Corsair K100 RGB Air im Test: Flache Tastatur mit Cherrys Ultra-Low-Profile-Switches
Cherrys superflache Notebook-Taster debütieren im Desktop-Segment und ermöglichen tolle Tastaturen, die kaum höher als ein Schokoriegel werden. Noch bleiben sie dort jedoch ein Luxus mit Sinnkrise: Zielgruppe des Flaggschiffs K100 RGB Air sind „Gamer“. Für die MX Ultra Low Profile müssen sie ganz spezielle Vorlieben haben.
Gaming-Tastatur mit 1,6 cm Höhe
Extrem flache mechanische Taster lauern seit gut einem Jahr immer kurz außer Reichweite. In Luxus-Notebooks gibt es sie schon, im Desktop-Segment wurden sie nur in Aussicht gestellt – bis jetzt. Corsair steckt Cherrys Ultra-Low-Profile-Switches in eine Flaggschifftastatur, die selbst am höchsten Punkt nur 1,6 cm hoch wird. Flacher geht es nicht mehr.
Das Layout der K100 RGB (Test) mit herkömmlichen Tastern wird allerdings modifiziert. Linksseitige Makrotasten entfallen, stattdessen finden sich vier zusätzliche Taster über dem Nummernblock. Die Mediensteuerung wandert dafür wie bei den K70-Modellen wieder links neben den Lautstärkeregler. Eine Handballenauflage entfällt mangels Bedarf – die K100 Air ist zu flach, um hieraus Nutzen zu ziehen.
Dafür bekommt der Neuzugang einen integrierten Akku, der eine kabellose Laufzeit per 2,4-GHz-Funk oder Bluetooth von 50 Stunden mit RGB-Beleuchtung und 200 Stunden ohne ermöglichen soll. Zur Ausstattung gehört außerdem das übliche Gaming-Orchester von Corsair: 8.000 Hz schnelles Polling mit und 2.000-Hz-Polling ohne Kabel, 8 MByte Onboard-Speicher und weitreichende Konfigurationsmöglichkeiten via iCUE-Software. „Steigern Sie ihre Erwartungen“, schreibt Corsair – das muss Befehl sein, denn die Tastatur kostet schlanke 300 Euro.
Corsair K100 RGB Air Wireless |
Corsair K70 MK.2 Low Profile Speed (MX LP Speed) |
Corsair K70 RGB Pro (MX Red) |
|
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Größe (L × B × H): | 43,6 × 15,7 × 1,6 (2,9) cm | 43,8 × 16,6 (22,8) × 2,8 (3,7) cm Handballenauflage |
44,4 × 16,6 (23,7) × 4,0 (5,1) cm Handballenauflage |
Layout: | 105 ISO (erweitert) | ||
Gewicht: | 763 g | 1.250 g | 1.150 g |
Gehäuse-Material: | ? | ||
Kabel: | 1,80 m, USB/Type-C-USB (modular), Bluetooth ? | 1,80 m, 2 × USB 2.0 | 1,80 m, USB 3.0 Typ C |
Hub-Funktion: | – | 1 × USB 2.0 | – |
Key-Rollover: | N-KRO | ||
Schalter: | Cherry MX Ultra Low Profile Tactile Polling-Rate wählbar |
Cherry MX Low Profile Speed | Cherry MX Red Polling-Rate wählbar |
Switch Plate: | ? | ||
Tasten: | Form: spherisch konkav Material: ABS-Kunststoff Beschriftung: laser cut flache Tasten, Chiclet-Tasten |
Form: zylindrisch Material: ABS-Kunststoff Beschriftung: laser cut |
Form: zylindrisch Material: PBT-Kunststoff Beschriftung: Double-shot molding |
Zusatztasten: | 4 × Makro 4 × Medien 3 × Extra Scrollrad (Lautstärke) |
5 × Medien 3 × Extra Scrollrad (Lautstärke) |
|
Medienfunktionen: | Stumm, Lautstärke, Abspielen/Pause, Vor/Zurück | Stumm, Lautstärke, Abspielen/Pause, Stopp, Vor/Zurück | |
Zusatzfunktionen: | Profile wechseln, Helligkeit (regeln, ausschalten), Gaming-Modus | Profile wechseln, Helligkeit (regeln, ausschalten), LED-Modi, Gaming-Modus, Makroaufnahme | |
Beleuchtung: | Farbe: RGB Modi: Atmungseffekt, Welleneffekt, Reaktiver Modus, umlaufende Aktivierung, Gaming-Beleuchtung, Farbschleife Sonstige: individuelle LED-Profile |
||
Makros & Programmierung: | 8.192 kB, 50 Profile, Hardware-Wiedergabe vollständig programmierbar |
8.192 kB, 3 Profile, Hardware-Wiedergabe vollständig programmierbar |
8.192 kB, 50 Profile, Hardware-Wiedergabe vollständig (inkl. Sekundärbelegung), softwarelos programmierbar |
Preis: | ab 240 € | 190 € | ab 130 € |
Cherrys ULP-Taster im Vergleich
Cherrys ULP-Taster unterscheiden sich im Konzept stark von den großen MX-Modellen. Auch in der Abstimmung erfolgt eine deutliche Abgrenzung. Aufgrund des sehr geringen Hubweges besitzen sowohl die Click- als auch die von Corsair genutzte, sehr ähnliche Tactile-Variante (Test) einen sehr deutlichen Druckpunkt.
