Wächter-Modus: Verbraucherzentrale verklagt Tesla

Nicolas La Rocco
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Wächter-Modus: Verbraucherzentrale verklagt Tesla
Bild: Tesla

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat beim Landgericht Berlin Klage gegen Tesla erhoben. Die Verbraucherzentrale bemängelt den angeblich nicht datenschutzkonformen Wächter-Modus von Tesla, der verdächtige Aktivitäten rund um das Auto erfassen soll. Zudem seien die Werbeaussagen von Tesla zur CO2-Ersparnis irreführend.

Der Wächter-Modus (Sentry im Englischen) soll verdächtige Aktivitäten rund um das Fahrzeug erfassen, wenn dieses an bestimmten Orten geparkt und abgeschlossen wird. Wie Tesla erklärt, könne das System verdächtige Bewegungen erkennen und entsprechend der Schwere der Bedrohung reagieren. Bei einer „erhebliche Bedrohung“ beginnen die Kameras mit der Aufzeichnung und die Alarmanlage wird aktiviert. Gleichzeitig erhalten Nutzer in ihrer Tesla-App eine Benachrichtigung über den Vorfall.

Datenschutzkonforme Nutzung unmöglich

Eine datenschutzkonforme Nutzung des Wächter-Modus' sei praktisch unmöglich, sagte Heiko Dünkel, Leiter Team Rechtsdurchsetzung beim vzbv. „Nutzer:innen müssten von Passant:innen, die zufällig am Auto vorbeilaufen, Einwilligungen für die Verarbeitung personenbezogener Daten einholen. Wer die Funktion nutzt, verstößt daher gegen das Datenschutzrecht und riskiert ein Bußgeld.“ Die Verbraucherzentrale hatte Tesla diesbezüglich bereits im Dezember 2021 abgemahnt, nunmehr wurde Klage beim Landgericht Berlin eingereicht.

Verarbeitung personenbezogener Daten

Die Verbraucherzentrale bemängelt, dass bei aktiviertem Wächter-Modus mehrere am Fahrzeug angebrachte Kameras die Umgebung permanent aufzeichnen würden, was in der Regel auch unbeteiligte Passanten betreffe. Weil diese Aufnahmen in bestimmten Fällen auch im Fahrzeug gespeichert werden, handele es sich um eine Verarbeitung personenbezogener Daten, die der Datenschutzgrundverordnung unterliegen, argumentiert die Verbraucherzentrale. Die anlasslose Aufzeichnung des Geschehens im Fahrzeugumfeld sei zudem unzulässig, erklären die Verbraucherschützer. Eine rechtskonforme Nutzung des Wächter-Modus' im öffentlichen Raum sei nicht möglich.

Tesla verweist auf Vorschriften

Im Support-Bereich von Tesla heißt es zum Wächter-Modus: „Hinweis: Es liegt in Ihrer alleinigen Verantwortung, alle örtlichen Vorschriften und Eigentumsbeschränkungen hinsichtlich der Verwendung von Kameras zu beachten und einzuhalten.

Angeblich Lücken bei Zulassungsverfahren

Dass es „trotz massiver Datenschutzmängel“ zur Zulassung des Wächter-Modus' in Deutschland gekommen sei, begründet Marion Jungbluth, Leiterin Team Mobilität und Reisen des vzbv, mit „Lücken bei den Zulassungsverfahren für automatisierte Fahrfunktionen“. In Deutschland müsse die Zusammenarbeit zwischen Kraftfahrtbundesamt und den Bundesdatenschutzbeauftragten gestärkt werden, sagte Jungbluth.

Irreführende Aussagen zur CO2-Ersparnis

Der Verbraucherzentrale Bundesverband verklagt Tesla allerdings auch aufgrund angeblich irreführender Aussagen zur CO2-Ersparnis beim Kauf eines neuen Fahrzeugs. Bemängelt werden mehrere Werbeaussagen des Unternehmens, darunter etwa beim Model 3 der beworbene CO2-Ausstoß von „0 g/km“ oder Werbung wie „Tesla steht für eine Mission: Die Beschleunigung des Übergangs zu nachhaltiger Energie“ und die Aussage „Das Tesla-Credo: Je schneller wir unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen überwinden und eine emissionsfreie Zukunft verwirklichen desto besser“.

Tesla verdient an Emissionsrechten

Aussagen wie diese würden nach Auffassung der Verbraucherzentrale dazu führen, dass Verbraucher davon ausgehen, dass durch die Anschaffung eines Tesla der CO2-Ausstoß durch Pkw insgesamt verringert werde. Tatsächlich verdiene Tesla aber daran, dass andere Hersteller das von Tesla gesparte CO2 zusätzlich ausstoßen dürfen. Das Unternehmen habe nach eigenen Angaben im Jahr 2020 durch den Verkauf von „Emission Credits“ 1,6 Milliarden US-Dollar verdient. Mit diesen Emissionsrechten wird anderen Herstellern ermöglicht, die für ihre Flotte geltenden Grenzwerte zu überschreiten.

Über den Verkauf dieser Emissionsrechte informiere das Unternehmen vor der Bestellung des Fahrzeugs allerdings nur auf Seite 30 des in Englisch verfassten Umweltverträglichkeitsberichts, der auf der Internetseite heruntergeladen werden könne.

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