Vertrieb und Monetarisierung: Unity kauft ehemaligen Malware-Anbieter IronSource
Unity Technologies, das Unternehmen hinter der gleichnamigen Videospiel-Engine Unity, kündigt die Übernahme des Marketing- und Monetarisierungsspezialisten sowie ehemaligen Malware-Entwicklers IronSource an. Ziel ist die Etablierung einer All-in-One-Lösung für Entwickler. Diese üben reichlich Kritik an der Transaktion.
Unity Technologies vollzieht Neuausrichtung
Unity war erst vor rund zwei Wochen Gegenstand der Berichterstattung, als im Zuge einer „Neuausrichtung von Ressourcen“ rund 4 Prozent der Belegschaft entlassen wurden. Diese Neuausrichtung wird nun offenbar weiter vorangetrieben. Mit dem laut Wall Street Journal rund 4,4 Milliarden US-Dollar schweren Kauf über Aktienoptionen sollen insgesamt 73,5 Prozent der Anteile von IronSource in den Besitz von Unity wechseln; die übrigen Wertpapiere verbleiben bei den bisherigen Anteilseignern von IronSource. Die beiden Entwickler gehen von einem Abschluss der Übernahme im Laufe des 4. Quartals 2022 aus, es handelt sich um die größte Akquisition in Unitys Firmengeschichte. Der bisherige CEO des israelischen Unternehmens, Tomer Bar-Zeev, soll fortan der Unity-Führungsebene angehören.
Monetarisierung als neues Kernthema
Als Ziel und Kontext der Übernahme kommuniziert der Engine-Entwickler, die Möglichkeiten der Werbevermarktung von in Unity programmierten Spielen zu verbessern. IronSource bringt überdies zahlreiche Analysewerkzeuge für Apps mit, von denen sich Unity eine Optimierung der Monetarisierung von noch in der Entwicklung steckenden oder bereits veröffentlichten Unity-Projekten verspricht. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf Mobile Games. Unity will in diesem Segment in Zukunft eine All-in-One-Lösung für die Entwicklung, die Vermarktung sowie den Vertrieb und die In-Game-Monetarisierung von Videospielen bieten.
Unity announced today that it has entered into an agreement to merge with ironSource, harnessing the company's tools, platform, technology, and talent to form an end-to-end platform that enables creators to more easily create, publish, run, monetize, and grow live games and RT3D content seamlessly.
Unity
John Riccitiello, derzeitiger CEO von Unity Technologies und unter anderem ehemaliger CEO von Electronic Arts, geht mit einer spitzen Formulierung gegenüber PocketGamer noch einen Schritt weiter: Entwickler, die sich nicht systematisch um die Optimierung ihrer Verkaufsstrategie bemühten, seien zwar häufig brillant, aber ebenso naiv und idiotisch. Dass derartig provokative Ansätze obschon ihres offensichtlichen Nährbodens für Kontroversen Erfolg haben können, bewies das zuletzt erschienene Diablo Immortal mit auf Maximalgewinn optimierten Mikrotransaktionen erneut.
It’s a very small portion of the gaming industry that works that way, and some of these people are my favourite people in the world to fight with—they’re the most beautiful and pure, brilliant people. They’re also some of the biggest fucking idiots.
John Riccitiello, CEO von Unity
Unity-Entwickler zeigen Unverständnis
Bei Spieleentwicklern und auch einigen Spielern sorgen die Übernahme sowie derartige Äußerungen indes für reichlich Kritik, wie PCGamer herausgearbeitet hat. Insbesondere Unity-Entwickler zeigen sich empört, beispielsweise auf Twitter. Wer bei Videospielen als Erstes an die die In-Game-Monetarisierung denke, so heißt es, habe einerseits nicht verstanden, worum es bei dem Medium eigentlich geht, und sei andererseits dazu verdammt, schlechte Spiele zu entwickeln.
IronSource hat eine Malware-Vergangenheit
Die zur Akquisition geäußerte Unverständnis rührt allerdings auch der Vergangenheit des übernommenen Unternehmens her: Vor rund 10 Jahren war IronForce als Entwickler von Malware bekannt, darunter der Adware-Installer InstallCore oder Spyware zum Profiling betroffener Nutzer. Auch heimlich installierte, zunächst unauffällige Browsererweiterungen zur werbegerichteten Manipulation des Browsers hatte IronSource im Angebot. Im Herbst 2015 erfolgten schließlich ein Zusammenschluss mit Supersonic, dem Entwickler einer In-App-Vertriebsplattform und der damit einhergehende Fokus auf Apps und Videospiele. Erst Anfang 2022 wurde mit Tapjoy ein Spezialist zur Monetarisierung letzterer aufgekauft.
Die Redaktion bedankt sich bei den Lesern für zahlreiche Hinweise zu diesem Artikel.