Individualisierbar sind die gut ausgeleuchteten Taster zudem nur bedingt. Da kein Hot-Swap-Sockel existiert und von einzelnen Tastern im Handel jede Spur fehlt, ist ein Austausch unmöglich. Selbst Tastenkappen müssen an Ort und Stelle bleiben, sitzen dafür aber sehr fest. Vom typischen „Wackeln“ von MX-Tastern bleiben ULP völlig frei.
Wie bei den Notebooks weisen die Anbieter zudem deutlich darauf hin, dass eine Demontage mit einem hohen Risiko von Beschädigungen einhergeht. Das vermag kaum zu überraschen: Diese Eigenheit teilen sich MX ULP mit Scissor-Tastern in Notebook-Tastaturen. Da die Aufnahme zudem ULP-spezifisch ist, wird sich hieran wenig ändern. Wer Individualität möchte, muss auf größere Taster zurückgreifen. Das Sonderformat erklärt zudem die Verwendung von ABS-Kunststoff und die einfache Beschriftung, die bei normalen Tastern zum Spitzenpreis ein sofortiges Ausschlusskriterium wären.
Cherry MX Ultra Low Profile Tactile |
Cherry MX Low Profile Red |
Cherry MX Red |
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Charakteristik: | taktil | linear | |
Hubweg: | 1,8 mm | 3,2 mm | 4,0 mm |
Position des Signalpunktes: | 0,8 mm | 1,2 mm | 2,0 mm |
Widerstand am Signalpunkt: | 52 g | 45 g | |
Widerstand am Druckpunkt: | 65 g | – | |
Lebensdauer (Anschläge): | 50 Mio. | 100 Mio. |
Alltagserfahrungen
„Steigern Sie ihre Erwartungen“, so fordert Corsair auf. Berechtigt! In einer Desktop-Tastatur zeigen ULP-Taster erstaunlicherweise noch einmal eine andere Seite. Die extrem flache, angewinkelte Form der Tastatur und die kaum höheren Taster sorgen für eine bequeme Arbeitshaltung, die ein klobiges Gaming-Notebook so nicht bieten kann. der geringe Hub der Taster erlaubt ein Tippen in zumindest gefühlter Formel-1-Geschwindigkeit. Klicken heißt, den Buchstaben zu sehen, der klare Druckpunkt vermittelt eine exzellente Rückmeldung über erfolgte Auslösungen. Extrem flach macht extrem Spaß.
Erst dicht über dem Schreibtisch sitzende Desktop-Tastaturen bringen die ultraflachen Taster richtig zum Glänzen. Alles strahlt jedoch nicht in größtem Glanz. „Sehr flach“ mit „sehr leise“ gleichzusetzen, funktioniert nur bedingt. Der durch die flache Bauform verringerte Resonanzkörper und das versteifte Chassis reduzieren gegenüber normalen Tastaturen die Lautstärke zwar sehr deutlich, die Charakteristik der Taster bedingt aber auch harte Anschläge. Obwohl der Druckpunkt selbst in Stille überwunden werden kann: Der Aufprall am Ende des Hubweges lässt sich schlicht nicht vermeiden, sondern nur reduzieren. Ein stetes, immerhin dumpfes „Klack, Klack, Klack“ begleitet Schreibvorgänge deshalb. Eine Ducky One 3 SF (Test) schafft es (gerade mit Silent-Tastern) immer noch, ruhiger zu Werke zu gehen. Im Mehr-Personen-Büro oder hippen Coworking-Space wird die K100 aber ruhig genug sein.
Als Arbeitsgerät schlägt sich die Kombination von ultraflach und kabellosem Betrieb super. Dass nun den flachen Medientasten keine höheren, mechanischen Tasten mehr im Weg stehen, ist zudem ein angenehmer Seiteneffekt der ULP-Taster. Dieses Layout ergibt so mächtig Sinn. Ärgerlich nur, dass oberhalb des Tastenfeldes weiterhin Mikrotaster verwendet werden. Gesteigerten Erwartungen wird das schwerlich gerecht.
