TSMC Symposium 2022: Too big to fail
Die europäische Ausgabe des TSMC Symposium 2022 gab diese Woche spannende Einblicke in die Chip-Industrie. ComputerBase war vor Ort und erlebte einen extrem entspannten CEO, der um die aktuelle Stellung des Unternehmens in der Welt weiß. Neben dem CEO von NXP kam auch der VW-Chef nach Amsterdam, der bisher gar kein Kunde ist.
C. C. Wei, der CEO von TSMC, sonnte sich sichtbar im Erfolg seines Unternehmens bei der europäischen Ausgabe des TSMC Symposium 2022. Er hat auch allen Grund dazu: Kannte den Auftragsfertiger vor einigen Jahren nur die Branche, ist er nun doch deutlich bekannter geworden und Macht und Einfluss parallel weiter gestiegen – ohne TSMC geht heute in einigen Bereichen kaum noch etwas.
Von 258 auf 70.000 Angestellte
Einige Zahlen machen das deutlich: Vor 35 Jahren, im Jahr 1987, waren es 258 Mitarbeiter, die 28 Produkte in drei Technologien ermöglichten. Zehn Jahre später 5.600 Angestellte und 915 Produkte in 20 Technologien. Rund 70.000 Angestellte sind es laut CEO bis Mitte dieses Jahres, das Unternehmen hat über 12.000 Produkte in 300 verschiedenen Technologien hervorgebracht. 15 Millionen 300-mm-Wafer hat TSMC letztes Jahr belichtet und damit Chips für unzählige Märkte ermöglicht. Auf Nordamerika entfallen dabei im letzten Jahr 7 Millionen Wafer und über 5.500 Produkte, Europa kommt hingegen nur auf 1,8 Millionen Wafer und 1.205 Produkte. Auch bei Tape-outs für Neuheiten steht Europa mit 168 zu mehr als 700 deutlich im Schatten.
Auch in Zukunft „Die Foundry für jeden“
Wei wiederholte TSMCs bekanntes Motto: „Everyones foundry“. Das will die Firma auch heute noch sein. Insbesondere Startups hob der Hersteller hervor, über 1.000 hat TSMC in den letzten Jahren bedient. Dabei wollen einige nur einen einzigen Wafer für erste Testläufe, erklärte TSMCs CEO, aber selbst sie bediene man, denn es könnte sich stets doch auch ein Folgeauftrag entwickeln. Solchen Startups versuche man allerdings doch dann direkt mindestens drei Wafer zu verkaufen, witzele Wei ein wenig, denn letztlich ist das Unternehmen auch darauf aus: Technologie bringt Geld, was wiederum investiert wird – für neue Technologien.
Apropos Investieren: Das Thema CaPEX stand natürlich im Interesse der Anwesenden. Bei seiner Übernahme als CEO im Jahr 2018 betrugen die Investitionen 10 Milliarden US-Dollar und wuchsen daraufhin kontinuierlich auf geplante 40 bis 44 Milliarden US-Dollar in diesem Jahr an. Und im nächsten Jahr? „Ich sage nicht 50 Milliarden“, scherzte TSMCs CEO erneut. „Wenn Sie das schreiben, werden wir es als Gerüchte abhaken.“ Die Wahrheit wird zum Ende des Jahres deutlich werden, doch das Ziel ist klar: Weniger dürfte es erst einmal nicht werden, denn eine Abkühlung sieht der Hersteller nicht.
Erstmals massiver Ausbau älterer Fertigungstechnologien
Denn die Planung in den Jahren zuvor hat auch gezeigt, dass man sich in einigen Bereichen richtig verschätzt hat. Dabei geht es vor allem um die „Mature Nodes“, also jene älteren, aber ausgereiften Fertigungstechnologien, die noch heute die Basis selbst für modernste Geräte sind. Und hier steht wie auch in vielen Bereichen nun nicht mehr nur die Leistung im Fokus, sondern vor allem der Energiebedarf.
