The Wandering Village: Aufbauspiel lässt Dorf auf wandelnder Kreatur errichten
Ein Dorf auf dem Rücken einer wandelnden Kreatur erinnert an die Schildkröten aus Avatar, die Welt ist von Nausicaä aus dem Tal der Winde und Prinzessin Mononoke inspiriert, dem Spieler bleibt die Wahl zwischen Symbiose und parasitärem Vorgehen und das Gameplay bietet Parallelen zu Frostpunk – dieses Spiel klingt interessant.
Angekündigt wurde The Wandering Village bereits in 2020. Seitdem kamen in einer Kickstarter-Kampagne mit rund 6.500 Unterstützern über 150.000 Euro zusammen. Nun soll das Spiel im September 2022 auf Steam im Early Access starten, sowohl für Windows und macOS als auch Linux. Auch ein Xbox-Release ist geplant. Auf der Gamescom 2022 hatte ComputerBase die Gelegenheit, mit den Entwicklern von Stray Fawn Studio zu sprechen und sich eine aktuelle Version von The Wandering Village anzusehen. Zuvor zeichneten die Schweizer für Niche und Nimbatus verantwortlich.
Ein Dorf auf dem Rücken einer wandelnden Kreatur
Eine riesige Kreatur stapft beschwerlich durch einst lebendige Dschungel und lebensfeindliche Wüsten. Wie im Manga und Anime um Nausicaä wird die von einer Prise Postapokalypse gezeichnete Welt von toxischen Pflanzen und Pilzen bedroht. Onbu, so heißt die gigantische Spezies, schlummert eigentlich friedlich und vergraben unter der Erde, läuft nun aber wahllos umher: Der Boden ist vergiftet. Auch die Menschen suchen Zuflucht und einen Ausweg – und finden beides auf Onbus Rücken. Fortan leben Tier und Dorf in Symbiose: Die Bewohner müssen die einfältige Kreatur mit Nahrung versorgen, wenn nötig heilen und von giftigen Pflanzen befreien, die sich immer wieder auf dem Plateau ausbreiten wollen.
Nicht immer aber überschneiden sich die Interessen – je weiter das Spiel voranschreitet, desto häufiger entstehen Situationen, in denen Spieler auf einer Gratwanderung entscheiden müssen, ob sie die Dorfbewohner oder aber die Kreatur bevorzugen. Ein frühes Beispiel sind vereinzelte Hörner, die auf dem Rücken aus der Erde ragen und Bauplatz beanspruchen. Sie lassen sich entfernen, aber das bereitet Onbu Schmerzen. Entscheiden sich Spieler für einen parasitären Weg, lässt sich später beispielsweise auch das lukrative Blut der Kreatur anzapfen und verwerten – ebenso ist es aber möglich, in Symbiose zu leben und eine freundschaftliche Beziehung anzustreben. Beide Strategien haben Vor- und Nachteile und Stray Fawn Studio wolle diesbezüglich nichts vorschreiben. Wenn Onbu aber dauerhaft schlecht behandelt und ausgebeutet wird, kann er letztlich sterben – und das Spiel endet jäh.
Klassische Aufbautugenden mit Roguelike-Kontext
Abseits dessen bietet The Wandering Village klassische Aufbaustrategie. Ein jeder Dorfbewohner verlangt nach einer Unterkunft und hat Bedürfnisse, die es zu erfüllen gilt. Zufriedene Dörfler arbeiten schneller und besser, beispielsweise auf Farmen, als Tischler oder an einem Trébuchet, um große Essenshappen in Onbus Rachen zu schleudern. Vorausschauendes Planen ist dabei wichtig: Transportwege sind zu beachten und Gebäude müssen mitunter an bestimmten Stellen auf dem Rücken platziert werden, wo die Erde fruchtbar oder der Kopf der Kreatur in Reichweite ist. Über einen Forschungsbaum lassen sich fortschrittliche Gebäude und neue Gameplay-Mechaniken freischalten. Eventuell soll es später auch unterirdische Bauten geben, verraten die Entwickler – das wird Onbu allerdings kaum gefallen.
Abseits des Giganten ist freies Bauen nicht möglich, wohl aber lassen sich Expeditionen aussenden oder Minen für seltene Rohstoffe errichten. Onbu wandelt zunächst wahllos auf den vorgegebenen Wegen einer prozedural generierten Spielwelt, die Biome wie Dschungel, Wüsten, Berge und Ruinen bietet. Wenn die Dorfbewohner Onbus Gunst gewonnen haben, können sie ihn allerdings auch steuern.