Dass vor allem von Büro und Arbeit gesprochen wurde, hat Methode. In Spielen geben die MX-ULP-Taster auch im Desktop-Einsatz eine bedingt gute Figur ab, ihre Natur können sie schwerlich ablegen. Der harte Druckpunkt wirkt, je nach Genre, schnell hakelig. Als eine Shooter-Tastatur eignet sich die K100 eher weniger, in Strategiespielen passen die Taster schon eher. Im Allgemeinen bestätigen sich aber die ersten Erfahrungen im Notebook: ULP-Taster eignen sich zum Arbeiten am besten, in Spielen sind sie zweite Wahl. Die Gaming-Features, die ultraschnelle Reaktionszeiten versprechen, braucht es deshalb kaum, ihr Nutzen ist ohnehin vor allem ein Papiervorteil.
Über iCUE wurde schon bei der K70 RGB Pro Mini (Test) genug geschrieben. Bereits bei der Installation wird zum Erstellen eines eigentlich optionalen Kontos gedrängt, bei der Telemetrie lässt sich nur affirmativ wählen, sich „später über die iCUE-Softwareeinstellungen anzumelden“. Konsterniert lässt sich festhalten, dass man sich auch als Kunde einer 300 Euro teuren Tastatur noch belästigen lassen muss. Nach der überstandenen Installation, zu der Corsair fairerweise gratuliert, wartet eine überbordende, 1,1 GByte große Software, die umfangreiche Einstellungsmöglichkeiten bereithält. Im Detail gibt es weiterhin Verbesserungsbedarf. FN- und weitere Sekundärebenen als Ganzes anzeigen zu können, wäre z. B. hilfreich.
Fazit
Endlich am Ziel, so könnte man meinen. Mechanische Taster sind dort, wo günstige Rubberdome-Tastaturen schon immer waren: im Land flachster Eingabegeräte. Die Ankunft an der Ziellinie geht jedoch mit keiner Feuerwerk-verstärkten Fanfare während eines triumphalen Einlaufs einher, sondern mit einem zaghaften Heranrobben.
An den Qualitäten der K100 liegt es nicht. Sie ist ein tolles Arbeitsgerät, das in diesem Punkt brilliert. Ihr durchdachtes Layout, die flexible Konnektivität und die umfangreiche, wenn auch bisweilen fummelige Konfiguration gehen damit Hand in Hand. Die Krux an der Sache: Beworben wird sie als „Gaming Keyboard“. Dem Einsatzzweck werden zwar ihre Features, die Taster aber weniger optimal gerecht. Dort liegt der Hase weiterhin im Pfeffer.
„Gaming“ verhindert zwar kein Arbeiten, der Preis von 300 Euro, mit dem auch allerlei hochspezielle Gaming-Features fraglichen Mehrwerts bezahlt werden müssen, versperren nachhaltiger den Weg. 300 Euro zum Arbeiten? Das passt nicht recht, obwohl sich die Taster dort extrem heimisch zeigen. Sie erscheinen aktuell als eine der besten Optionen, schnell und komfortabel lange Texte zu schreiben. In Spielen verhindert ihre Abstimmung eine allgemeine Empfehlung, dort trifft sie nur spezielle Geschmäcker. ULP-Taster deshalb über den Gaming-Markt debütieren zu lassen, verwundert weiterhin. Plakativ gesprochen baut Corsair eine Spieletastatur mit Office-Tastern.
Insofern ist die K100 RGB Air immer noch das, was auch die Gaming-Notebooks sind: Vorboten kommender Entwicklungen für eine spezielle Zielgruppe, alternativ auch ein Produkt für Menschen, bei denen Geld keinerlei oder die Ungeduld eine riesige Rolle spielt. Die K100 Air wird so eher zum Teaser, zum ersten Geschmackshappen für kommende Dinge. Bis günstigere ULP-Tastaturen mit einem besser auf die Taster zugeschnittenen Feature-Set kommen, bleibt die Fanfare aus.
- Extrem flach
- Leise
- Tolles Schreibgefühl
- Kabelloser Betrieb
- Software teils umständlich zu nutzen
- Gaming-Features mit fraglichem Mehrwert
ComputerBase hat die K100 RGB Air als Leihgabe von Corsair unter NDA zum Testen erhalten. Eine Einflussnahme des Herstellers auf den Testbericht fand nicht statt, eine Verpflichtung zur Veröffentlichung bestand nicht. Einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungstermin.
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