Test) war: geschenkt. Aber nicht gleich 16 dB lauter.

„Hitzestau“: Wenn die Abwärme im Gehäuse verbleibt

Ein Tag vor Fall des NDAs kam dann die Erleuchtung, die irgendwie auf der Hand lag, aber aufgrund der weit über den Erwartungen liegenden Auswirkungen doch nicht als Ursache in Betracht gezogen worden war: Die Asus GeForce RTX 3090 Ti TUF OC war deshalb so laut, weil sie in ihrer eigenen Abwärme badete. Das Gehäuse konnte die 450 Watt der GPU und ca. 200 Watt der anderen Komponenten nicht mehr effektiv abführen. Die GPU-Kühler-Lüfter mussten in diesem Umfeld schneller drehen, die Lautstärke stieg deutlich.

Das im Test genutzte Gehäuse Phanteks Enthoo Evolv X ist dabei gar nicht schlecht bezüglich der Belüftung und befindet sich diesbezüglich eher im Mittelfeld. Auch die Belüftung ist mit insgesamt drei 140-mm-Lüftern Durchschnitt. Wenn es also Probleme mit der Abluft der GeForce RTX 3090 Ti im Enthoo Evolv X gibt, treten selbige in vielen, vielleicht sogar in den meisten anderen Gehäusen auf.

Dieser Umstand lässt sich leider nicht ohne Weiteres lösen. Noch mehr Lüfter bringen im selben Gehäuse so gut wie gar nichts. Eigentlich hilft es nur, die Gehäusetür zu öffnen. Mehr als eine Übergangslösung ist das aber auch nicht.

Die GeForce RTX 3090 Ti ist die erste Grafikkarte, die im von ComputerBase eingesetzten Testsystem diese Schwierigkeiten derart aufzeigt. Die anderen Modelle benötigen mindestens 100 Watt weniger, womit das Gehäuse noch keine Schwierigkeiten hat. Damit stellen sich automatisch zwei Fragen. Eine davon kann noch nicht beantwortet werden: Falls nämlich die Next-Gen-Grafikkarten wie spekuliert tatsächlich bis zu 600 Watt benötigen werden, wird die Situation noch einmal deutlich schlechter. Inwieweit Gehäuse dann überhaupt noch dazu in der Lage sein werden, die warme Abluft abzutransportieren, wird sich erst nach dem Erscheinen feststellen lassen. Aber bereits jetzt ist klar, dass das Gehäuse entscheidend dafür sein wird, wie leise so ein Modell beim Spielen sein wird – mindestens so sehr wie der Grafikkartenkühler selbst.

be quiet!, Fractal Design und Phanteks vs. RTX 3090 Ti

Dieser Artikel beschäftigt sich dagegen erneut mit der Nvidia GeForce RTX 3090 Ti und damit einer 450-Watt-Grafikkarte. Drei verschiedene Gehäuse werden dabei zeigen müssen, inwieweit sie mit den Anforderungen zurechtkommen. Mit von der Partie wird erneut das Gehäsue des Testsystems und damit das Phanteks Enthoo Evolv X sein. Neu mit dabei ist das be quiet! Silent Base 802, das sowohl in der Silent- als auch in der alternativen Mesh-Version antritt. Und als dritter Kandidat hat sich das Fractal Design Torrent eingefunden, bei dem das Thema Luftzug bei der Entwicklung ganz oben auf der Prioritätenliste gestanden hat. Die Community hatte es im März als Vorzeigegehäuse in Sachen Kühlung angeführt.

Die drei Probanden werden dabei mit drei verschiedenen Lüftereinstellungen antreten, sodass sowohl niedrige, mittlere als auch hohe Drehzahlen und damit vom potenziellen Silent-Betrieb bis hin zur guten Kühlleistung alles vertreten ist. Neben der Grafikkarte selbst bezüglich Lüfterdrehzahl, Lautstärke, Taktrate und Temperaturentwicklung achtet die Redaktion auf die anderen Hardwarekomponenten wie CPU, Arbeitsspeicher und M.2-SSD, die ebenso bei hohen Gehäusetemperaturen ins Schwitzen geraten können.

