Overwatch 2: 35 Millionen Spieler bescheren Blizzard „starke“ Einnahmen
Am 4. Oktober 2022 hat Overwatch 2 den ersten Teil des Ego-Shooters vollständig abgelöst und die Ingame-Progression und -Monetarisierung ordentlich umgekrempelt – Frust und Wut waren bei vielen Spielern die Folge. Die Rechnung geht für Publisher Activision Blizzard aber auf: Die Remonitarisierung ist ein finanzieller Erfolg.
Der teure Ingame-Shop sorgt für viel Frust …
Mit dem Schritt vom im Jahr 2016 erschienen MMO-Shooter Overwatch hin zu Overwatch 2 änderte Blizzard das Geschäftsmodell grundlegend: Das Actionspiel wurde zum Free-to-Play-Titel, im Gegenzug wurde die kostenlose kosmetische Progression, für die das Spiel einst bekannt war, beinahe restlos gestrichen. Wer in Overwatch 2 einen legendären Skin freispielen will, ist mindestens 35 Wochen mit wöchentlichen Herausforderungen beschäftigt. Das ist auch im Vergleich mit anderen Spielen eine sehr lange Zeit, was frustrierte Spieler bereits zu kreativen Lösungen brachte: Die benötigte Zeit lässt sich auf rund zwei bis drei Wochen drücken, wenn statt Overwatch 2 Blizzards MMORPG World of Warcraft gespielt und darin Gold gesammelt wird.
Alternativ bleibt lediglich die Möglichkeit, für neue und auch alte Skins tief in die Tasche zu greifen. Rund 19 Euro kostet ein einziges legendäres Kostüm, wobei insbesondere neue Inhalte häufig nur in Bundles mit reichlich Beifang für 25 Euro und mehr angeboten werden.
Den Spielern bereitet das nebst zahlreicher ersatzlos gestrichener Inhalte aus dem ersten Teil, einiger technischer Probleme und dem fortwährenden Auftauchen neuer Glitches viel Frust – ein Blick in das Overwatch-Subreddit spricht Bände, ComputerBase hat ausführlich berichtet. Dass sich aber offensichtlich nicht alle Spieler an den hohen Kosten stören, ist nun Activision Blizzards aktuellem Quartalsbericht (PDF) zu entnehmen: „Player investment is [...] off to a strong start“, heißt es dort zu Overwatch 2, die Einnahmen mit dem Ingame-Shop laufen demnach gut an.
… und dennoch „starke“ Einnahmen
Genaue Zahlen zum Umsatz mit Mikrotransaktionen – wobei der Begriff angesichts des Preisniveaus schon beinahe irreführend ist – nennt der Publisher zwar nicht, merkt aber an: Overwatch 2 werde im vierten Quartal 2022 einen bedeutenden Beitrag zu Activision Blizzards Umsatz leisten. Offensichtlich handelt es sich um den nächsten großen Wurf nach Diablo Immortal, das mit Pay-to-Win- und Gacha-Mechaniken über 100 Millionen US-Dollar in nur zwei Monaten einspielte. Bezüglich Overwatch 2 ist derweil von inzwischen über 35 Millionen Spielern im ersten Monat die Rede; in den ersten 10 Tagen nach Release haben bereits 25 Millionen Spieler Overwatch 2 zumindest gestartet. Auch die Anzahl täglich aktiver Nutzer habe sich seit dem 4. Oktober mehr als verdoppelt, teilweise ist sogar von einer Verdreifachung die Rede. Viele Spieler seien zudem gänzlich neu, haben also den ersten Teil nie gespielt.
Mit Spannung erwartet wird nun das Verhalten der Spieler in der zweiten Season, die in rund einem Monat beginnt und einen neuen Helden, den Tank Ramattra, mit sich bringt. Im Gegensatz zur Junker Queen, Sojourn und Kiriko wird dieser nicht mehr allen Overwatch-1-Spielern ab Beginn der Season zur Verfügung stehen, sondern erst nach wochenlangem Grind freigeschaltet – oder ad hoc mit dem Kauf des Premium Battle Pass. In einer Umfrage auf ComputerBase gab nur rund ein Achtel der Overwatch-2-Spieler an, bereits Geld für Battle Pass oder Skins ausgegeben zu haben.
Auch Call of Duty treibt die Einnahmen in die Höhe
Auch abseits dessen konnte Activision Blizzard mit den Quartalszahlen positiv überraschen. Den Prognosen von rund 1,7 Milliarden US-Dollar Umsatz im dritten Quartal steht ein Ergebnis von 1,78 Milliarden US-Dollar gegenüber. Im Vorjahreszeitrum hingegen waren es 2,07 Milliarden US-Dollar. Deutlicher fällt die Überraschung bei den Einnahmen pro Aktie aus; hier konnte der Publisher einen EPS-Wert von 0,55 US-Dollar verbuchen, wohingegen im Vorfeld mit lediglich 0,42 US-Dollar pro Aktie gerechnet wurde. Ein Grund für die übertroffenen Prognosen findet sich im famosen Start von Call of Duty: Modern Warfare II – auch in diesem Fall durchwachsenen Kritiken zum Trotz.
Finanzieller Erfolg trifft auf zahlreiche Kontroversen
Dass sich der Publisher zunehmender Kritik ausgesetzt sieht, ist keine neue Entwicklung. Bereits vier Jahre ist es her, dass zur Hausmesse BlizzCon 2018 Diablo Immortal als Mobile-Game angekündigt wurde; Buhrufe und Spott waren die Folge. Ein Jahr später sorgte die Kontroverse um einen Hearthstone-E-Sportler im Rahmen der Hongkong-Proteste für negative Schlagzeilen. Es folgten mehrere Sexismus- und Belästigungsskandale sowie eine Rücktrittswelle. Ende 2021 wurden Angestellte unter Druck gesetzt, keinen Gewerkschaften beizutreten.
Dass zwischen alldem jede Menge enttäuschende Neuvorstellungen und Verschiebungen lagen, war fast schon vergessen, als im Mai 2022 schließlich ein skurriles Diversity-Ranking für negative Schlagzeilen sorgte. Nichtsdestoweniger soll die 68,7 Milliarden US-Dollar schwere Übernahme durch Microsoft zum Sommer 2023 vollendet werden – vorausgesetzt, die Kartellbehörden in Europa und den USA stimmen dem Deal zu.