Nach Lobby-Vorwürfen: BSI-Präsident Schönbohm ist abberufen

Andreas Frischholz
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Nach Lobby-Vorwürfen: BSI-Präsident Schönbohm ist abberufen
Bild: BSI

BSI-Präsident Arne Schönbohm wurde heute von seinem Amt abberufen. Vorausgegangen war eine längere Hängepartie, nachdem das ZDF Magazin Royal über die Nähe von Schönbohm zu einem Verein berichtete, der engere Verbindungen zu russischen Geheimdienst-Kreisen haben soll.

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) gilt in Deutschland als Amt für die IT-Sicherheit. Es ist dem Bundesinnenministerium von Ministerin Nancy Faeser (SPD) unterstellt.

So war es heute auch ein Sprecher des Bundesinnenministeriums, der die Abberufung bestätigte. Es wurde entschieden, Schönböhm „die Führung der Dienstgeschäfte als Präsident des BSI mit sofortiger Wirkung zu untersagen“, sagte er laut einem Bericht der Tagesschau. Vor allem mit Blick auf die hybride russische Kriegsführung beeinträchtigen die Vorwürfe das „unerlässliche Vertrauensverhältnis“ der Ministerin in seine Amtsführung. Ebenso beschädigt sei das öffentliche Vertrauen, Neutralität und Unparteilichkeit würden in Frage stehen.

Alle bekannten Vorwürfe will das Innenministerium nun gründlich prüfen und „einer eingehenden Bewertung“ unterziehen. Für Schönbohm gelte aber bis zum Abschluss der Untersuchungen selbstverständlich die Unschuldsvermutung.

Umstrittene Vorwürfe

Ausgangspunkt für die aktuelle Entwicklung war ein Beitrag in Jan Böhmermanns ZDF Magazin Royal. Dort wurde über die Verbindung von Schönbohm zum Verein Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V. berichtet, der engere Kontakte zu Russland und den dortigen Geheimdienst-Kreisen haben soll. Im Fokus stand dabei insbesondere die Cybersecurity-Firma Protelion, die bis vor kurzem noch Mitglied im Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V. war. Über die Russlandnähe des aktuellen Vereinsvorsitzenden Hans-Wilhelm Dünn berichtete der Spiegel bereits 2019, jener bestreitet aber eine russische Einflussnahme.

Schönbohm hatte den Verein im Jahr 2012 mitgegründet und leitete ihn einige Jahre, in diesem Jahr ist er zudem bei einer Feier zum 10-jährigen Jubiläum aufgetreten, um zu gratulieren. Dabei hatte das BSI noch 2019 die Weisung an Mitarbeiter erteilt, nicht mit Vertretern des Vereins aufzutreten. Schönbohm selbst hatte sich den Auftritt vom Innenministerium genehmigen lassen.

Die Vorwürfe sind jedoch umstritten, wie etwa der Spiegel berichtet. So ist die Protelion GmbH etwa erst im Jahr 2020 dem Verein beigetreten (und mittlerweile kein Mitglied mehr). Schönbohm war damals längst beim BSI. Und die Behörde hat laut Spiegel auf fachlicher Ebene ihre Aufgaben gegenüber der Firma erledigt.

Der Cyberclown hat sich Respekt erarbeitet

Ebenso umstritten wie die konkreten Vorwürfe ist die Person Schönbohm ohnehin. In den Anfangszeiten als #Cyberclown verspottet, hat er sich in Expertenkreisen zumindest den Ruf als Amtsleiter erworben, der auf seine Fachabteilungen hört. So weist Jürgen Schmidt von heise security darauf hin, dass sich das BSI unter Schönbohm stets und öffentlich für das Schließen von Sicherheitslücken aussprach. Hintertüren in Verschlüsselungen wurden zudem Absagen erteilt. Er war also eine Person, die sich gegen die politische Agenda im Bundesinnenministerium aussprach.

Einer der Vorwürfe ist daher, dass das Innenministerium den aktuellen Aufreger nutzt, um eine unliebsame Personalie zu entfernen. Andere Expertinnen wie Constanze Kurz, Sprecherin vom Chaos Computer Club (CCC), begrüßen hingegen die Absetzung. In einem Kommentar auf Netzpolitik.org fordert sie, nicht nur die Amtsleitung zu wechseln, sondern das BSI auch aus dem Dunstkreis des Innenministeriums zu lösen.