Europäische Netzbetreiber: Gemeinsame Plattform für Online-Werbung ist in Arbeit

Andreas Frischholz
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Europäische Netzbetreiber: Gemeinsame Plattform für Online-Werbung ist in Arbeit
Bild: Vodafone

Europäische Netzbetreiber wollen ein Joint Venture gründen, um eine Plattform für digitale Werbung zu betreiben. Es ist ein Versuch, um mit den amerikanischen Tech-Konzernen – allen voran Google und Meta – zu konkurrieren, die den Markt für Online-Werbung dominieren.

Bei den Netzbetreibern handelt es sich um die Deutsche Telekom, Orange, Telefónica und Vodafone. Diese sind jeweils zu 25 Prozent an der neuen Joint Venture beteiligt, die ihren Sitz in Belgien haben soll. Die EU-Kommission hat die Gründung nun genehmigt.

Cookie-Nachfolger in Arbeit

Bei den Vorhaben wollen die Netzbetreiber eng mit Werbetreibenden und Verlagen zusammenarbeiten. Ein Pilotprojekt in Deutschland absolvierte Vodafone letztes Jahr bereits in den Netzen von Vodafone und der Deutschen Telekom, beteiligt waren bereits Online-Publisher und Werbetreibende. Weitere Testläufe sollen folgen, potenzielle Orte sind Frankreich und Spanien.

Grundsätzlich soll mit der Plattform ein Nachfolger für Cookies bereitgestellt werden. Technisch erfolgt das über einen pseudonymisierten Token, der für Werbetreibende nicht zurückverfolgbar sein soll. Wie Golem berichtet, erfolgte die Token-Generierung bei dem Testlauf im letzten Jahr anhand der Mobilfunknummer der Nutzer und der IP-Adresse. Aus diesen Daten wird mittels eines Hash-Verfahrens eine ID gebildet.

Das Konzept soll DSGVO-konform konzipiert sein. So erhalten Werbetreibende erst dann einen Token, wenn die Nutzer zustimmen. Die Werbung kann dann etwa über die Web-Angebote von Verlagen und Portalen ausgespielt werden. Nutzer sollen dabei die Kontrolle behalten. Die Zustimmung können sie jederzeit „entweder auf der Website der Marke oder des Verlags oder über ein zentrales, leicht zugängliches Datenschutzportal“ erteilen oder widerrufen.

Weitere Informationen zur Strategie und Technologie sowie der kommerziellen Nutzung will das neue Joint Venture „zu gegebener Zeit“ vorstellen.

Konkurrenz mit den Tech-Konzernen

Die technische Plattform ist offen für weitere Netzbetreiber in Europa. Das Ziel ist klar: Man will einen Teil der Erlöse auf dem lukrativen Online-Werbemarkt abgreifen. Seit Jahren klagen europäische Netzbetreiber, die hohen Investitionen in die Netze tragen zu müssen, während die Tech-Konzerne Milliarden-Umsätze einfahren.

Hinzu kommen noch weitere Ansätze, den die europäischen Netzbetreiber im Konkurrenzkampf mit den Tech-Konzernen verfolgen. Weil Dienste wie Netflix, YouTube oder Instagram einen Großteil des verbrauchten Datenvolumens verursachen, sollen diese künftig Gebühren an die Netzbetreiber zahlen.

Lange Zeit fand die Idee keinen politischen Anklang. Kritisiert wird, dass das Vorhaben gegen die Netzneutralität verstößt. Zudem wären die Dienste der Tech-Konzerne einer der Gründe, warum Menschen überhaupt schnelle – und damit hochpreisige – Internetzugänge buchen.

Zumindest bei der EU-Kommission erfolgte aber offenbar ein Umdenken. Diese will trotz breiter Kritik einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg bringen, berichtet Netzpolitik.org. Noch im Februar soll eine offene Konsultation starten.