Twitter-Chaos: Musks Entlassungswelle führt zu technischen Problemen

Update 2 Andreas Frischholz
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Twitter-Chaos: Musks Entlassungswelle führt zu technischen Problemen
Bild: Elon Musk

Das interne Chaos und die Verwerfungen setzen sich bei Twitter fort, berichtet der Platformer-Newsletter. Fehler wie das Tweet-Limit in dieser Woche lassen sich demnach durch die erratischen Entlassungswellen erklären. Zudem droht bald Ärger mit den Behörden, weil Twitter regulatorische Vorgaben kaum noch einhalten kann.

Die angekündigten Stabilitätsprobleme

Dem Bericht nach sind es die Konsequenzen von Elon Musks Geschäftsführung, die Nutzer nun verstärkt spüren. So war es am Mittwoch in dieser Woche für viele nicht möglich, Beiträge auf der Plattform zu teilen. Stattdessen kam die Fehlermeldung, das tägliche Limit für das Senden von Tweets wäre überschritten.

Der Grund für die Panne: Laut Platformer hat ein Mitarbeiter versehentlich Daten für einen internen Dienst gelöscht, der die täglichen Tweet-Limits festsetzt. Ursprünglich arbeitete demnach ein anderes Team an diesem Dienst, das wurde aber im November entlassen. Es ist also ein Vorfall, der den Warnungen entspricht, die anlässlich der Massenentlassungen im November erfolgten. Mittlerweile wurden die Limits angepasst. Für Tweets liegen diese bei 2.400 pro Tag, bei Direktnachrichten bei 500.

Musks Fokus auf die Reichweite

Ärger bereiten auch neue Funktionen. Eine davon ist die Anzeige der Aufrufe eines Tweets. So lässt sich direkt erkennen, wie viel Menschen ein Tweet erreicht hat. Musk wollte so verdeutlichen, welche Reichweiten sich über Twitter erzielen lassen. 90 Prozent der Nutzer würden demnach nur lesen, jedoch keine Beiträge verfassen oder anderweitig auf der Plattform interagieren. Wie stark sich einzelne Beiträge verbreiten, scheint ihn aber nicht zufriedenzustellen.

Anfang Februar stellte Musk sein Konto mit über 100 Millionen Followern kurzfristig auf privat, um zu testen, ob sich durch diesen Modus die Reichweite erhöhen lässt. Auf diese Weise sollten Fehler im System identifiziert werden. Intern verfolgt er das Thema aber laut dem Platformer-Bericht schon einige Wochen. Der Grund: Seine eigene Tweets erhalten zu wenig Aufmerksamkeit.

In einem Meeting erklärte ihm ein Mitarbeiter allerdings, der Algorithmus benachteilige ihn nicht. Vielmehr sei der wahrscheinlichere Grund für die sinkende Reichweite, dass das öffentliche Interesse an ihm schlicht nicht mehr so stark sei, wie es etwa im April 2022 der Fall war. Keine passende Nachricht für Musk, noch im Meeting soll er den Mitarbeiter gefeuert haben.

Wobei das Drama rund um Musk sogar von einigen grundsätzlichen Problemen ablenkt. Generell könne die Anzeige der Aufrufe schädlich für Twitter sein, weil sich rückläufige Reichweiten leicht nachvollziehen lassen. Zudem verkleinern sich durch die Aufrufe-Anzeige die „Like“- und „Retweet“-Schaltflächen, was eine Erklärung für die sinkende Interaktionsrate auf der Plattform sein könnte.

Regulierer stehen vor der Tür

Was der Platformer-Bericht generell zeichnet, ist das Bild eines rauen Arbeitsklima und nach wie vor chaotischen Umstände. Eine übergeordnete Strategie fehle, die noch bei Twitter tätigen Mitarbeiter seien vor allem damit beschäftigt, Lücken zu stopfen. Die Einführung neuer Funktionen erfolge oftmals als Schnellschuss, wie der Start von Twitter Blue, das Abschalten der offenen Twitter-API und nun die Probleme mit der Reichweite-Anzeige verdeutlichen.