Erstmals wird TSMC deshalb die Kapazität für alte Nodes ausbauen – ComputerBase berichtet darüber regelmäßig. Aktuell sitzt die Industrie in vielen Bereichen zwar bei 55 und 65 nm, doch bis die neu geplanten und aktuell im Bau befindlichen Werke online gehen, vergehen bis zu drei Jahre. Hier glaubt TSMC, dass sie dann alle mit der Zeit auf 28 nm gewechselt sind oder eben mit einem kleinen zusätzlichen Schub in die Richtung wechseln müssen.
Was TSMC hierbei in die Karten spielt: Nach der Einführung im Jahr 2011 wurde der Prozess in den Jahren darauf stets günstiger, auch für Kunden. Seit dem letzten Jahr gehen die Preise aber wieder nach oben – und zwar markant. Mit dem dann indirekten Zwang, dass Großkunden in drei Jahren auch dahin wechseln könnten, sieht TSMC keine Probleme, die Werke über Jahre auszulasten.
Zu den auszubauenden Werken zählt Fab 14 Phase 8 in Tainan, Taiwan – jede Phase steht bei TSMC quasi für ein neues Werk, das zu dem Gesamtkomplex zählt. Fab 16 in China bekommt die Erweiterung P1B. Die neue Fab 22 in Kaohsiung wird in Phase 2 auch für die „Speciality Processes“ und N28 gedacht sein, genauso wie das Joint Venture mit Sony in Japan, die neue Fab 23, die zuletzt schon vor dem Baustart aufgewertet wurde und nun von 28 nm bis hinab zu 12 nm produzieren kann. Insgesamt baut TSMC die Kapazität der „Mature Nodes“ in den kommenden Jahren bis 2025 um knapp 50 Prozent aus.
Die Frage „Fab in Europa?“ ist kompliziert
Obligatorisch schloss sich an die Rede über neue Fabriken die Frage nach einer Fab in Europa aus dem Publikum an. Darauf war TSMC bei seinem Event in einer der Metropolen Europas natürlich vorbereitet. Am Ende steht jedoch, was TSMCs Chairman Mark Lui kürzlich sagte: Es gibt noch keine Entscheidung über eine Fabrik in Europa. Kevin Zhang von der Abteilung Business-Development erklärte auf Nachfrage in Amsterdam, dass man einfach viel mehr im Blick habe und haben muss, als vielen bewusst sei. Es ist eine gesamtökonomische Frage – hinsichtlich Konfiguration, aber auch Flexibilität für die Zukunft und vielem mehr. Hinzu kommt, dass es mit einer Fab allein kaum getan ist: Nur die Wafer in der EU zu belichten, um sie dann alle nach Asien zum Packaging zu schicken, sei nicht zielführend, erklärte Zhang. Dann könne die Fab gleich irgendwo in der Nähe bleiben. Letztlich tanzt TSMC in diesem Punkt noch um den heißen Brei herum – ein Gegenwort gegen den Chairman lieferte der CEO nicht.
Volkswagen-CEO Diess war auch vor Ort
In Europa sind es unter anderem die Autohersteller, die nun mit den Hufen scharren, da sie nicht genügend Chips bekommen. Doch das ist zum Teil schlicht das Resultat falscher Planungen, das wurde in den letzten zwei Jahren überaus deutlich. Volkswagen gehört da zweifelsohne auch dazu – sie haben zuletzt so einige Trends verpasst, wenngleich Herbert Diess, der Vorstandsvorsitzende der Volkswagen AG, das im Rahmen eines Events nie offiziell so sagen würde. Interessanterweise war er trotzdem da, obwohl VW nicht einmal zu den Kunden von TSMC zählt – sie wollen es aber wohl schnellstens werden. Er erklärte immerhin, dass zwei Produktzyklen in der Autoindustrie rund 15 Jahre in Anspruch nehmen. Die Beschleunigung in den letzten Jahren hat sie also sprichwörtlich „überfahren“ – auch das sagte er natürlich nicht in dieser Form.
Der NXP-CEO Kurt Sievers wiederum zeigte sich als Stammkunde von TSMC sehr zufrieden. 16-nm-Produkte laufen bereits problemlos dort vom Band, bald gibt es N5-Chips für ihre Produkte. Dabei geht es um leistungsfähige und zugleich stromsparende Chips unter anderem für Radarlösungen in den immer intelligenter werdenden Autos. Die gesamte S32-Plattform wird in Zukunft noch weiter ausgebaut.