Google und Amazon: Hersteller können Android TV und Fire TV OS nutzen
In der Vergangenheit mussten sich Hersteller entscheiden, ob sie ihre TV-Geräte mit Android TV oder Fire TV versehen, beides war nicht möglich, auch nicht innerhalb unterschiedlicher Geräteserien. Nun sollen sich beide Unternehmen geeinigt und Google die sogenannte Konkurrenzklausel entfernt haben.
Dies will das Portal Protocol von einer der an der Vereinbarung beteiligten Parteien nahe stehenden Quelle erfahren haben.
Wahlfreiheit für Hersteller
Neben vielen anderen Vorschriften, welche Google für die Nutzung seines OS für smarte Fernsehgeräte machte, besagte diese, dass Hersteller generell keine Konkurrenzsysteme nutzen durften. Jetzt sollen sich Google und Amazon nach Jahren des Zwistes darauf geeinigt haben, entsprechende Vorgaben von nun an der Vergangenheit angehören zu lassen. Laut Google soll der Grund der genannten Klausel darin gelegen haben, dass es sich bei Fire TV laut dem Unternehmen um einen Fork von Android TV handelt. Andere Stimmen geben an, dass Google einen Rückgang der Verbreitung seines TV-Systems befürchte, indem sich Hersteller gegen Android TV und für Fire TV entscheiden würden.
Damit soll es dem Bericht zufolge Herstellern nun möglich sein, beide Systeme in ihrem Sortiment zu unterstützen. Laut Angaben des Online-Händlers soll die neue Einigung mindestens sieben Hersteller, darunter HiSense, TCL und Xiaomi betreffen, die in Zukunft Geräte für beide Betriebssysteme anbieten wollen und die somit nun auch als Kunden für Amazon in Betracht kommen könnten. TCL hat bereits angekündigt, in diesem Herbst in Europa zwei Fernsehgeräte mit dem System von Amazon auf den Markt bringen zu wollen.
Druck auf Google wächst
Auch wenn es anders wirkt – ganz freiwillig ist die Einigung wohl nicht zustande gekommen. So soll das Verhalten von Google rund um das eigene Android-Betriebssystem bereits in vielen Ländern die Wettbewerbshüter und Regulierungsbehörden auf den Plan gerufen haben. Erst in der letzten Woche veröffentlichte die indische Wettbewerbskommission einen mit Kritik nicht sparenden Bericht, in dem Google die Hinderung großer TV-Hersteller vorgeworfen wurde, das TV-Betriebssystem von Amazon übernehmen zu können.
Klausel mit weitreichenden Folgen
Die nun getroffene Vereinbarung zwischen Amazon und Google soll einen jahrelangen Streit über Lizenzbeschränkungen lösen, die Google Hardware-Herstellern auferlegt, die Android-basierte Telefone, Fernsehgeräte und andere Geräte herstellen. Um Zugang zu Googles offiziell genehmigter Version von Android sowie zu Diensten wie Google Maps und YouTube zu erhalten, müssen die Hersteller ein als „Android Compatibility Commitment“ bekanntes vertrauliches Dokument unterzeichnen. Das ACC soll verhindern, dass die Hersteller auch Geräte produzieren, die auf Forked-Versionen von Android basieren und die nicht mit den Google-Richtlinien kompatibel sind.
Im März 2020 machte Protocol Teile der Vereinbarungen öffentlich und legte dar, wie die Richtlinie Unternehmen effektiv davon ausschloss, smarte TV-Geräte herzustellen, auf denen „geforkte“ Systeme, wie unter anderem Amazons Fire TV, laufen. Google begründete das Vorgehen seinerzeit mit Kompatibilitätsgründen. Das Problem lag vor allem darin, dass Google diese Abmachung als für alle Gerätekategorien verbindlich gelten ansah und Hersteller wie unter anderem TCL Gefahr liefen, bei der Veröffentlichung eines solchen Gerätes den Zugang zu Googles Android für sein Smartphone-Geschäft zu verlieren – ein Risiko, das kein Unternehmen, das sowohl Smartphones als auch Fernseher entwickelt, eingehen wollen würde.
Interesse bei Herstellern vorhanden
Die indische Tochtergesellschaft TCL erklärte dem Bericht nach den Aufsichtsbehörden in einer Stellungnahme, dass „Angesichts des Umfangs der Anti-Fragmentierungsverpflichtungen Amazon auch erhebliche Schwierigkeiten hatte, Partner für die Herstellung von Smart-TVs zu finden, auf denen sein Fire OS läuft“. Amazon soll zudem angegeben haben, dass „mindestens sieben“ Hersteller dem Unternehmen mitgeteilt hätten, dass sie aufgrund von Googles Beschränkungen nicht in der Lage seien, Smart-TVs auf Fire-TV-Basis herzustellen – auch wenn dies in mehreren Fällen ausdrücklich erwünscht gewesen sein soll.
Dennoch scheint es so, das beide Parteien die Angelegenheit gerne auf kleiner Flamme halten wollen. Während Amazons Vizepräsident für Unterhaltungsgeräte, Daniel Rausch, während der Vorstellung der neuen TCL-Pläne angab, dass der von den indischen Regulierungsbehörden veröffentlichte Bericht und dessen Ergebnisse „für sich selbst sprechen“ würden und einen weiteren Kommentar in der Angelegenheit ablehnte, lehnte Google eine Erklärung zu der Beziehung zwischen den beiden Unternehmen laut dem Bericht von Protocol komplett ab.
Skepsis weiterhin vorhanden
Nicht wenige Experten sind jedoch skeptisch, dass eine einzelne Vereinbarung die übergreifenden Bedenken in Bezug auf Googles Betriebssystem und die Lizenzierung von Android an Dritte ausräumen wird. Auch deutet bisher nichts darauf hin, dass Google seine Haltung der Sache gegenüber generell geändert hat. Das bedeutet dem Bericht nach, dass Unternehmen der Unterhaltungselektronik nach wie vor daran gehindert werden könnten, ihre eigenen geforkten Android-Versionen auf TV-Geräte zu verwenden, wenn sie auch von Google lizenzierte Android-Fernseher oder -Smartphones herstellen.