12VHPWR-Stecker: Überlasteter Steckverbinder auch ohne Adapter möglich
Mit den Grafikkarten der „Ada“-Generation hält der neue 12VHPWR-Stecker Einzug in die Stromversorgung. Dadurch dass das Netzteil nicht zwangsweise nach dem neuen ATX-3.0-Standard gebaut sein und selbst keinen 12VHPWR-Anschluss besitzen muss, gibt es für den 12VHPWR-Stecker außerdem zwei Abwärtskompatibilitätslösungen.
1. Möglichkeit: Vierfach-Adapter im RTX-40-Lieferumfang
Mit der Einführung des PCIe-Stromanschlusses wurden ehemals von der PCI-SIG zwei Leistungslevel definiert: 75 W für den 6-Pin-PCIe- und 150 W für den 8-Pin-PCIe-Stecker. Dass über den Stecker aber auch knapp der doppelte Strom fließen darf, wie es Molex für die Mini-Fit-Terminals spezifiziert hat, wird von der PCI-SIG-Spezifikation nicht abgedeckt.
Dadurch ergibt sich für Adapter das Dilemma, dass ein Aufteilen des 12VHPWR-Steckers auf vier 8-Pin-PCIe-Anschlüsse vorgenommen werden muss und dass dabei auch noch sichergestellt sein müsste, dass sich die aufgerufene Dauerleistung von maximal 600 W ideal auf die vier Stecker verteilt, um die Grenze von 150 W pro Stecker nicht zu überschreiten.
2. Möglichkeit: Angepasster Kabelsatz des Netzteilherstellers
Eine Option, die Kabelflut zu umgehen, besteht darin, einen Kabelsatz zu nutzen, der direkt am Anschlusspanel des Netzteils verbunden werden kann. Hersteller wie Corsair, Sea Sonic und Thermaltake bieten dazu für bestehende Netzteile entsprechende Kabelsätze an, die aus zwei 8-Pin-PCIe-Anschlüssen einen 12VHPWR-Stecker realisieren. Anders als bei den bestehenden Kabelsätzen wird für diese sichergestellt, dass der Kupferquerschnitt auf die von Nvidia empfohlenen 16 AWG vergrößert wird. Denn der bisher bei Netzteilen übliche Querschnitt beträgt lediglich 18 AWG.
Dauerleistung des 12VHPWR-Steckers elektrisch kodiert
Wie viel Leistung die Grafikkarte über einen 12VHPWR-Stecker aufnehmen darf, gibt das Netzteil über zwei der vier Signal-Pins (Sense0 und Sense1) an, wie es im PCIe-5-Standard beziehungsweise in der ATX-3.0-Spezifikation beschrieben ist.
Sense0 | Sense1 | Initial Permitted Power at System Power Up |
Maximum Sustain Power after Software Configuration |
---|---|---|---|
Gnd | Gnd | 375 W | 600 W |
Open | Gnd | 225 W | 450 W |
Gnd | Open | 150 W | 300 W |
Open | Open | 100 W | 150 W |
Adapter beziehungsweise angepasste Kabelsätze lösen diese Festlegung der Dauerleistung, indem die entsprechenden Sense-Pins mit Gnd-Pins zusammen geschaltet werden, ohne dabei aber zu wissen, wie viel Leistung das Netzteil tatsächlich bereitstellen kann. Insbesondere bei den angepassten Kabelsätzen müssten daher unterschiedlich elektrisch-kodierte Kabel für Netzteile jeder Leistungsklasse angeboten werden. Die demnächst erhältlichen Kabelsätze werden aber alle zunächst auf die volle Dauerleistung von 600 W freigeschaltet. Das „Corsair 12VHPWR 600W PSU cable“ ist als solches betitelt und wird im Hersteller-Webshop ab dem 29. September angeboten. In einer Fußnote zur Pressemitteilung fügt Corsair außerdem hinzu, dass für die entsprechenden Leistungsschritte ein Netzteil mit Nennleistungen von 750 bis 1.200 W benötigt wird:
*600W load requires a 1200W rated CORSAIR PSU or higher. 450W load requires 1000W or higher. 300W load requires 750W or higher.
Corsair
Dadurch gibt Corsair schließlich auch eine Empfehlung für die Nennleistung der eigenen Netzteile nach ATX 2.x an, mit denen sichergestellt sein soll, dass auch Lastspitzen abgefangen werden können wie sie nach der neuen PCIe-Spezifikation auftreten können.
