Tape Embedded Drive: Western Digital erwägt Bandspeicher im HDD-Format
In mehreren Patenten beschreibt der HDD- und SSD-Hersteller Western Digital die Idee eines Laufwerks, das Bandspeicher (Tape) und die nötige Lese-/Schreibeinheit in sich vereint. Die jüngeren Patente gehen in die Richtung, dass bei einem solchen „Tape Embedded Drive“ Formate und Komponenten für HDDs eingesetzt werden könnten.
Brandneu sind die besagten Patente nicht und reichen teils sogar wenige Jahre zurück, doch durch einen Bericht von Techradar fanden sie erst jetzt größere Aufmerksamkeit.
Folgende Patente werden aufgeführt, es soll aber noch mehr in diese Richtung geben.
- US-Patent 11393498: Head Assembly with Suspension System for a Tape Embedded Drive (PDF)
- US-Patent 20200258544: Tape Embedded Drive (PDF)
- US-Patent 11081132: Tape embedded drive with HDD components (PDF)
Patente beschreiben das „Tape Embedded Drive“
Allen Patenten gemein ist die Idee des „Tape Embedded Drive“, also eines Laufwerks, das mit dem Tape als Informationsträger eine Einheit bildet. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu den aktuellen Lösungen, die aus einem Bandlaufwerk als Lese- und Schreibeinheit sowie einer separaten Tape-Cartridge bestehen, welche in das Drive eingelegt wird.
Die Skizzen in den Patenten erinnern etwas an den Aufbau einer VHS-Videokassette: Zu erkennen sind zwei nebeneinander liegende, von Motoren angetriebene Spulen, mit denen das Tape hin und her gespult werden kann. In der Mitte liegen der respektive die Köpfe für das Lesen und Schreiben der Daten. Hier ist von Head Stack Assembly (HSA) die Rede. Eine Leiterplatte mit einer physischen Schnittstelle, die etwas an einen SATA- oder SAS-Anschluss erinnert, ist ebenfalls auszumachen. Auch NVMe wäre denkbar, wie es bald auch für HDDs kommen soll. Das Ganze steckt in einem versiegelten Gehäuse, das an jenes einer HDD erinnert. Auch das von Festplatten bekannte 3,5-Zoll-Format spielt eine Rolle, doch werden auch 2,5 Zoll oder 5,25 Zoll erwogen.
Einheitliche Infrastruktur
Würden herkömmliche HDD-Formate und Schnittstellen genutzt, könnten Rechenzentren sowohl für Festplatten als auch solche Tape-Drives die gleiche Infrastruktur nutzen. Bisherige Tape-Libraries sind ganz anders als herkömmliche Server aufgebaut, werden dort doch zahlreiche Cartridges über Roboterarme in ihre Laufwerke transportiert.
Zehnmal schnellere Zugriffe
Gegenüber dem bisherigen Ansatz mit Bandlaufwerk und externer Cartridge soll das Embedded Tape Drive vor allem für schnellere Zugriffe sorgen. In den Patenten wird vorgerechnet, dass die durchschnittliche Zugriffszeit bisher etwa 100 Sekunden beträgt und mit dem neuen Ansatz auf 10 Sekunden reduziert werden könne. Damit würde der Dateizugriff zehnmal schneller erfolgen als mit einem herkömmlichen Bandlaufwerk. Von den etwa 10 ms einer HDD oder weniger als 1 ms einer SSD wären diese Speicher aber immer noch sehr weit entfernt.
Außerdem wäre das in dem versiegelten Gehäuse verpackte Tape besser gegen Umwelteinflüsse geschützt als bei einer üblichen Kunststoff-Cartridge. Es müsste also weniger auf Temperaturen und Luftfeuchtigkeit geachtet werden. Zudem werde die Wartung vereinfacht.
Mögliche Speicherkapazitäten
Für das 3,5-Zoll-Beispiel wird mit einer Bandlänge von 592 Metern gerechnet, was rund 60 Prozent der Länge des Bands einer LTO-7-Cartridge entspricht, die 960 Meter fasst. Dementsprechend würde sich allerdings die Speicherkapazität verringern: 6 TB respektive 15 TB mit Datenkomprimierung sind es beim LTO-7-Standard. Mit 40 Prozent kürzerem Band würde das Tape Embedded Drive lediglich 3,6 TB respektive 9 TB bei Komprimierung bieten. Eine Variante im größeren 5,25-Zoll-Format könnte aber größere Spulen mit längerem Band unterbringen.
Inzwischen ist auch schon LTO-9 mit 18 TB/45 TB im Markt angekommen und künftige Generationen sollen bis über 100 TB reichen. Ein entsprechend bestücktes Tape Embedded Drive könnte dann in ähnliche Regionen vorstoßen. Zudem wird parallel auch an Magnetbändern weiter geforscht: Fujifilm und IBM wollen mit neuen Materialien Tapes mit 580 TB ermöglichen und dies bis zum Jahr 2029, heißt es in der damaligen Ankündigung.
Bandspeicher ist günstig
Wie immer ist alles auch eine Frage der Kosten. In puncto Preis pro Terabyte ist Bandspeicher aktuell mit etwa 10 Euro ohne Komprimierung und 4 Euro mit Komprimierung weitaus günstiger als Festplatten mit etwa 20 Euro pro TB. Allerdings sind die Kosten für das zusätzlich nötige Bandlaufwerk nicht eingerechnet.
Das Laufwerk mit integriertem Tape würde natürlich mehr als eine Tape-Cartridge kosten und sich wohl eher dem Preisniveau einer HDD nähern, mit entsprechendem Band aber potenziell mehr Speicherplatz bieten.
Dass sich Festplatten künftig noch wesentlich vergünstigen, ist zudem eher unwahrscheinlich. Denn der Aufwand zur weiteren Erhöhung der Speicherkapazitäten von momentan maximal 26 TB nimmt weiter zu. Inzwischen werden schon bis zu 10 Magnetscheiben in ein mit Helium gefülltes Gehäuse gequetscht und viele Tricks angewandt, um die Magnetisierung mit immer enger rückenden Magnetkörnchen zu bewerkstelligen. Schon bald sollen Laser (Stichwort HAMR) dabei helfen. Das alles spricht eher nicht für reduzierte Kosten pro HDD und die Kapazitäten steigen in weitaus kleineren Schritten als bei Tape-Speicher.
Ein Nachteil wäre die Nähe zum System
Würde ein solches Tape-Laufwerk wie eine HDD im Server sitzen, würde dies aber auch bedeuten, dass ein wesentlicher Vorteil zu bisherigen Tape-Cartridges wegfällt: die Möglichkeit zur physisch vom Rechensystem isolierten Aufbewahrung, die simpel aber effektiv vor Cyberattacken schützt.
Der neue Absatzrekord für Bandspeicher im vergangenen Frühjahr wurde mit dem steigenden Risiko von Cyberattacken begründet.
Ist dies der geheime Archiv-Speicher von WD?
Letztes Jahr hatte Western Digital bereits geheimnisvoll von einem speziellen Archiv-Storage mit 50 TB und mehr gesprochen. Ohne jegliche Details zu nennen, wurde schon viel spekuliert, um was es sich dabei handeln könnte. Die oben beschriebenen Patente zum Tape Embedded Drive könnten die Antwort darauf sein.
Ob dem wirklich so ist, und diese Technik bald den Markt erreicht, bleibt aber noch abzuwarten.
Die Redaktion dankt Community-Mitglied „IliadZenith“ für den Hinweis zu dieser News.