AMD-Prozessoren: Zen 5 und Zen 6 brutzeln in der Gerüchteküche

Update Michael Günsch (+1)
175 Kommentare
AMD-Prozessoren: Zen 5 und Zen 6 brutzeln in der Gerüchteküche

In den letzten Tagen häufen sich Hinweise auf die kommenden Generationen der Zen-CPU-Architektur von AMD. Darunter sind Prognosen zur Leistung und vermeintliche Benchmarks von Zen 5. Für Zen 6 wird erstmals ein 2-nm-Verfahren genannt und neue Codenamen gibt es ebenso. Ein Überblick der jüngsten Gerüchte.

Jim Kellers Leistungsprognose für Zen 5

Der Chip-Architekt Jim Keller war selbst an der Entwicklung der Zen-Architektur von AMD beteiligt. Inzwischen leitet Keller das AI-Startup Tenstorrent, das im Rahmen einer Präsentation Schätzungen für das Leistungsniveau der kommenden Zen-5-Prozessoren von AMD lieferte. In einer Grafik wird die Leistung der eigenen Ascalon-Prozessoren von Tenstorrent mit anderen CPU-Architekturen inklusive AMD Zen 5 verglichen. Die Basis bildet der Benchmark SPEC2K17INT, wobei INT für Integer, also für Berechnungen mit ganzzahligen Werten steht.

Leistungsprognose für Zen 5
Leistungsprognose für Zen 5 (Bild: Tenstorrent (Screenshot von PC Gamer))

Mit 8,84 Punkten liegt die Schätzung von Zen 5 glatt 30 Prozent vor Zen 4 (Genoa/Bergamo) und knapp 19 Prozent vor Intel Sapphire Rapids sowie der Prognose für Nvidias Grace-CPU. Gegenüber Tom's Hardware gab Tenstorrent noch einmal zu verstehen, dass es sich schlicht um „Projektionen“ und nicht um Tests mit echten Chips handelt.

Nur schwer lassen sich die angehängten Grafiken zu den Taktraten und der TDP entziffern. Das Video als Ursprung der Grafik ist inzwischen auf „Privat“ gestellt und nicht mehr frei verfügbar. Zumindest lässt sich ablesen, dass für Zen 5 ein etwas höherer CPU-Takt als bei Genoa erwartet wird, während die Leistungsaufnahme auf gleichem Niveau verharre.

Zen 5 im Cinebench?

Für weiteres Salz in der Suppe der Gerüchteküche sorgt der YouTube-Kanal Moore's Law is Dead (MLID) mit einem mutmaßlichen Resultat eines Zen-5-Systems im Cinebench R23. Demnach soll das System mit zwei 64-Kern-Prozessoren (Engineering Samples) der kommenden Generation auf über 123.000 Punkte im Multi-Core-Test kommen.

Das mutmaßliche Zen-5-System im Cinebench R23
Das mutmaßliche Zen-5-System im Cinebench R23 (Bild: Moore's Law is Dead)

Das würde zwar nicht genügen, um den ersten Platz der Weltrangliste (aktuell 132.484 Punkte) zu übernehmen, den ein extrem übertakteter Intel Xeon w9-3495X mit 56 Kernen hält, würde aber ebenfalls übertaktete Epyc-Prozessoren mit Zen-4-Architektur klar übertreffen. Mit einem System aus zwei 96-Kern-Prozessoren der Genoa-Generation wurden letztes Jahr 110.000 Punkte vermeldet. Der Benchmark ist aber für solche Systeme ungeeignet, unterstützt er doch maximal nur 256 Threads, während es im letzten Fall 384 Threads für die volle Leistung wären.

Angeblich 25 % mehr L1-Cache

Im Video werden weitere unbestätigte Details zum mutmaßlichen Zen-5-Prozessor genannt. So soll der Chip mit bis zu 3,85 GHz arbeiten und einen um 25 Prozent größeren L1-Cache als Zen 4 (80 KB statt 64 KB pro Kern) besitzen. Die Menge an L2- und L3-Cache pro Kern bleibe unverändert.

Während Turin bis zu 128 Zen-5-Kerne aufweisen und dabei weiterhin auf Chiplets mit bis zu 8 Kernen pro CCX setzen soll, spekuliert MLID außerdem über die Variante „Turin-Dense“ mit 16-Kern-CCX.

Zusammenfassung der Gerüchte von MLID
Zusammenfassung der Gerüchte von MLID (Bild: Moore's Law is Dead)

Eine auf besonders viele Kerne ausgelegte Variante von Zen 5 ist dabei nicht abwegig. Denn bei Zen 4 hat AMD zum einen Genoa mit bis zu 96 Kernen und zum anderen Bergamo mit bis zu 128 Kernen. Allerdings nutzt Bergamo weiterhin 8-Kern-CCX, davon aber mehr und in abgespeckter Version Zen 4C mit weniger Cache. In der letzten Roadmap hat AMD passend dazu „Zen 5c“ in Aussicht gestellt.

