Defekte 12VHPWR-Stecker: Analyse sieht das Problem bei Nvidias RTX-4090-Adapter
Was ist die Ursache für geschmolzene oder gar verkohlte Stecker vom Typ 12VHPWR, wie er bei Nvidias GeForce RTX 4090 (Test) zum Übertragen von bis zu 600 Watt genutzt wird? Eine Analyse von Igor's Lab und be quiet! sieht kein generelles Problem im Standard, sondern im Adapter, der allen GeForce RTX 4090 beiliegt.
Nvidias 12VHPWR-Adapter soll die Ursache sein
Der Adapter übersetzt bis zu vier der bekannten 8-Pin-Anschlüsse in den neuen 12+4+Stecker (12VHPWR). Mindestens drei 8-Pin-PCIe-Kabel sind für den Betrieb der RTX 4090 mit maximal 450 Watt TDP erforderlich, wurden vier 8-Pin-PCIe-Kabel angeschlossen, sind maximal 600 Watt TDP erlaubt.
Der Adapter liegt nicht nur der Nvidia Founders Edition, sondern auch Custom-Designs bei. Nach aktuellem Kenntnisstand handelt es sich immer um dasselbe Modell, weil Nvidia dessen Vertrieb koordiniert. Doch was ist das Problem?
Das ist der technische Hintergrund
Wie die Analysen von Igor's Lab und be quiet! zeigen, wird der über einen 8-Pin-PCIe-Anschluss bereitgestellte Strom (maximal 12,5 Ampere bei 12,0 Volt) im Adapter über nur eine Leitung (14AWG) zum 12VHPWR-Stecker geleitet. Bei vier 8-Pin-Buchsen ergibt das in Summe vier stromführende Kabel, die am Adapter ankommen. Dort muss der Strom wiederum an sechs Pins im 12VHPWR-Stecker übertragen werden – und genau in diesem Punkt liegt das Problem.
Das Entfernen der Stecker-Ummantelung und das anschließende Abschleifen des Steckers brachte drei wesentliche Erkenntnisse zu Tage:
- Alle sechs abgehenden stromführenden Pins des 12VHPWR-Steckers sind über dünne Metallfolien miteinander verbunden.
- Die beiden äußeren Pins im 12VHPWR-Stecker werden aus jeweils einer aufgelöteten 14AWG-Leistung versorgt, also dem Strom aus jeweils einem 8-Pin-Anschluss. Die vier mittleren erhalten wiederum paarweise Strom aus je einem weiteren 8-Pin-Anschluss.
- Die Aufteilung der zwei 14AWG-Leitungen auf die vier zentralen Pins im Stecker erfolgt über 0,2 mm dicke, je nur 2 mm breite Kupferfolien.
Ein hohes Risiko für defekte Kontakte
Das Resultat sei nicht nur extrem fragil und provoziere damit quasi defekte Kontakte in Folge zu enger Biegeradien am Kabel nahe am Stecker oder durch Wackeln am Kabel beim Lösen. Defekte Kontakte auf der stromzuführenden Seite führten darüber hinaus zu erhöhten Widerständen, was hohe thermische Belastungen zur Folge haben kann. Darüber hinaus bestehe die Gefahr, dass durch die Verbindung der sechs Pins im Stecker die gesamte abgefragte elektrische Leistung über weniger als vier intakte 14AWG-Adern zugeführt wird – über die bereits ab Werk fragwürdigen und im Zweifelsfall sogar ebenfalls beeinträchtigten Kontaktstellen. Die Belastung auf den verbleibenden Kontakten steige dadurch weiter.
„Echte“ 12VHPWR-Stecker sind anders aufgebaut
„Echte“ 12VHPWR-Anschlusskabel wie beispielsweise das am be quiet! Dark Power 13 oder die aus dem Zubehör wie für das Corsair AX1500i hätten dieses Problem wiederum nicht, da in diesem Fall jeder der sechs stromführenden Pins im Stecker von einem separaten Kabel vom Netzteil versorgt wird und eine Verteilung der Leistung einer Leitung auf mehrere Pins über eine fragile Brücke nicht stattfinde. Auch seien die sechs Pins auf der Ausgangsseite nicht elektrisch miteinander verbunden.
„Sicher, 12 dicke Leitungen [sechs stromführende, sechs Mal Masse, Anm.d.Red] in einem Kabel sind jetzt auch nicht so sexy, aber es ist zumindest eine exakte und saubere Lösung“, schlussfolgert Igor Wallossek und ruft Nvidia dazu auf, den Austausch der bereits verkauften Adapter bei den Kunden zu initiieren. Der Hersteller sei vorab über das Ergebnis der Analyse informiert worden.