Hinzu kommt: Aufgrund der Entlassungen und Personalrochaden sei es für die Entwickler kaum noch möglich, die Auflagen der amerikanischen Regulierungsbehörde FTC einzuhalten. Aufgrund von Datenschutzverstößen hatte diese bereits im Mai 2022 – also noch vor Musks Übernahme – eine Strafe in Höhe von 150 Millionen US-Dollar verhängt. Noch im ersten Quartal plant die Behörde eine Kontrolle. Doch die Mitarbeiter zweifeln, ob Twitters Dokumentation derzeit den Anforderungen entspricht. Bricht das Unternehmen die Auflagen erneut, drohen weitere Geldbußen in Millionenhöhe.

Regulatorischer Ärger droht auch in der EU. So fordert die EU-Kommission, Twitter müsse mehr gegen Desinformation tun. EU-Kommissarin Věra Jourová kritisiert den Transparenzbericht, den das Unternehmen zu diesem Thema vorlegt habe. Dieser bleibe hinter anderen Plattformen wie Meta und Google zurück. Zudem tritt der Digital Service Act (DSA) im Laufe dieses Jahres in Kraft, der mit weiteren Auflagen – und Sanktionen bei Verstößen – verbunden ist.

Update

Elon Musks Beschwerden über die mangelnde Reichweite seiner Tweets haben nun dazu geführt, dass interne Systeme angepasst wurden, berichtet erneut Platformer. Finaler Auslöser war demnach Musks Tweet zum Super Bowl, der eine geringere Reichweite als der von US-Präsident Biden hatte. Noch in der Nacht nach dem Spiel soll er laut dem Bericht ein Meeting einberufen haben, Twitters Entwickler sollten zeitnah eine Lösung präsentieren. Diese existiert nun seit Montag.

Laut Platformer wurde extra Code implementiert, damit Musks Beiträge immer „grünes Licht“ haben. Diese umgehen nun Twitters Filter, die eigentlich darauf ausgelegt sind, Nutzern jeweils die am besten passenden Inhalte anzuzeigen. Zudem soll der Algorithmus seine Beiträge künstlich um den Faktor 1.000 hochstufen, damit diese stets ein höheres Ranking als andere haben.

Die Konsequenz: Musks Beiträge fluten seit Montag die „For-You“-Spalte von zahlreichen Nutzern, unabhängig davon, wie relevant die Inhalte sind. Das sorgte für reichlich Spott und Kritik, so trendete etwa der Hashtag #blockmusk.

Update

Montagmorgen kämpfte Twitter mit technischen Problemen, die den Betrieb der Plattform einschränkten. So erhalten viele Nutzer die Fehlermeldung „your current API plan does not include access to this endpoint“, der Twitter-Support-Kanal räumte die Probleme ein.

Ausgegangen sind die technischen Schwierigkeiten der API für Drittanbieter, die das Unternehmen derzeit überarbeitet. Im Februar verkündete man zunächst, der kostenfreie Zugang werde eingestellt. Seitdem arbeitet Twitter an einer Premium-Variante der API, für die Nutzer zahlen müssen.

Der Ausfall erfolgte nun im Zug dieser Entwicklung, berichtet Platformer. Erneut lassen sich die Schwierigkeiten also mit den ausgedünnten Teams erklären. So sei nur ein Entwickler bei dem Projekt für die Stabilität der Seite zuständig. Und dieser machte am Montag eine „schlechte“ Änderung der Konfiguration, die „praktisch die Twitter-API zerstörte“, erklärte ein Twitter-Mitarbeiter gegenüber Platformer. Innerhalb der Firma führte das zu einem Kaskadeneffekt. So waren neben der öffentlichen API auch viele interne Tools von dem Ausfall betroffen.

Angesichts des Vorfalls soll Musk außer sich gewesen sein. In einem Twitter-Beitrag machte er die generelle Qualität des Twitter-Codes für den Ausfall verantwortlich. Lediglich eine kleine API-Änderung habe massive Auswirkungen gehabt.

Als Musk Twitter übernahm, versprach er mehr Geschwindigkeit und Stabilität für den Dienst. Einhergehend mit den ersten Entlassungswellen prognostizierten aktuelle und ehemaliger Mitarbeiter jedoch Ausfälle, weil es an Fachkräften fehle. Laut Platformer sind derzeit nur noch rund 550 Vollzeit-Entwickler bei Twitter tätig sein.