Derzeit ist Ziel einer Partie in The Wandering Village die bloße Highscore-Jagd mit Roguelike-Rahmen – optional im Hardcore-Modus ohne Speicherstände. Irgendwann soll es aber nach Wunsch der Entwickler auch eine Story geben, die sich darum drehen soll, wieso die Welt eigentlich vergiftet wird. Verschiedene Enden sollen je nachdem erreichbar sein, ob Spieler die Geschichte der Menschen, der riesigen Kreaturen oder der Spielwelt als solche in den Mittelpunkt stellen, so Stray Fawn Studio. Offen bleibt dann nur noch die Frage nach der Langzeitmotivation. Da Endlosspiele mit dem gegenwärtigen Highscore-Konzept unmöglich sind, müssen sich Spieler regelmäßig von ihrem Baufortschritt verabschieden. Abhilfe schafft lediglich ein Modus, indem Onbu nicht sterben kann.
Spiel erinnert an Frostpunk, ist aber doch erfrischend anders
Mit alldem erinnert The Wandering Village an Frostpunk von 11 Bit Studios, was die im Entwickler im Gespräch auch einräumten. In jedem Fall bietet die Prämisse mit Roguelike-Kontext ein interessantes Gegenstück zu klassischen Aufbauspielen mit festem Standort: Da Onbu und das Dorf dauerhaft in Bewegung sind, gibt es immer neue Aufgaben und Herausforderungen; es stellt sich keine allmählich langweilig werdende Routine ein. Damit einhergehend wird das Highscore-Spiel im Laufe der Zeit schwieriger und nicht etwa – wie im Aufbau-Genre üblich – leichter. Es gibt aber auch die Option, die Zeit zu verlangsamen oder anzuhalten, sodass im Stillstand penibel geplant und gebaut werden kann.
Besonderheiten schaffen aber nicht nur das Setting und die Kreatur, sondern auch die Grafik: Mit einer Mischung aus 3D-Welt und handgezeichneten 2D-Elementen auf Onbus Rücken – darunter die Gebäude oder die per Hand animierten Bewohner – soll The Wandering Village an die Animationsfilme von Studio Ghibli erinnern. Die Kombination erzeugt darüber hinaus einen tollen Effekt beim Herein- und Herauszoomen per Mausrad, wenn von 3D- zur 2D-Ansicht gewechselt wird. Andererseits stellt sich unweigerlich die Frage, wie schön die Kulisse mit 3D-Modellen gewesen wäre – vielleicht fehlten dem zehnköpfigen Team dafür aber auch einfach die Ressourcen.
Bereits vor Early Access vielversprechend und als Demo verfügbar
Alles in Allem wirkt The Wandering Village derweil sehr vielversprechend. Auch, weil das Spiel bereits vor der Early-Access-Phase über überraschend viel Inhalt verfügt, der in einer Partie je nach Schwierigkeitsgrad für 5 bis 10 Stunden beschäftigen kann. Wenn Stray Fawn nun auch noch eine überzeugende Story-Kulisse für die Roguelike-Elemente auf die Beine stellen kann, könnte sich der Titel zu einem echten Aufbaustrategie-Highlight entwickeln – andernfalls bliebe hingegen viel Potenzial auf der Strecke. Ausprobieren lässt sich der Titel derzeit im Rahmen einer kostenlosen Demoversion auf Steam. Aufbaustrategie- und insbesondere Frostpunk-Freunde sollten sich The Wandering Village auf jeden Fall ansehen.
Inzwischen hat The Wandering Village einen vorläufigen Release-Termin erhalten: Bereits am 14. September 2022, also übermorgen, erscheint das Spiel auf Steam für Windows, macOS und Linux im Early Access. Der Preis beträgt rund 25 Euro. Die Meldung wurde derweil um weitere Screenshots ergänzt; darunter einige mit aktivierter Benutzeroberfläche. Auch der Forschungsbaum und die Weltkarte sind zu sehen.
Ab heute ist The Wandering Village nicht mehr nur über Steam im Early Access für den PC, Mac und Linux verfügbar, sondern ebenso via Microsoft Game Preview für Xbox One und Xbox Series X|S. Außerdem ist das Spiel ab sofort Teil des Game Pass für Xbox und PC. Parallel zum Xbox-Start erscheint außerdem das Ozean-Update, das laut Stray Fawn die bislang größte inhaltliche Ergänzung darstellt. Es gibt ein neues Ozean-Biom, das dem Update seinen Namen gibt, neue Gebäude sowie Gebäudeupgrades, neue Events und neue Dekorationen. Außerdem mit an Bord sind neue Modifikationen für die Schwierigkeit, die das Spiel herausfordernder machen können.
Bislang habe sich The Wandering Village über 250.000 Mal verkauft, berichten die Entwickler aus Zürich. Auf Steam wird das Spiel bei über 3.300 Rezensionen „sehr positiv“ bewertet und von 89 Prozent der Spieler empfohlen. Derzeit ist The Wandering Village auf Steam um 25 Prozent auf rund 19 Euro reduziert.
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