Amazon Fire HD 8 (Plus) 2022 im Test: Fire OS 8 und Kids+

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Michael Schäfer
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Fire OS 8 und viele Einschränkungen

Sein eigenes Android-Derivat Fire OS hat Amazon beim neuen HD 8 auf Version 8 gehoben, bei dem nun Android 11 die Grundlage bietet. Davon merkt der Nutzer außer den anders gestalteten Einstellungen, die sich nun mit weißem Hintergrund und bunten Icons präsentieren, zunächst kaum etwas. So setzt das System viele der im Laufe der Zeit bei Android eingezogenen Gesten nicht um, dafür ist nun zumindest ein Dark-Modus vorhanden. Trotz der schwächeren Hardware reagiert das System zügig, Apps starten in einem akzeptablen Zeitraum.

Die Einstellungen haben eine Überarbeitung erfahren
Die Einstellungen haben eine Überarbeitung erfahren

An der Oberfläche des Homescreens hat sich in den letzten zehn Jahren gefühlt nichts geändert. Nach wie vor werden auf der Hauptseite die App-Icons aufgeführt, deren einzige Organisationsmöglichkeit das Sammeln in Ordnern darstellt. Zu allem Überfluss haben die Entwickler den virtuellen Bauchladen von Amazon um eine Head-Leiste erweitert, die neben den letzten beiden genutzten Applikationen auch eine Reihe von Vorschlägen geben soll. Sie nimmt jedoch einen großen Teil des ohnehin schon recht kleinen Bildschirmes ein – im Landcape-Modus fast die Hälfte. Dafür bietet die neue Leiste kaum einen Mehrwert. In den letzten Monaten seit der Einführung lief beim Autor dieses Tests die Anzahl der wirklich brauchbaren Vorschläge im Grunde gegen null. Die neue Funktion lässt sich zwar deaktivieren, dafür muss aber tief in die Einstellungen gegangen und der entsprechende virtuelle Schalter gefunden werden – der Normalnutzer dürfte ihn auf Anhieb kaum finden.

Der Homescreen von Fire OS lässt kaum Einflussmöglichkeiten zu
Der Homescreen von Fire OS lässt kaum Einflussmöglichkeiten zu

Dabei hätte es der neuen Leiste erst gar nicht bedurft, denn einmal nach links gewischt, kommt der Nutzer auf die Seite „Für Sie“, auf der eine Reihe der kürzlich genutzten Apps ebenso angezeigt werden wie die bekannten Vorschläge – sofern diese in den Einstellungen aktiviert sind. Rechts vom Homescreen erhält der Nutzer Zugriff auf seine bei Amazon gekauften Inhalte und abonnierten Dienste wie Prime Video.

Quer gehalten nimmt die Head-Leiste zu viel Platz ein
Quer gehalten nimmt die Head-Leiste zu viel Platz ein

Kaum praktischer Nutzen

Apps (wie sonst bei Android gewohnt) über einen App-Drawer aufrufen, dafür den frei gewordenen Platz für Widgets nutzen? Keine Chance bei Amazon, dabei hat selbst Apple den Nutzen der kleinen Werkzeuge mittlerweile erkannt. Der Onlinehändler erkennt dagegen nach wie vor nicht, dass er dem Anwender eine sehr angestaubte Verwendung seines Betriebssystems vorgibt. Sie hat sich in den letzten Jahren schon alleine deswegen merklich verändert, weil Tablets neben Smartphones im Laufe dieser Zeit immer mehr zum täglichen Begleiter geworden sind – gerade nachdem die Heimautomatisierung und das „Internet of Things“ für viele Menschen immer mehr an Bedeutung gewonnen haben. Dafür bietet das System mit dem Geräte-Dashboard zwar eine übersichtliche Anzeige, der eine oder andere Nutzer hätte dies aber vielleicht doch lieber über Widgets gelöst.