Das sind die Gehäusekonfigurationen und so wird getestet

Sämtliche Komponenten werden mit den Werkseinstellungen der Hersteller getestet. Übertaktungen oder sonstige Modifizierungen, die Änderungen an der Geschwindigkeit, der Leistungsaufnahme und damit der Temperaturentwicklung zur Folge haben, wurden nicht durchgeführt.

Als Hardware abseits der Gehäuse wurde das Grafikkarten-Testsystem (Details zur Hardware) verwendet. Als Grafikkarte ist die Asus GeForce RTX 3090 Ti TUF OC zum Einsatz gekommen. Als BIOS wurde die alternative Quiet-Einstellung ausgewählt, die abseits einer weniger aggressiven Lüftersteuerung identisch mit dem Performance-BIOS ist. Die maximale Leistungsaufnahme wird im BIOS auf 450 Watt limitiert, in der Praxis benötigt der 3D-Beschleuniger knapp 465 Watt.

Lüfterdrehzahlen bei den Testszenarien
Silent-Modus Ausgeglichen-Modus Performance-Modus
be quiet! Silent Base 802 140-mm-Lüfter: 600 rpm 140-mm-Lüfter: 900 rpm 140-mm-Lüfter: 1.100 rpm
Fractal Design Torrent 140-mm-Lüfter: 600 rpm
180-mm-Lüfter: 350 rpm
140-mm-Lüfter: 900 rpm
180-mm-Lüfter: 550 rpm
140-mm-Lüfter: 1.200 rpm
180-mm-Lüfter: 750 rpm
Phanteks Enthoo Evolv X 140-mm-Lüfter: 600 rpm 140-mm-Lüfter: 900 rpm 140-mm-Lüfter: 1.200 rpm

Als Testspiel dient Doom Eternal mit einer Auflösung von 3.840 × 2.160 bei maximalen Grafikdetails ohne Raytracing. Das belastet die GPU maximal, während der Prozessor nur wenig Arbeit verrichten muss. Die Lastphase beträgt ununterbrochen eine Stunde, sämtliche Hardware-Parameter werden während der gesamten Zeit sekündlich protokolliert.

Die Konfiguration des be quiet! Silent Base 802

Das Silent Base 802 in 3. Generation ist das be-quiet!-Topmodell der Midi-Tower-Klasse und wechselt in der getesteten Version als weißes, schallgedämmtes Gehäuse ohne Seitenfenster ab 150 Euro den Besitzer. Vorgestellt wurde es Ende 2020.

Das Gehäuse hat dabei eine Besonderheit: Ab Werk wird es in einer Silent-Konfiguration ausgeliefert, in der das Topcover und das Frontpanel schallgedämmt sind. Mitgeliefert werden beide Elemente jedoch auch in einer Mesh-Version, die einen besseren Luftzug liefern soll. Im Artikel wurden beide Varianten getestet.

Das Gehäuse kommt mit drei vorinstallierten 140-mm-Lüftern der Pure-Wings-Serie daher. Einer bläst die warme Luft hinten aus dem Gehäuse heraus, zwei saugen Frischluft dagegen vorne ins Gehäuse hinein – eine klassische und oft genutzte Konfiguration. Die Ventilatoren werden mit drei verschiedenen Geschwindigkeiten betrieben. Als Silent-Konfiguration laufen alle Lüfter mit 600 Umdrehungen in der Minute, als Performance-Konfiguration mit den maximalen 1.100 Umdrehungen und als ausbalancierte Variante mit 900 Umdrehungen.

Das Testsystem im be quiet! Silent Base 802
Das Testsystem im be quiet! Silent Base 802

Die Konfiguration des Fractal Design Torrent

Beim Fractal Design Torrent handelt es sich um eine aktuelle Neuentwicklung von August 2021, bei der das Thema „Airflow“ ganz oben auf der Agenda stand – und das merkt man dem Endprodukt durchweg an. Im Test wurde die Top-Variante mitsamt RGB-Streifen, RGB-Lüfter und Glasfenster auf beiden Seiten genutzt, die ab 240 Euro lieferbar ist. Eine baugleiche Variante ohne RGB und ohne Glasseiten kostet mit 190 Euro ein gutes Stück weniger.

