Lootboxen: Verbraucherschutz in Norwegen will Regulierung
Die Verbraucherschutzbehörde in Norwegen fordert am Ende einer fast 60 Seiten langen Untersuchung, Lootboxen zu regulieren. Als Beispiele für das Gefahrenpotential dieser Art Mikrotransaktion werden FIFA 22 und das Free-to-play-Spiel Raid: Shadow Legends betrachtet. Organisationen aus 18 weiteren Ländern schließen sich dem an.
Unter dem Titel „Insert Coin“ legt der Bericht (PDF) zunächst dar, welche Rolle Mikrotransaktionen mittlerweile für die Branche spielen. Anschließend werden Methoden dargelegt, durch die Lootboxen Konsumenten übervorteilen. Aufgezählt werden ein irreführendes Design, das auf psychologische Manipulation setzt, unklare Algorithmen zur Gewinnverteilung und möglicher Personalisierung auf das Nutzerverhalten um Käufe zu maximieren, aggressives Marketing und Ingame-Währungen die den Preis der Kisten effektiv verschleiern.
Diese Punkte sind im Grunde bekannt, sie wurden in früheren Untersuchungen bereits dargelegt. In zwei Punkten geht die Untersuchung aus Norwegen aber über Arbeiten etwa aus Belgien hinaus. Als weiteren Gefahrenpunkt nennt die Behörde die hohen realen Kosten in Spielen. Um Spaß zu haben, müsse in vielen Spielen Geld investiert werden, da das kostenlose Spiel selbst in Vollpreistiteln in Grind, also Arbeit ausarte und gezielt unattraktiv gemacht werde. Dies geschehe aber erst nach den ersten paar Stunden, in denen das Spiel überhaupt schmackhaft gemacht wird. Dadurch falle es Spielern schwer, die bereits investierte Zeit abzuschreiben, „logischer“ sei es deshalb, Geld zu investieren.
Ein weiterer kritischer Punkt betrifft die Rahmenbedingungen der Käufe. Konsumenten könnten jederzeit den Zugriff auf gekaufte Inhalte verlieren. Dies, so legt der Bericht dar, ist dann der Fall, wenn Server abgeschaltet werden oder der Anbieter ohne Erklärung Konten sperrt. Klauseln in den Nutzungsbestimmungen erlauben es Anbietern, „den Geltungsbereich des Vertrages einseitig ohne nachvollziehbare Gründe zu ändern“. Dies würde potentiell fairen Geschäftspraktiken „in mehr als einem Rechtssystem“ widersprechen.
Die systematische Übervorteilung betrifft laut den Darlegungen auch Transparenzbemühungen. Das Offenlegen von Gewinnchancen habe keinerlei Effekt: Konsumenten würden Angaben und Bedeutung kaum verstehen. Eine Gewinnchance von einem Prozent bedeute nicht, dass bei 100 Öffnungen garantiert das Gewünschte erhalten wird, im Gegenteil seien „hunderte“ Öffnungen dafür nötig. Darüber hinaus würden die Angaben verschleiern, dass Chancen dynamisch bestimmt würden. Wie die Algorithmen arbeiten, sei jedoch nicht ausgewiesen.
Mehr Regulierung als Konsequenz
Gefordert wird deshalb ein Verbot von irreführendem Design und Ingame-Währungen. Spiele, die Minderjährigen zugänglich sind, sollen zudem keine Lootboxen, andere zufällig ausgewählte Inhalte für Geld oder gar Pay-to-Win-Mechaniken enthalten dürfen. Diese Altersgruppe könne sich nicht zur Wehr setzen. Darüber hinaus müsse echte Transparenz hergestellt werden, indem Forscher und Behörden Zugriff auf Algorithmen und Datensätze erhalten. Wenn Algorithmen zur Entscheidungsfindung genutzt werden, heißt es im Fazit, müsse der Kunde darüber informiert werden. Ihm müsse in verständlicher Sprache erläutert werden, was der Algorithmus erreichen solle und welche Faktoren er dazu benutze. Zudem wird eine Opt-Out-Funktion gefordert.
Als ultima ratio wird zudem ein Verbot der Lootboxen ins Spiel gebracht. Denn, das stellt das Fazit klar, die Kombination der Mechanismen und Methoden rund um die Boxen ist „zu mächtig um durch Aufklärung der Verbraucher oder erhöhte Transparenz die Schäden dieser Praktiken zu negieren“.