Snapdragon 8 Gen 2 im Benchmark: Qualcomm holt sich die GPU-Krone
Noch dieses Jahr sollen erste Smartphones mit Snapdragon 8 Gen 2 vorgestellt werden. Das System on a Chip bietet Verbesserungen in zahlreichen Bereichen wie KI-Leistung, Kamera, Gaming oder Konnektivität. ComputerBase hat erste Benchmarks für den Snapdragon 8 Gen 2 in den klassischen CPU- und GPU-Disziplinen durchgeführt.
Ein Smartphone-Prozessor ist mittlerweile deutlich mehr als das Zusammenspiel von CPU, GPU und aufgesetztem RAM. Nicht ohne Grund spricht Qualcomm seit geraumer Zeit von einer Plattform anstelle eines Prozessors. Was den aktuellen Snapdragon 8 Gen 2 im Detail auszeichnet, erklärt der Artikel zur Vorstellung letzte Woche. Qualcomm hat unter anderem die KI-Leistung weiter aufgebohrt, erneut den Bildprozessor (ISP) überarbeitet und um einen kognitiven Part im DSP erweitert sowie das Modem auf den aktuellsten Stand gebracht und Wi-Fi 7 für die Plattform eingeführt.
In den klassischen Bereichen CPU und GPU gibt es zum einen den Wechsel auf die aktuellen Kerne von Arm und zum anderen eine neue Adreno-Grafikeinheit aus Eigenentwicklung, die erstmals Hardware-beschleunigtes Raytracing unterstützt. Qualcomm reiht sich mit diesem Feature hinter Unternehmen wie Imagination Technologies, Samsung respektive AMD und Arm ein.
Benchmarks auf dem Snapdragon 8 Gen 2 QRD
Benchmarks des Snapdragon 8 Gen 2 bilden nur einen Bruchteil der Leistungsfähigkeit der Plattform ab und fokussieren sich in diesem Artikel auf CPU und GPU. Zum Snapdragon Tech Summit hat das Unternehmen sogenannte QRD, also „Qualcomm Reference Designs“, für Benchmarks zur Verfügung gestellt. Bezogen auf den Formfaktor, entsprechen sie annähernd alltagstauglichen Smartphones, stehen aber nicht für Endkunden zum Verkauf und werden lediglich für interne Tests sowie für Partner genutzt.
Neue 1+4+3-CPU mit zwei 32-Bit-Kernen
Die CPU des Snapdragon 8 Gen 2 vertraut zum Großteil auf neue IP von Arm, jedoch nicht ausschließlich, da Qualcomm noch zwei 32-Bit-fähige Performance-Kerne behalten und diese Apps nicht vollständig auf die kleinsten Cores auslagern wollte. Im Detail kommen der Cortex-X3 mit 3,187 GHz, zwei Cortex-A715 mit 2,8 GHz, zwei Cortex-A710 (32-Bit-fähig) mit 2,8 GHz und drei Cortex-A510 Refresh mit 2,0 GHz zum Einsatz. Neben den neuen Kernen gibt es jetzt somit vier statt drei Performance- und nur noch drei statt vier Efficiency-Kerne. Qualcomm gibt als Ergebnis dieser Zusammenstellung bis zu 35 Prozent mehr Leistung bei bis zu 40 Prozent weniger Energiebedarf an.
Single-Core-Leistung bleibt Apples Steckenpferd
Die reine Single-Core-Leistung ist nach wie vor nicht die Paradedisziplin von Arm respektive Qualcomm. Im Geekbench kommt der Snapdragon 8 Gen 2 mit Cortex-X3 auf einen Vorsprung von 18 Prozent zum Snapdragon 8 Gen 1, 12 Prozent zum Snapdragon 8+ Gen 1 und 7 Prozent zum MediaTek Dimensity 9000+. Den neuen Dimensity 9200 konnte die Redaktion noch keinem Test unterziehen.