Amazon übertreibt es bisweilen, seine Inhalte an die Nutzer zu bringen
Amazon übertreibt es bisweilen, seine Inhalte an die Nutzer zu bringen

Würde Amazon eine gewöhnliche Nutzung ermöglichen, wäre zudem das Katz-und-Maus-Spiel zwischen den Entwicklern und findigen Tüftlern, um einen alternativen Launcher auf das Fire-Tablet zu bekommen, nicht mehr nötig. Hierbei schreckte Amazon in der Vergangenheit auch nicht davor zurück, die dafür erforderliche App „Launcher Hijack“ aus der Ferne heraus zu blockieren und zu löschen. Erst als Nutzer dazu übergingen, genannte Applikation, bei der die Funktion des Homebuttons auf den alternativen Launcher umgeleitet wird, selbst zu kompilieren und damit immer eine unterschiedliche ID erzeugten, war es für den Hersteller wesentlich schwieriger, dies zum damaligen Zeitpunkt zu unterbinden. Im Laufe der Zeit wurden die Daumenschrauben seitens des Konzerns jedoch immer enger angezogen und die Nutzung anderer Oberflächen zunehmend erschwert. Im Jahre 2022 hat aber solch ein „Benutzerkonzept“, wenn es diesen Namen überhaupt noch verdient, absolut keine Berechtigung mehr.

Trauerspiel App-Store

Apps erhalten Nutzer über den App-Store von Amazon – der immer noch ein vollkommenes Trauerspiel darstellt. Viele der mehr oder weniger wichtigen Anwendungen finden sich dort nach wie vor nicht, darunter viele Apps von Google wie der Chrome-Browser oder auch YouTube. Von letzterem gibt es zwar eine gleichnamige App mit ähnlich aussehendem Logo, die aber nicht von Google stammt. Aber auch andere alternative Browser wie Firefox, Opera oder Vivaldi glänzen durch Abwesenheit, Gleiches gilt für viele Anwendungen von Synology. Die Liste dürfte sich endlos weiterführen lassen.

Dem App Store von Amazon fehlt es an vielem
Dem App Store von Amazon fehlt es an vielem

Bei früheren Tablets von Amazon ließ sich dieser Umstand leicht beheben, indem einfach der Play Store von Google nachinstalliert wurde – dafür mussten lediglich vier Apps in der richtigen Reihenfolge aufgespielt werden und dem Nutzer stand eine Fülle an Anwendungen zur Verfügung – womit zumindest einige Nachteile ausgeglichen und die Nutzbarkeit des Tablets massiv erhöht werden konnte. Dies ist mit der neuen HD-8-Generation zwar immer noch möglich, aber mittlerweile etwas aufwendiger – besonders für eher unversierte Nutzer. Darüber hinaus kann nicht garantiert werden, dass Amazon oder Google solche Möglichkeiten in Zukunft nicht unterbinden.

Alternativ können Nutzer ihre Apps über die mittlerweile zahlreichen APK-Download-Seiten beziehen, hier gehört jedoch ein hohes Maß an Vertrauen dazu. Darüber hinaus muss sich der Anwender in den meisten Fällen selbst um die Aktualität der aufgespielten Programme kümmern, da nur wenige Seiten eine entsprechende App bieten, die solche Funktionen übernimmt. Außerdem endet das Angebot meist bei den kostenpflichtigen Apps.

Eine weitere Alternative wäre der Aurora Store. Doch sollte Amazon oder Google die Funktion der Play-Dienste unterbinden, würden auch hier Apps, die genau darauf zurückgreifen, ebenso ihren Dienst quittieren.

Kids+ übernimmt Elternaufgaben

Für Kinder bietet Amazon zudem den Dienst Kids+ an. Dieser offeriert für die entsprechend gewählte Altersgruppe kuratierte Lern- und Unterhaltungsinhalte und darüber hinaus für Eltern die Möglichkeit, die Nutzung des Tablets zu überwachen. Des Weiteren lassen sich bestimmte Inhalte an Bedingungen knüpfen: So kann dem Kind eine bestimmte Nutzungszeit zugestanden oder die Nutzung an festgelegte Lernziele gebunden werden.

Beide Tablets bieten zusammen mit Kids+ kuratierte Inhalte
Beide Tablets bieten zusammen mit Kids+ kuratierte Inhalte

Eine gesonderte Betrachtung des Dienstes von Amazon hat ComputerBase bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgenommen. Auch wenn dieser zwischenzeitlich seinen Namen von „FreeTime Unlimited“ zum knapperen „Kids+“ gewechselt hat, sind die Funktionen gleich geblieben. Der Dienst ist zudem nicht an die Kids-Edition de HD 8 gebunden, sondern kann auch gesondert für jedes Amazon-Tablet geordert werden – dann entfällt aber die Sorglos-Garantie.