BMW i Vision Dee: Die ganze Windschutzscheibe wird zum Head-up-Display
Kaum eine Stadt eignet sich so gut für die Vorstellung eines Konzepts wie das schillernde Las Vegas. Zur CES präsentiert BMW den „i Vision Dee“, eine futuristische Limousine, die einen Ausblick auf die nahe und ferne Zukunft gibt. In die Serie schaffen soll es ein Head-up-Display über die gesamte Breite der Windschutzscheibe.
Bei BMW hat man für den i Vision Dee traditionelle Designmerkmal wie die Niere, die Doppelrundscheinwerfer oder den Hofmeisterknick „neu interpretiert“. Als klassische BMW-Limousine im 3-Box-Design soll man den i Vision Dee allerdings trotzdem erkennen. Das neueste Visionsfahrzeug der Bayern kommt ganz bewusst mit reduziertem Design daher, stattdessen stellt das Unternehmen das digitale Erlebnis und die DNA der Marke in den Vordergrund. Zur verrückten Messe in Las Vegas könnte ein Fahrzeug wie der Dee kaum besser passen. Anders ausgedrückt: „Dee’s nuts!“ Dee steht für „Digital Emotional Experience“ und ist zugleich der Rufname des Autos.
Das Auto grüßt mit E-Ink-Panels
Noch bevor das Einzelstück seinen Weg nach Nevada antreten konnte, war ein erstes Schaulaufen in Maisach bei München angesetzt. Dass man vor der ersten Kontaktaufnahme ein Profil mit Avatar erstellen musste, erschloss sich erst nach dem Lüften des Schleiers, denn Dee startet ein individuelles Begrüßungsszenario, das grafische Elemente, Licht und Soundeffekte umfasst. Dabei kommen auch E-Ink-Panele zum Einsatz, mit denen BMW seit geraumer Zeit Erfahrungen für einen potenziellen Einsatz in der Serie sammelt, wie bereits letztes Jahr zur CES eine entsprechende Umsetzung am Beispiel des iX Flow zeigte, für den die gesamte Karosserie mit flexiblen E-Ink-Panelen beklebt wurde. Die Panels kann BMW mittlerweile deutlich schneller und mit aufwendigeren Animationen ansprechen. Und auch an der Realisierung von farbigen E-Ink-Panels wird bei BMW gearbeitet, wie ein Einblick in die damit beauftragte Werkstatt des Unternehmens verdeutlicht.
Natürliche Sprache soll als Schnittstelle zwischen Mensch und Automobil dienen, potenzielle Barrieren sollen die Mimik des Autos mindern, die mit den Scheinwerfern und der geschlossenen Niere gebildet wird. BMW spricht in diesem Zusammenhang von „Phygital Icons“, physischen und digitalen Icons. Dee spricht mit dem Fahrer und beherrscht Stimmungslagen wie Freude, Erstaunen oder Zustimmung und bringt diese auch optisch zum Ausdruck. Das eigene Konterfeit lässt sich wahlweise auf die Seitenscheibe projizieren, um das Begrüßungsszenario noch weiter zu personalisieren.
Der Dee macht an vielen Stellen die Scheiben des Fahrzeugs zu Projektionsflächen. Als eine Art Wirbelsäule verläuft längs zur Karosserie eine Strebe über das Dach des Fahrzeugs, in der BMW die Technik für mehrere Projektoren unterbringt, mit deren Hilfe die Seitenscheiben von innen bespielt und damit auch von außen betrachtet die jeweiligen Inhalte sichtbar werden. Die Scheiben umrahmen ebenso E-Ink-Panele.
Die Windschutzscheibe wird zum Head-up-Display
Ein Ass im Ärmel hat der Dee bei der Windschutzscheibe, die sich in mehreren Stufen minimal bis vollständig bespielen lässt. Zwei spezielle Merkmale kommen dabei für die Studie zum Einsatz: der Mixed Reality Slider und ein stark erweitertes Head-up-Display. Der Slider versteckt sich hinter „Shy Tech“, ist also nicht auf Anhieb im Cockpit sichtbar und bildet das Bedienelement für das Head-up-Display, oder besser erklärt, den Regler für die Intensität der Darstellung. Der Slider bestimmt, wie viele Informationen in der Windschutzscheibe dargestellt werden sollen: nur essenzielle Informationen wie die Geschwindigkeit, zusätzliche fahrrelevante Daten, Inhalte aus dem Kommunikationssystem, eine Augmented-Reality-Projektion oder die komplette Übernahme der Windschutzscheibe für den Einstieg in eine virtuelle Welt.