Das Feld führt Apple mit dem A16 Bionic an, der 26 Prozent besser als der Snapdragon 8 Gen 2 abschneidet. Es folgen A15 Bionic und A14 Bionic, deren Vorsprung im schlechtesten Fall 8 Prozent beträgt. Mit dem Cortex-X3 wird somit lediglich der A13 Bionic aus dem iPhone 11 Pro Max von 2019 geschlagen, den allerdings auch schon Snapdragon 8+ Gen 1 und Dimensity 9000+ überholt hatten. Größere Sprünge in der Single-Core-Leistung sind bei Qualcomm erst mit dem Custom-Design auf Grundlage der Nuvia-Übernahme zu erwarten, das kommendes Jahr als Oryon für Notebooks seine Premiere feiern soll.
- Geekbench 5.1 – Single-Core Total
- Geekbench 5.1 – Single-Core Crypto
- Geekbench 5.1 – Single-Core Integer
- Geekbench 5.1 – Single-Core Floating Point
- Geekbench 5.1 – Multi-Core Total
- Geekbench 5.1 – Multi-Core Crypto
- Geekbench 5.1 – Multi-Core Integer
- Geekbench 5.1 – Multi-Core Floating Point
- Geekbench 5.1 – Compute Vulkan
- PCMark Work 3.0
- JetStream 2.1
Aufgrund des Aufbaus mit insgesamt mehr Performance-Kernen als bei Apple und des jetzt einen Kerns mehr schiebt sich der Snapdragon 8 Gen 2 im Multi-Core-Test des Geekbench an der gesamten Konkurrenz mit Ausnahme des A16 Bionic vorbei. Der Snapdragon 8+ Gen 1 wird je nach gewähltem Vergleichsgerät um minimal 23 Prozent geschlagen, der Dimensity 9000+ immerhin noch um 12 Prozent. Apples A16 Bionic liegt mit seinem geradezu spartanischen 2+4-Design noch 6 Prozent vor dem mächtigen 1+4+3-Aufbau von Qualcomm.
Schnellere GPU noch ohne Raytracing-Benchmark
Eine große Neuerung für die Adreno-GPU im Snapdragon 8 Gen 2 ist die Unterstützung von Hardware-Raytracing. Während erste Spiele bereits in Aussicht gestellt wurden, ist es um entsprechende Benchmarks noch schlecht bestellt, sodass zur Leistungsfähigkeit beim Raytracing noch keine Aussage getroffen werden kann. Basemark hat mit GPUScore: Relic of Life zwar einen Raytracing-Benchmark für mehrere Plattformen angekündigt, die Versionen für Android und iOS sind aber noch nicht verfügbar.
Adreno macht einen großen Sprung nach vorne
Wo Eigenentwicklungen wie die Adreno-GPU zum Einsatz kommen, macht Qualcomm größere Sprünge nach vorne als etwa mit der von Arm eingekauften und nur minimal angepassten CPU. Der Hersteller gibt das Plus mit bis zu 30 Prozent für Vulkan und bis zu 25 Prozent über alle APIs betrachtet zwar kleiner als bei der CPU an, bei der Grafikeinheit kommt allerdings mehr davon tatsächlich in der Praxis an. Darüber hinaus war die bisherige Adreno-GPU bereits sehr stark, sodass der Leistungszuwachs auf einem deutlich höher stehenden Fundament erfolgt.
Qualcomm hat die schnellste Smartphone-GPU
Im GFXBench setzt sich der Snapdragon 8 Gen 2 durch die Bank vor alle Mitstreiter, schlägt im Aztec-Ruins-1440p-Test den A16 Bionic aus dem iPhone 14 Pro Max (Test) mit einem satten Plus von 23 Prozent und kommt erstmals in den Bereich oberhalb von 60 FPS. Beinahe identisch hoch fällt der Vorsprung in 1080p bei reduzierten Details aus. Das ältere OpenGL ES hat bei Qualcomm zwar keine Priorität mehr, auch dort gibt es jedoch deutliche Zugewinne. In den Car-Chase- und Manhattan-Benchmarks landet Qualcomm ebenfalls jeweils vor Apple, den älteren eigenen Chips, MediaTek und Samsung mit der AMD-GPU.
