Vorratsdatenspeicherung: Justizminister legt Entwurf für Quick-Freeze-Alternative vor
Die bislang in Deutschland bestehende Regelung zur Vorratsdatenspeicherung hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) gekippt, nun liegt ein alternativer Gesetzesvorschlag von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) vor. Dieser sieht wie angekündigt das Quick-Freeze-Verfahren vor.
Bei Quick Freeze handelt es sich um ein Konzept, bei dem etwa Verkehrs- und Standortdaten nicht anlasslos und allgemein gespeichert werden. Stattdessen können Strafverfolgungsbehörden bei Verdacht die Daten bei den Telekommunikationsanbietern „einfrieren“ lassen, um diese später dann mit Gerichtsbeschluss abzurufen.
Keine anlasslose Datenspeicherung
Diesem Ansatz folgt nun auch der Vorschlag aus dem Bundesjustizministerium, von dem zuerst das Rechtsportal Legal Tribune Online berichtete. Demnach können Sicherheitsbehörden nach einem Richterbeschluss das Speichern vorhandener und künftig anfallender Verkehrsdaten anordnen, wenn der Verdacht für bestimmte schwere Straftaten vorliegt. So eine Anordnung muss nicht mit einer Person verknüpft sein, es können auch bestimmte Regionen wie Tatorte und die Umgebung abgedeckt werden. Danach läuft eine Frist von einem Monat. In diesem müssen die Behörden einen weiteren Richterbeschluss erwirken, um die eingefrorenen Daten abzurufen.
Nicht umsetzen will das Bundesjustizministerium die sogenannte Login-Falle. Die verfolgt ein ähnliches Konzept wie der Quick-Freeze-Ansatz, in diesem Fall aber, um IP-Adressen von Nutzern zu ermitteln. Der Plan: Liegt ein Verdacht gegen den Nutzer eines Internetdienstes vor, schalten die jeweiligen Anbieter die Login-Falle. Dann wird also die IP-Adresse bei der nächsten Einwahl erfasst und an Sicherheitsbehörden übermittelt, sodass diese denjenigen identifizieren können. Dafür sieht man im Ministerium aber keinen Bedarf.
Innenministerium kündigt Widerstand an
Bei dem Entwurf handelt es sich also um eine Abkehr von der bekannten Vorratsdatenspeicherung. Die Vorlage geht nun in die Ressortabstimmung, andere Ministerien in der Bundesregierung müssen sich also dazu äußern.
Vor allem im Innenministerium ist mit Protest zu rechnen. Innenministerin Nancy Faeser kündigte bereits kurz nach dem EuGH-Urteil an, dieses voll ausschöpfen zu wollen. Bei dem aktuellen Vorschlag geht man daher auf Distanz. So heißt in einer Stellungnahme, die Netzpolitik.org veröffentlicht: „Das im Entwurf neu geregelte Quick-Freeze-Verfahren kann als flankierendes Instrument in spezifischen Anwendungsfällen zum Einsatz kommen und wichtige Ermittlungserkenntnisse liefern, ist allerdings kein adäquater Ersatz für eine Speicherung von IP-Adressen.“ Man sollte das umsetzen, was der EuGH ausdrücklich erlaubt hat – und dazu zählt die Ausnahmen von IP-Adressen.
Die Justizminister der Bundesländer unterstützen den Quick-Freeze-Ansatz von Bundesjustizminister Buschmann. Das ist eines der Ergebnisse von der Herbsttagung der 93. Justizministerkonferenz, die heute in Berlin stattfand. Demnach handele es sich beim „Quick-Freeze-Verfahren (…) um eine grundrechtsschonende und verfassungskonforme Lösung, die die bestehenden Ermittlungsinstrumente effektiv ergänzen würde“.
Mit einem Abstimmungsergebnis von neun zu sieben erhielt der Beschluss aber nur eine knappe Mehrheit. Widerstand kommt vor allem aus den Reihen der Union. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) sagte etwa laut einem Handelsblatt-Bericht, eine fehlende Verkehrsdatenspeicherung würde Ermittler ausbremsen. Quick-Freeze-Befürworterinnen wie Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) erklären hingegen, der neue Ansatz schaffe endlich Rechtssicherheit.
Bundesjustizminister Buschmann will die Quick-Freeze-Lösung rasch umsetzen. Widerstand droht aber nach wie vor auch aus dem Innenministerium. Zuletzt meldete die Süddeutsche Zeitung, dass Innenministerin Faeser nach wie vor eine umfassendere IP-Adressenspeicherung fordert.