Micro-LED-Panel reflektiert in die Scheibe
Die technische Umsetzung des neuartigen Head-up-Displays erfolgt im Dee auf beinahe klassische Art und Weise ähnlich wie bei bisherigen Head-up-Displays. Denn auch beim Dee wird von unten im Armaturenbrett über einen Bildschirm ein Spiegelbild in einem reflektierenden Bereich der Scheibe wiedergegeben. Dabei vertraut BMW auf ein Micro-LED-Panel mit hoher Auflösung und Leuchtkraft, um die Head-up-Projektion entsprechend scharf darzustellen und lebendig wirken zu lassen. Passend dazu kommen viele UI-Elemente mit poppigen Farben daher, als kämen sie direkt aus Cyberpunk 2077 oder ähnlichen Spielen.
Das Experimentieren mit neuen Ideen für die Windschutzscheibe ist nichts Neues im Hause BMW. Noch bevor der iX ein Serienfahrzeug war, konnte man bereits zur CES 2019 eine virtuelle Probefahrt im Vision iNext machen, in dem die Windschutzscheibe großflächig als AR-Display genutzt wurde, um zum Beispiel Points of Interest vom Auto erklären zu lassen oder Navigationshinweise zu erhalten. Die bislang nur in VR mögliche Demonstration hat es beim Dee jetzt immerhin schon in einen Prototyp geschafft, und in weiter Ferne liegt eine daran angelehnte Umsetzung für die Serie ebenso wenig.
Neue Klasse erhält breites Head-up-Display
Bei der Neuen Klasse, die 2025 an den Start gehen soll, will BMW eine Serienableitung des im Dee gezeigten Head-up-Displays umsetzen. Eine vollständig die Windschutzscheibe einnehmende Projektion ist für die Serienumsetzung zwar nicht zu erwarten, BMW erklärt heute zur Premiere im Rahmen der CES aber klipp und klar, dass das Head-up-Display künftig die gesamte Breite der Windschutzscheibe einnehmen soll - Höhe ausgenommen. Mit der Neuen Klasse, hinter der sich eine Reihe von Fahrzeugen für das Volumensegment verbirgt, sollen 2025 neue elektrische Antriebe und Batterien eingeführt sowie die Kooperation mit Qualcomm und Arriver in der Serie umgesetzt werden, um das automatisierte Fahren nach Level 2+ und Level 3 zu realisieren. Auf dem Weg dahin sollen im Laufe dieses Jahres weiter Aus- und Einblicke in das neue Fahrzeugkonzept gegeben werden.
Der Fahrer behält die volle Kontrolle
Bedient wird das Head-up-Display über Flächen am Lenkrad, sofern man nicht per Sprache Kontakt mit Dee aufgenommen hat. Diese Flächen befinden sich jeweils auf Daumenhöhe und erwachen bei Annäherung und Berührung. „Hände am Steuer, Augen auf die Straße“, soll beim Dee als Prinzip umgesetzt werden, womit sich BMW ein wenig von aktuellen Umsetzungen distanziert, wo sehr viel mittels Touch direkt auf dem Bildschirm eingestellt werden kann. Dass die Kontrolle ganz beim Fahrer liegt und BMW mit dem Dee keinen Kokon präsentiert, bei dem die Insassen in einer Kapsel frei von Lenkrad oder Pedalerie Platz nehmen, verdeutlicht eine Aussage von Adrian van Hooydonk, Leiter BMW Group Design: „Mit dem BMW i Vision Dee zeigen wir, wie sich das Automobil nahtlos in dein digitales Leben integriert und zum treuen Begleiter wird. Das Fahrzeug selbst wird dein Portal in die digitale Welt. Dabei behält der Fahrer immer die volle Kontrolle.“
Dee ist somit ein weiterer Schritt zur Neuen Klasse und gibt überzeichnet einen Vorgeschmack auf das, was Kunden dort in den Bereichen Hard- und Software der Digitalisierung im Allgemeinen erwarten können. Zugleich ist das Visionsfahrzeug ein Blick weit in die Zukunft von BMW und soll die Bedeutung der Digitalisierung für kommenden Produktgenerationen unterstreichen. Heute beim Dee gezeigte Merkmale sind somit nicht zwangsweise der Studie vorbehalten und könnten als Blaupause für weitere Neuinterpretationen im Hause BMW dienen.
ComputerBase hat Informationen zu diesem Artikel von BMW im Vorfeld und im Rahmen von Veranstaltungen des Herstellers in München und Las Vegas unter NDA erhalten. Die Kosten für Anreise, Abreise und Hotelübernachtungen wurden von dem Unternehmen getragen. Eine Einflussnahme des Herstellers auf die oder eine Verpflichtung zur Berichterstattung bestand nicht. Die einzige Vorgabe war der frühestmögliche Veröffentlichungszeitpunkt.
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