AMDs Zen-Roadmap
AMDs Zen-Roadmap (Bild: AMD)

Viele Häppchen, wenig Greifbares

Weder die Prognosen von Jim Kellers Tenstorrent noch die Daten aus dem anderen Video liefern handfeste geschweige denn bestätigte Informationen zu Zen 5. Sie sorgen vor allem für eines: Wilde Spekulationen über das, was die kommende CPU-Generation zu leisten vermag. Und sie hängen die Früchte im Punkte der Erwartungen sehr früh sehr hoch.

Zen 5 kommt 2024
Zen 5 kommt 2024 (Bild: AMD)

Offiziell hat AMD Zen 5 lediglich als von Grund auf neue Architektur mit Verbesserungen bei Leistung und Effizienz sowie Optimierungen für KI und Machine Learning für das Jahr 2024 angekündigt. Die Server-Variante (Epyc) hört auf den Codenamen Turin, während die Desktop-Prozessoren (Ryzen) zur Familie Granite Ridge und die Notebook-Ableger (Ryzen) zu Strix Point gehören.

Zen 6 alias Morpheus in 2 nm

Einerseits sehr dünn, andererseits aufgrund der Herkunft durchaus handfest erscheinen die Informationshäppchen zur übernächsten Generation Zen 6. In den offiziellen AMD-Roadmaps wird diese noch nicht einmal erwähnt. Das hat augenscheinlich einen AMD-Ingenieur nicht daran gehindert, sie bereits in seinem Profil des Karriere-Portals LinkedIn zu erwähnen. Inzwischen sind sowohl der Tweet mit dem Screenshot als auch die Einträge im Profil selbst verschwunden, doch bekanntlich vergisst das Internet nie und das nachfolgende Bild macht längst die Runde.

Ein AMD-Ingenieur erwähnte Zen 6 (Morpheus) in 2 nm in seinem LinkedIn-Profil
Ein AMD-Ingenieur erwähnte Zen 6 (Morpheus) in 2 nm in seinem LinkedIn-Profil (Bild: @davideneco25320 (via WCCFtech))

Der AMD-Ingenieur, der sich mit der Stromverwaltung (Power Management) der Zen-Prozessoren beschäftigt, nannte erstmals einen Zen-6-Prozessor für Server, der demnach in einem 2-nm-Prozess gefertigt wird und dessen Kerne den Codenamen Morpheus tragen.

Damit muss es sich um einen Nachfolger von „Turin“ handeln, den kommenden Server-Prozessoren auf Basis von Zen 5 (Nirvana), die laut der jüngsten AMD-Roadmap sowohl das 4-nm- als auch das 3-nm-Verfahren nutzen. Die aktuelle Generation der Server-CPUs von AMD nennt sich Genoa und basiert auf Zen 4 (Persephone).

Update

Seit einigen Tagen werden neue Informationen verteilt, die angeblich echt sein sollen. Diese zeigen Entwicklungspläne und Meilensteine, wann die neuen Server-Produkte fertig sein sollen. Der Fokus liegt hierbei klar im Server, relativ früh sollen die Produkte hier bereits fertig sein um validiert werden zu können. Überraschungen gibt es dabei keine, die Server-CPUs bekommen wie erwartet bis zu 128 Kerne bei bis 500 Watt, die Zen-5c-Version soll auf 192 Kerne wachsen. Der Turin-X-Ableger wird entsprechend mit wachsen, wie auch sein L3-Cache. Der Desktop-Proband mit Zen 5, Granite Ridge, bleibt bei maximal 16 Kernen und 170 Watt – also so wie Zen 4 im Sockel AM5. Die Termine auf der Roadmap sind nur Meilensteine in der Entwicklung und sagen nicht, wann ein Produkt erscheint – gut ersichtlich beispielsweise an Bergamo, der laut Roadmap fertig ist, offiziell aber noch nicht da ist.

Angebliche AMD-Roadmap mit Fokus auf Server
Angebliche AMD-Roadmap mit Fokus auf Server (Bild: Moore's Law is Dead)

Die Gerüchte sind teils stimmig, da sie auch von AMD im groben Zeitrahmen so benannt wurden. Aber hier und da gibt es dennoch größere Zweifel, vor allem am Zeitplan und der Fertigung. Die Gerüchte beharren nun darauf, dass AMD direkt voll in die N3-Fertigung einsteigt oder gar N3P nutzt, was jedoch nicht einmal laut TSMC eigenem Plan funktioniert. Denn N3P kommt erst Ende 2024 aus der Entwicklung, spielt vor 2025 keine Rolle – im Jahr 2024 damit Produkte zu sehen funktioniert also nicht. Insofern dürfte es schlichtweg bei AMDs eigenen Aussagen bleiben, dass Zen 5 in N4/N4P/N4X starten wird. Und auch an den Zeitfenstern bleiben Zweifel, eine grobe Einordnung dürfte es Anfang Juni von AMD geben, dann wird neben neuen Produkten ein Fahrplan-Update erwartet.

Advanced-Technology-Roadmap
Advanced-Technology-Roadmap (Bild: SemiWiki)