Gamers Nexus hat versucht die von Igor's Lab publizierte mutmaßliche Ursache für geschmolzene oder gar verkohlte 12VHPWR-Stecker an der GeForce RTX 4090 nachzuvollziehen und dabei festgestellt, dass keiner der in den USA verwendeten Adapter intern so aufgebaut war wie der, den Igor's Lab zusammen mit be quiet! analysiert hatte. Das betrifft sowohl die Verbindung der vier zulaufenden Kabel mit dem Stecker als auch die Kabel selbst.
So wurden in den Adaptern, die Gamers Nexus vorlagen, je zwei zuführende Kabel im Paar mit drei ausgehenden Pins verbunden und diese Verbindungen seien auch unter extremen Belastungen (Ein- und Ausstecken, enge Biegeradien etc.) nicht kaputt zu bekommen gewesen. Darüber hinaus waren die stromführenden Kabel (je 14AWG mit 2,0 mm² Querschnitt) mit bis zu 300 statt bis zu 150 Volt spezifiziert.
Gamers Nexus konnte damit vorerst nicht bestätigen, dass die von Igor's Lab gezeigten defekten Kontakte im Adapter von Nvidia für die im Internet kursierenden Fehlerbilder verantwortlich sind und hat betroffene Nutzer dazu aufgerufen, Bilder ihrer defekten Adapter ohne die Ummantelung bereitzustellen, um dem Problem weiter auf den Grund zu gehen. Denn allem Anschein nach sind betroffene Adapter nicht respektive nicht nur des Typs, den Igor's Lab gezeigt hatte – und damit bleibt die Frage nach der wahren Ursache offen.
Nvidia hat sich bisher nicht zu dem Thema geäußert, soll OEMs allerdings dazu aufgefordert haben, von Kunden mit dem Fehlerbild per RMA eingesendete GeForce RTX 4090 umgehend an Nvidias Hauptsitz in Santa Clara zu senden.
Auf Basis weiterer Untersuchungen mit eigenen, aber auch mit von betroffenen Nutzern eingesendeten defekten Adaptern ist sich Gamers Nexus inzwischen sicher, dass kein spezieller Adapter-Typ, sondern in der Regel „Anwenderfehler“ für die knapp 50 inzwischen berichteten Vorfälle verantwortlich waren.
„Anwenderfehler“ als wahrscheinlichste Ursache
Konkret dürften nicht vollständig eingesteckte und damit nicht eingerastete 12VHPWR-Stecker für die meisten Ausfälle verantwortlich gewesen sein.
In der Tat rastet der 12HPWR-Stecker wesentlich weniger eindeutig ein als die bekannten 8- und 6-Pin-Stecker. Auch in der Redaktion kam es in den letzten Wochen einmal dazu, dass der vermeintlich korrekt eingesteckte Stecker (an einer RTX 3090 Ti) nicht bis zum Anschlag in der Buchse auf der Grafikkarte steckte. Die Grafikkarte war, bis der Fehler auffiel, allerdings keinen langen Lasten ausgesetzt.
Steckt der Stecker nicht vollständig und eingerastet in der Buchse, kann das entweder direkt, oder über die Zeit durch Berührungen am Kabel dazu führen, dass die Kontaktflächen zwischen Stecker und Buchse in einem oder mehreren Pins wesentlich kleiner ausfallen als vorgesehen. In Kombination mit zu engen Biegeradien am Stecker wird das Problem noch verschärft.
Gamers Nexus war es möglich, einen Adapter, der nicht korrekt eingesteckt war, bei gemessenen über 300 °C zum Schmelzen zu bringen.
Als weitere potentielle, allerdings deutlich unwahrscheinlichere Ursache nennt Gamers Nexus Fremdkörper im Stecker respektive der Buchse, die ab Werk, mit höherer Wahrscheinlichkeit aber durch wiederholtes Lösen und Schließen der Verbindung entstehen könnten. Ein eingesendeter Defekt dürfte auf Basis von Laboranalysen davon betroffen gewesen sein.
Der Standard sollte das verhindern
Keines der Probleme sei auf einen bestimmten Adapter-Typ oder überhaupt auf den Einsatz von Adaptern und nicht von nativen Netzteil-Kabeln zurückzuführen. Vielmehr wäre damit doch der 12VHPWR-Standard als solcher die Ursache, weil er offensichtlich nicht verlässlich genug dafür sorgt, dass Nutzer eine korrekte Verbindung herstellen, und aufgrund seines filigranen Aufbaus im Falle einer nicht korrekten Verbindung zu den beschriebenen Ausfällen führen kann.
Nvidia hat sich, nachdem der Konzern bestätigt hatte, sich der Thematik anzunehmen, nicht erneut zu Wort gemeldet.