Nokia-Patente: Smartphone-Verkauf von Oppo und OnePlus gestoppt
Nach einem Gerichtsurteil des Landgerichts München 1 am Freitag, das zuvor in einer Patentklage zugunsten von Nokia entschied, mussten Oppo und OnePlus den Verkauf der eigenen Smartphones in Deutschland einstellen. Auch Vivo, das ebenfalls zum Mutterkonzern BBK Electronics gehört, könnte dies noch drohen.
Nokia setzt Verkaufsverbot durch
Oppo und OnePlus ist es nicht mehr gestattet, die eigenen Smartphones selbst zu verkaufen oder zu bewerben, weshalb auf der Website von Oppo die Smartphones kurzerhand gar nicht mehr erwähnt werden und bei OnePlus zumindest nicht mehr im Online-Store gelistet sind, in dem nun nur noch andere Geräte wie Kopfhörer erhältlich sind. Vertrieb und Marketing werden in Deutschland zunächst eingestellt, vom deutschen Markt möchte sich Oppo aber nicht zurückziehen, so das Unternehmen gegenüber ComputerBase.
Wie die Zukunft in Deutschland für beide Marken aussieht, ist dennoch ungewiss. Derzeit sind die Smartphones beider Hersteller im Handel noch breit verfügbar, daran muss sich nach derzeitigem Kenntnisstand auch nicht sofort etwas ändern. Solange der Handel noch Smartphones von Oppo und OnePlus in den Lagern hat, kann er sie noch verkaufen. Ob der Handel dies jedoch tun wird, ist derzeit noch nicht ganz klar. Um nicht selbst ins Schussfeld zu geraten und sich einer Klage von Nokia ausgesetzt zu sehen, könnten Händler die Smartphones als Vorsichtsmaßnahme ebenfalls aus dem Verkauf nehmen. Wie sich dies entwickeln wird und die Händler reagieren werden, werden erst die nächsten Tage zeigen.
Keine externen Experten vor Urteil?
Es gibt aber durchaus auch Kritik an den Urteilen der Gerichte in Deutschland, die zum Verkaufsverbot geführt und Nokia Recht gegeben hatten, wie Foss Patents darlegt. Denn so habe es sowohl das Landgericht München 1 als auch das Landgericht Mannheim versäumt, einen Wirtschaftsexperten einzuschalten, um zu bewerten, ob das FRAND-Prinzip durch Nokia eingehalten werde. Stattdessen wurden die Urteile rein aufgrund der Schilderungen von Nokia gefällt, wonach Oppo sich trotz FRAND weigere, die Lizenzzahlungen zu tätigen. Das sogenannte FRAND-Prinzip verpflichtet die Inhaber von Standardpatenten, diese zu fairen und diskriminierungsfreien Konditionen anzubieten, was zu weniger Konflikten und mehr Wettbewerb führen soll.
OnePlus kritisiert in einer Erklärung gegenüber ComputerBase auch, dass die von Nokia geforderten Lizenzgebühren zu hoch seien – von 2,50 Euro pro Smartphone war zuletzt die Rede.
OnePlus diligently complies with the laws and regulations in all markets where we operate. As a leading technology brand, we recognize the importance of intellectual property in driving innovation and highly value fair access to essential patents. Nokia’s demand for an unreasonably high fee is detrimental to this effect.
We are actively working with the relevant parties to resolve the ongoing legal matter. While sales and marketing of the relevant products are on hold, OnePlus remains committed to the German market and will continue our operations. Meanwhile, OnePlus users in Germany can continue to enjoy our products and related services such as regular software updates and our after-sales service as before.
Erklärung von OnePlus gegenüber ComputerBase
Oppo äußert sich in einem Statement sehr ähnlich und kritisiert das Vorgehen von Nokia und die Höhe der geforderten Lizenzgebühren.
Als Inhaber vieler 5G-Patente respektiert OPPO den Wert des geistigen Eigentums bei Innovationen in besonders hohem Maß. Wir haben in der Vergangenheit Cross-Licensing-Vereinbarungen mit vielen führenden Unternehmen abgeschlossen und setzen uns für die Förderung eines gesunden Ökosystems für geistiges Eigentum ein. Am Tag nach dem Auslaufen des 4G-Vertrags zwischen OPPO und Nokia ist Nokia sofort vor Gericht gegangen. Zuvor haben sie eine unangemessen hohe Vertragsverlängerungsgebühr gefordert.
Unser langfristiges Engagement auf dem deutschen Markt bleibt unverändert und wir arbeiten proaktiv mit den relevanten Parteien zusammen, um die laufende Angelegenheit zu klären. Abgesehen davon, dass der Verkauf und die Vermarktung bestimmter Produkte über die offiziellen Kanäle von OPPO Deutschland ausgesetzt wurde, wird OPPO den Betrieb in Deutschland weiterführen. In der Zwischenzeit können die Nutzer weiterhin OPPO-Produkte nutzen, unseren Kundendienst in Anspruch nehmen und zukünftige Betriebssystem-Updates erhalten.
Erklärung von Oppo gegenüber ComputerBase
Weiterhin Support und Updates in Deutschland
Oppo versichert indes, dass alle bereits erworbenen Smartphones weiterhin uneingeschränkt genutzt werden können und weiterhin Support angeboten werden wird. Ebenso sollen Softwareupdates auch in Deutschland wie bisher bereitgestellt werden.
Es geht um viele Marktanteile
Oppo und OnePlus haben zusammen einen Marktanteil von 12 bis 13 Prozent auf dem deutschen Markt – rund 10 Prozent entfallen auf Oppo, 2 bis 3 Prozent auf OnePlus. Für Oppo beträgt der Umsatzanteil Deutschlands aber wiederum nur rund 1 Prozent. Sollten gegen weitere Marken wie Vivo, die selbst wiederum einen Marktanteil von fast 10 Prozent in Deutschland halten, auch noch ein Verkaufsstopp verhängt werden, der längerfristig anhält, verschieben sich die Marktanteile in Deutschland somit deutlich – und dem Kunden steht gerade im Einsteigerbereich weniger Auswahl zu dann möglicherweise höheren Preisen zur Auswahl.
Einigung mit Nokia für Verkauf unausweichlich
Neben der noch laufenden Gegenklage von Oppo, die noch einige Zeit bis zu einem Urteil in Anspruch nehmen wird, liegt der einzige Ausweg für einen Wiedereinstieg in den deutschen Markt für Oppo und OnePlus nun aber in einer Einigung mit Nokia, die bislang nicht erzielt wurde. Konkrete Aussagen, wie weit Gespräche vorangeschritten sind und ob eine baldige Einigung in Sicht ist, hat noch kein Hersteller getätigt.
Klage in weiteren europäischen Ländern
Mit dem Urteil in Deutschland ist es aber noch nicht getan, denn Nokia klagt auch in anderen europäischen Ländern gegen Oppo. Auch in Finnland, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, Spanien und Schweden könnte das Unternehmen ein Verkaufsverbot gegen Oppo-Smartphones erzwingen, so dass der Hersteller vor die Entscheidung gestellt werden könnte, sein Europa-Geschäft aufzugeben oder Lizenzgebühren an Nokia zu zahlen.