Da das Fractal Design Torrent auf einen maximalen Luftzug optimiert worden ist, wundert es nicht, dass auf ein Mesh-Konzept gesetzt wird. Nicht nur die Rückseite ist „durchlöchert“, dasselbe gilt für die Front und auch den Boden. Letzterer spielt dabei eine entscheidende Rolle, denn unter anderem dort saugt das Torrent durch Lüfter Frischluft ein. Unterstützt wird dies dadurch, dass das Gehäuse auf ungewöhnlich hohen Beinen steht. Erwähnenswert ist zudem, dass das Netzteil nicht unten installiert wird, sondern wie in alten Gehäusen wieder nach oben gewandert ist. Somit will Fractal Design den Einfluss des Netzteils auf die Grafikkarte und damit die wärmste Quelle in einem Spiele-PC minimieren. Darüber hinaus kann der Gehäuseboden viel besser für den Wärmetransport genutzt werden.

Das Testsystem im Fractal Design Torrent
Das Testsystem im Fractal Design Torrent

Neben dem Kühlkonzept spielen auch die Lüfter eine wichtige Rolle. Fractal Design liefert gleich fünf Exemplare mit aus. Drei im Durchmesser 140 mm große Ventilatoren (Prisma AL-14 PWM bei der RGB- oder Dynamic GP-14 PWM bei der normalen Version) saugen vom Boden her Frischluft an. Doch damit noch nicht genug: An der Front sind zwei Lüfter mit einem großen Durchmesser von 180 mm platziert, die zudem mit 38 mm sehr breit sind (Prisma AL-18 bei der RGB- oder Dynamic GP-18 bei der normalen Version). Sie saugen ebenso frische Luft ins Gehäuse hinein. Einen Ventilator, der die erwärmte Luft wieder hinausbläst, sucht man dagegen vergeblich.

Als Silent-Konfiguration laufen die 140-mm-Lüfter im Test mit einer Drehzahl von 600, während die 180-mm-Lüfter mit 350 Umdrehungen pro Minute rotieren. Als Performance-Modus hat sich die Redaktion für 1.200 respektive 750 Umdrehungen entschieden, wobei beide Lüftermodelle auch noch höher drehen können. Bei der mittleren Drehzahl liegen 900 und 550 rpm an.

Die Konfiguration des Phanteks Enthoo Evolv X

Das Grafikkarten-Testsystem setzt auf das Phanteks Enthoo Evolv X, das bereits im Jahr 2017 erschienen ist und sich damals einer großen Beliebtheit erfreute. Auch nach fünf Jahren gibt es das Gehäuse aber noch in verschiedenen Varianten im Handel – ab 209 Euro ist es lieferbar.

Das Enthoo Evolv X ist in Sachen Optik, Haptik und Materialqualität den beiden anderen Probanden klar überlegen, Plastik sucht man abseits des Innenlebens zum Beispiel vergebens. Und wer die RGB-Version gekauft hat, bekommt auch eine optisch hübsche Lichtshow geboten – das Enthoo Evolv X bietet viel fürs Auge.

Das Testsystem im Phanteks Enthoo Evolv X
Das Testsystem im Phanteks Enthoo Evolv X

Das Innenleben überzeugt ebenfalls. Dazu zählt auch die Lüfteraustattung, wobei Phanteks denselben Weg wie be quiet! geht. Zwei 140-mm-Ventilatoren an der Front saugen entsprechend Frischluft ins Gehäuse hinein und ein 140-mm-Exemplar bläst die erwärmte Luft hinten dann wieder hinaus. Im Testsystem wurden die Phanteks-Lüfter bereits vor langer Zeit durch Modelle von Noctua ausgetauscht, was bei gleicher Drehzahl aber nur einen minimalen Effekt haben wird (NF-A14 FLX an der Front und NF-A14 industrialPPC-2000 am Heck).

Bei den Drehzahlen liegen beim Phanteks Enthoo Evolv X im Testszenario „Silent“ 600 Umdrehungen pro Minute an, im Performance-Szenario sind es 1.200 Umdrehungen. Beim ausbalancierten Szenario nutzt die Redaktion 900 Umdrehungen.