Terminals am Maximum ihrer Stromtragfähigkeit
Damit ein angepasster Kabelsatz mit zwei 8-Pin-PCIe-Steckern aber überhaupt für eine Dauerleistung von 600 W zulässig ist, muss ein einzelnes Terminal mindestens einen Strom von 8,3 A tragen können. Die 7 A beziehungsweise 8 A (sechs stromführende Pins des 8-Pin-PCIe-Steckers), wie sie Molex für ein normales Mini-Fit-Terminal als Maximum angibt, wären dabei zu knapp ausgelegt, weshalb spezielle Terminals wie das Molex Mini Fit Plus HCS eingesetzt werden müssten.
3. Möglichkeit: 12VHPWR nativ vom Netzteil
Nur wenn das Netzteil selbst einen 12VHPWR-Stecker bereitstellt, kann davon ausgegangen werden, dass die elektrische Kodierung des Steckers so gewählt ist, dass zusätzlich zur erlaubten Dauerleistung auch die Lastspitzen verarbeitet werden können. Für den 12VHPWR-Stecker ist neben dem Leitungsquerschnitt auch die Stromtragfähigkeit für jedes Terminal mit 9,2 A vorgeschrieben, wie sie beispielsweise der 12VHPWR-Stecker von Amphenol erfüllen soll.
Enge Biegeradien oder 40 Steckzyklen bringen Stecker zum Schmelzen
Da die Terminals des 12VHPWR-Steckers am Rande ihrer Spezifikation betrieben werden, kann ein erhöhter Kontaktwiderstand bei Missbrauch eine derartige Wärmeentwicklung verursachen, dass es zum Verschmelzen des Steckers kommt. Eine solche Beobachtung ist derzeit der Anlass der PCI-SIG diesen Umstand näher zu beobachten, wie GamersNexus berichtet.
Demnach konnte ein solcher Ausfall bestätigt werden, wenn zu kleine Kontaktflächen des Terminals aufgrund enger Biegeradien von kleiner als 3 cm auftreten oder zu viele Steckzyklen einzelne Terminals derart beschädigen, dass deren Kontaktwiderstand übermäßig ansteigt. Die Empfehlung vieler Boardpartner lautet daher ähnlich wie von Amphenol auch nicht mehr als 30 Steckzyklen durchzuführen.
Adapter, Austausch-Kabel und Netzteilneuvorstellungen zusammengefasst
Mit der Nvidia-Präsentation der neuen Grafikkarten-Generation sind zahlreiche Ankündigen von Netzteilen einhergegangen, die über den 12VHPWR-Stecker verfügen. In der Bildergalerie und Tabelle sind alle entsprechenden bis dato bekannten Netzteile gelistet.
In der zweiten Spalte der Tabelle wird angegeben, ob ein Hersteller Austausch-Kabel für existierende modulare Netzteile oder Adapter-Kabel anbietet.
Hersteller | Adapter oder Kabel | Netzteile | Verfügbarkeit |
---|---|---|---|
ASUS | 2 x 8-Pin-Kabel | Loki | Preisvergleich (noch in 2022) |
TUF Gaming Gold | Oktober 2022 | ||
be quiet! | 2 x 12-Pin-Kabel | Dark Power (Pro) 13 | Anfang 2023 |
Cooler Master | ? | V1100 und V1300 | Preisvergleich (Q1 2023) |
V750i und V850i | Q4 2022 | ||
MWE Gold V2 ATX 3.0 | Q4 2022 | ||
Corsair | 2 x 8-Pin | ? | – |
EVGA | Powerlink 41s | ? | – |
FSP | ? | Hydro Ti Pro 850W und 1000W Dagger Pro 1000W |
Q4 2022 |
Hydro PTM (X) Pro 850W, 1000W und 1200W Hydro G(T) Pro 850W und 1000W |
? | ||
Gigabyte | nur 3 x 8-Pin-Adapter für eigene Grafikkarten |
UD1000GM | Preisvergleich |
Lian Li | ? | SP750 und SP850 nur mit RTX 3000 kompatibel |
Preisvergleich |
MSI | ? | Ai1000P und Ai1300P | Preisvergleich |
Sea Sonic | 2 x 8-Pin-Kabel | Vertex GX und PX | Mitte Dezember 2022 |
Silverstone | ? | Hela 850R | ? |
Thermaltake | 2 x 8-Pin-Kabel | Toughpower iRGB PLUS 1650W | ? |
Toughpower GF3 750 bis 1.650 W | Preisvergleich | ||
XPG | ? | Cybercore II 1000 und 1300 | ? |