Qualcomms GPU-Dominanz setzt sich im 3DMark fort, der ebenso auf Vulkan und OpenGL ES vertraut. Ein enormes Plus von 35 Prozent gegenüber dem Snapdragon 8+ Gen 1 und fast 50 Prozent zum ursprünglichen Snapdragon 8 Gen 1 liefert der Snapdragon 8 Gen 2 im aufwendigen Wild Life Extreme, in dem Apples aktuelle GPU 20 Prozent hinter Qualcomm landet. Der Dimensity 9000+ mit Arm Mali-G710 MC10 sortiert sich 29 Prozent hinter dem neuen Anführer ein.
Auch mit reduzierter Auflösung und weniger Details im normalen Wild-Life-Benchmark dominiert Qualcomm das Feld. Der Vorsprung auf Apple beträgt aber nur noch 14 Prozent, zum Snapdragon 8+ Gen 1 sind es 27 Prozent und zum Snapdragon 8 Gen 1 satte 37 Prozent.
In den Sling-Shot-Tests fehlt der Vergleich zu Apple, weil diese Benchmarks unter iOS nicht mehr lauffähig sind. Sich selbst überholt Qualcomm mit einem Abstand von 26 Prozent bei OpenGL ES 3.1 und 30 Prozent bei OpenGL ES 3.0. Auch die aktuelle Implementierung der Mali-GPU von Arm im Dimensity 9000+ wird locker in Schach gehalten.
Mehr Leistung auch dank neuer Beschleuniger
Während Arm die technischen Veränderungen der CPU-Kerne stets im Detail erläutert, sodass die Zugewinne nachvollzogen werden können, hält sich Qualcomm mit Aussagen zur GPU bedeckt. Auf Nachfrage von ComputerBase, was sich an Architektur, Größe und Takt bei der Adreno-GPU gegenüber dem Vorjahr verändert hat, gab es lediglich den Hinweis, dass es Anpassungen in allen Bereichen gegeben habe. Die IP sei aber neu für den Snapdragon 8 Gen 2 entwickelt worden und keine Evolution der Adreno 730 aus dem Snapdragon 8 Gen 1. Zugewinne erklärt der Hersteller auch über den GPPA („Game Post-Processing Accelerator“), der dedizierte Beschleuniger für Effekte wie Bloom, Depth of Field und Motion-Blur zur Verfügung stellt.
Fazit
Das erste Fazit zum Snapdragon 8 Gen 2 fällt rein auf die in klassischen Benchmarks ermittelte Leistung bezogen positiv aus, vor allem wenn der große Sprung im Bereich der Grafikeinheit betrachtet wird. Brillanz blitzt bei Qualcomm immer dann auf, wenn Eigenentwicklungen zum Einsatz kommen. Für die CPU gibt es deswegen nur im Rahmen der Optimierungen aufseiten von Arm einen Daumen nach oben, die Konkurrenz von Apple ist aber nach wie vor mehrere Generationen voraus. Im Android-Umfeld kochen alle Mitstreiter mit den gleichen Zutaten, sodass nur gering voneinander abweichende Ergebnisse zu erwarten sind. Erst mit der Oryon-Custom-CPU wird Qualcomm wieder mehr zeigen können.
Sollte sich das vom CEO gemachte Versprechen bewahrheiten, mit der neuen CPU den Maßstab bei Leistung und Effizienz abzuliefern, stünde bei Qualcomm in rund zwei Jahren ein mächtiges SoC für Smartphones bereit. Kommendes Jahr soll Oryon zunächst bei den Compute-Plattformen für Notebooks zum Einsatz kommen. Für Smartphones zieht sich das Projekt allerdings, zudem hängt mit der Klage durch Arm ein Damoklesschwert über Qualcomm und die Konkurrenz schläft ebenso wenig. Was letztes Jahr als Maßstab in Aussicht gestellt wurde, muss sich bis zur Verfügbarkeit mehrfach gegen neue Produkte der Mitbewerber beweisen, noch bevor entsprechende Produkte tatsächlich verfügbar sind.
ComputerBase hat Informationen zu diesem Artikel von Qualcomm im Vorfeld und im Rahmen einer Veranstaltung des Herstellers auf Maui, Hawaii unter NDA erhalten. Die Kosten für Anreise, Abreise und Hotel wurden von Qualcomm getragen. Eine Einflussnahme des Herstellers oder eine Verpflichtung zur Berichterstattung bestand nicht. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungszeitpunkt.
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