Thunderbird 115 „Supernova“: Mozillas E-Mail-Client mit neuem Interface ist erschienen

Update Nicolas La Rocco
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Thunderbird 115 „Supernova“: Mozillas E-Mail-Client mit neuem Interface ist erschienen
Bild: MZLA Technologies

Diesen Sommer soll mit Thunderbird 115 „Supernova“ eine von Grund auf neu entwickelte Version des E-Mail-Clients veröffentlicht werden. Auf dem Blog gehen die Entwickler auf die Herausforderungen ein und erklären, warum man auch beim Interface bei Null anfangen muss. Thunderbird sei aktuell ein fragiler Lego-Turm.

Ende des letzten Jahres hatte die aus der Mozilla Foundation ausgegründete MZLA Technologies Corporation bekannt gegeben, im Sommer 2023 eine vollständig neue Version von Thunderbird veröffentlichen zu wollen. In einem aktuellen Blog-Beitrag wird man konkreter und erklärt den Juli dieses Jahres als Ziel für die Veröffentlichung von Thunderbird 115 „Supernova“. Der Release würde somit passend zum 20-jährigen Jubiläum des E-Mail-Clients erfolgen.

Drei Primärziele sollen erreicht werden

Thunderbird soll mit „Supernova“ auf visueller und technischer Seite vollständig überholt werden. Dabei wollen sich die Entwickler von Altlasten der letzten zehn Jahre lösen, die das Projekt träge machen und immer wieder zu Komplikationen führen. Einfach sei diese Aufgabe nicht, aber notwendig, um die Zukunftsfähigkeit von Thunderbird für die kommenden 20 Jahre zu gewährleisten. Für die kommenden drei Jahre haben sich die Entwickler eine Reihe von primären Zielen gesetzt.

Die Codebasis des E-Mail-Clients soll deutlich schlanker und zuverlässiger, uralter Code neu geschrieben und technische Altlasten entfernt werden. Darüber hinaus soll das Interface von Grund auf neu aufgebaut werden und ein einheitliches Design-System erhalten. Dabei soll aber auch ein adaptives und extrem anpassungsfähiges Interface entwickelt und unterhalten werden. Das dritte Primärziel ist der Wechsel zu monatlichen Releases. Innerhalb dieser Ziele gebe es Hunderte riesiger Schritte, die passieren müssen, um alles wie geplant zu erreichen. Dafür werden sehr viel Zeit und Ressourcen benötigt, erklären die Entwickler.

Thunderbird verhält sich wie ein fragiler Lego-Turm

Hintergrund ist, dass Thunderbird in seinem aktuellen Zustand so etwas wie ein fragiler Lego-Turm sei, auf den immer mehr Steine gesetzt wurden, obwohl schon weiter unten im Turm ein zentrales Bauteil eigentlich die falsche Form gehabt habe. Größere Veränderungen an der App könne man nicht einfach als weitere Etagen auf diesen Turm setzen, stattdessen müsse Stein für Stein abgetragen werden, das Fundament erneuert und dann mit dem Neuaufbau mit anderen Steinen begonnen werden, weil die alten dann nicht mehr passen.

Thunderbird sei buchstäblich „ein Haufen Code“, der auf Firefox laufe. Tabs und Bereiche in der App seien lediglich Browser-Tabs mit einem angepassten Interface. Man „liebe“ Firefox zwar als Basis für den E-Mail-Client, weil man dadurch Cross-Plattform-Support und Elemente wie den Gecko-Web-Renderer oder den Spidermonkey-JavaScript-Compiler erhalte. Thunderbird könne sich an die Releases von Firefox anheften und unter anderem dessen Sicherheitsupdates erhalten. Mit viel C++, JS, CSS und XHTML passiere im Hintergrund natürlich noch mehr, aber Firefox sei den Entwicklern zufolge der perfekte Ausgangspunkt für Thunderbird.

Man konnte mit Firefox nicht mehr mithalten

Für diese Herangehensweise zahle man allerdings einen hohen Preis. Während Thunderbird in der noch relativ jungen MZLA Technologies Corporation von etwas mehr als einem Dutzend Entwicklern gepflegt werde, kümmern sich um Firefox Hunderte Entwickler, die täglich Veränderungen in das Projekt einbringen. Mehrfach in der Woche würden Dinge in Thunderbird einfach kaputt gehen, weil ein C++-Interface umbenannt wurde, eine API ausgedient habe oder eine Bibliothek aktualisiert wurde. Alleine mit den Upstream-Veränderungen mitzuhalten, beschäftige die Thunderbird-Entwickler die meiste Zeit des Tages.

Thunderbird basiert weiterhin auf Firefox
Thunderbird basiert weiterhin auf Firefox (Bild: MZLA Technologies)

Kritik auch an der Mozilla Foundation

In diesem Zusammenhang sei es nicht hilfreich gewesen, dass die Mozilla Foundation ihren Fokus 2012 verlagert und Thunderbird auf ein von der Community gepflegtes Modell umgestellt habe, an dem Community-Mitglieder und externe Mitarbeiter mitwirken. Diese Entscheidung sei Fluch und Segen zugleich gewesen, weil sich in der Community zwar eine mit viel Leidenschaft betriebene Mitarbeit entzündete, die Koordination aber herausfordernd war und langfristig gesehen nicht genügend Ressourcen für ein auf diese Art gepflegtes Open-Source-Projekt dieser Größe zur Verfügung standen. Für die immense Mitarbeit sei man zwar sehr dankbar, gleichzeitig hätten die vielen Freiwilligen mit ihren unterschiedlichsten Geschmäckern vor allem beim Design zu einem uneinheitlichen Interface ohne kohärentem Benutzererlebnis geführt. Die unregelmäßige Upstream-Synchronisation mit Firefox habe zudem zu Release-Pausen bei Thunderbird von teils mehreren Monaten geführt.

MZLA Technologies bringe notwendige Struktur zurück

Innerhalb der MZLA Technologies Corporation habe Thunderbird jetzt wieder bezahlte Vollzeitmitarbeiter, eine richtige Organisation, eine Roadmap und Personen, die smarte Entscheidungen treffen und Wege vorgeben. Für die Community sei dies vor allem in der Zeit von 2017 bis 2020 ein kleiner Schock gewesen, weil Veränderungen fortan abgesegnet werden mussten. Eine striktere Roadmap und Prioritäten für Features führen jetzt dazu, dass Beiträge schlichtweg abgelehnt werden, wenn sie nicht den Ansprüchen und der visuellen Zielvorgabe des Projekts genügen. Dass sich Community-Mitglieder dadurch abgelehnt fühlen können, sei verständlich, aber diese Schritte seien notwendig gewesen.

Thunderbird sei weiterhin „offen“ und Open Source, aber obgleich der offenen Kommunikation mit der Community, um zum Beispiel vorab Mock-ups und Veränderungen mit dieser zu teilen und weiterhin den gesamten Quellcode zugänglich zu machen, werden Entscheidungen jetzt bei internen Meetings getroffen. Thunderbird werde wie „ein normales Unternehmen“ geführt, sodass Chefentwickler, Chefdesigner, Projekt- und Produktmanagern, leitende Ingenieuren usw. die finalen Entscheidungen treffen. Dabei soll nicht der Eindruck entstehen, dass die Community den primären Entwicklern egal sei oder dass man etwas nur mache, weil es gerade „trendy“ sei, nichts könne der Wahrheit ferner liegen. Die zurückgewonnene Struktur sei aber notwendig für den Erfolg von Thunderbird.

Das Projekt und die Entwicklung schreiten erfolgreich voran

Dieses Jahr habe sich Thunderbird bereits zu einem zukunftsfähigen Projekt entwickelt, das viele Spenden erhalte und weitere Dienstleistungen plane, um den Umsatz anzukurbeln. Außerdem wachse das Team festangestellter Entwickler und Designer. Von der alten Codebasis könne man sich langsam trennen, moderne Entwicklungsmethoden anwenden, einen einheitlichen Programmierstil mit Dokumentation nutzen und viele Probleme beseitigen. Für die kommenden zwei Jahre werde man sich Verbesserungen am UI und UX widmen, das sowohl neue Anwender als auch treue Nutzer der App abholen soll. Benutzerfreundlichkeit und Barrierefreiheit sind weitere Punkte, die das Projekt angehen will. Thunderbird soll nichts weniger als die beste persönliche und professionelle Kommunikations-Anwendung werden.

Update

Mozilla hat Thunderbird 115 veröffentlicht. Das finale Release ist vorerst ausschließlich per manuellem Download verfügbar, als Update über Thunderbird 102 verteilt Mozilla die neue Version bewusst noch nicht. Dieser Update-Pfad soll erst mit einer späteren Version aktiviert werden. Die offiziellen Release Notes klären über alle Neuerungen, Änderungen und Bugfixes auf. Der Download ist über den nachfolgenden Link aus dem Download-Archiv von ComputerBase möglich.

Mozilla Thunderbird 115 steht zum Download bereit
Mozilla Thunderbird 115 steht zum Download bereit

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    4,6 Sterne

    Mozilla Thunderbird ist ein E-Mail- und Newsgroup-Client mit ausgereiftem Spam- und Phishing-Filter.

    • Version 128.4.4esr Deutsch
    • Version 133.0 Beta 5 Deutsch
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