Twitter: Bundesamt für Justiz leitet Bußgeldverfahren ein
Twitter droht Ungemach. Da Twitter den rechtlich auferlegten Löschpflichten nicht mehr nachkommt, hat das Bundesamt für Justiz (BfJ) ein Bußgeldverfahren nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) eingeleitet. Damit droht Twitter eine Strafzahlung von bis zu 25 Millionen Euro.
Hinreichende Anhaltspunkte für Versäumnisse erkannt
Für das BfJ liegen laut eigener Erklärung „hinreichende Anhaltspunkte für Versäumnisse im Beschwerdemanagement der Anbieterin von Twitter in Deutschland vor“. So unterstellt die Bundesbehörde dem Kurznachrichtendienst unter anderem einen fehlerhaften Umgang mit Nutzerbeschwerden. Laut dem NetzDG sind Dienste wie Twitter verpflichtet, ein wirksames und transparentes Verfahren für den Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte vorzuhalten. So muss das soziale Netzwerk bei Kenntnisnahme einer Beschwerde eine Prüfung darüber in die Wege leiten, ob die gemeldeten Inhalte einen Rechtsverstoß nach § 1 Absatz 3 NetzDG darstellen. Zu diesen gehören unter anderem Tatbestände wie Volksverhetzung, Beleidigung oder auch Bedrohung. Sollte sich der Verdacht erhärten, hat der Dienst anschließend 24 Stunden Zeit, entsprechende Inhalte zu löschen. Wird der Dienst nicht aktiv, kann das BfJ einschreiten – was jetzt geschehen ist.
BfJ sieht „systemisches Versagen“
Dafür sind der Behörde jedoch hohe Hürden gesetzt. So darf nicht der Einzelfall bewertet, sondern es muss ein fortwährendes Fehlerverhalten nachgewiesen werden, das vor allem zeit- und sachnah wiederholt auftritt. Diesen Aspekt sieht das Bundesamt für Justiz im vorliegenden Fall als erfüllt an. Der Behörde sollen in diesem Zusammenhang zahlreiche Inhalte gemeldet worden sein, die nach ihrer Einschätzung rechtswidrig waren und trotz Nutzerbeschwerden nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Fristen gelöscht oder gesperrt wurden. So gibt die Behörde an, dass in einem Zeitraum von vier Monaten immer wieder Nutzer Twitter auf ihrer Meinung nach rechtswidrige Inhalte aufmerksam gemacht haben, die alle „ähnlich gelagerte, nicht gerechtfertigte, ehrverletzende Meinungsäußerungen“ enthielten, die sich zudem alle gegen dieselbe Person gerichtet haben sollen. Das BFJ sieht nach eigener Einschätzung den Tatbestand der Beleidigung sowie infolge der nicht erfolgten Löschung ein „Systemisches Versagen“ nach § 3 Absatz 1 Satz 1 NetzDG als erfüllt an.
Nachrichtendienst um Stellungnahme gebeten
Als nächsten Schritt hat die Bundesbehörde nun Twitter die Möglichkeit gegeben, zu den genannten Vorwürfen Stellung zu beziehen, welche das BfJ in einem weiteren Verfahren überprüfen wird. Sollte das Bundesamt für Justiz die Vorwürfe weiterhin als berechtigt ansehen, würde beim zuständigen Amtsgericht Bonn die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens beantragt werden. Sollte das Amtsgericht der Sichtweise folgen, könnte das BfJ Twitter mit einem Bußgeld belegen.
Hohes Bußgeld könnte folgen
Wie hoch dieses ausfallen kann, richtet sich nach den Bußgeldleitlinien des NetzDG. Bei diesen fällt Twitter mit seinen rund 14 Millionen registrierten Nutzern in Deutschland in die Kategorie „B“ (über 4 Millionen bis 20 Millionen Nutzer), was, sollte das Gericht ein außerordentlich schweres Versäumnis feststellen oder bestätigen, eine Strafzahlung von bis zu 25 Millionen Euro bedeuten könnte.
Gründe für fehlende Kontrolle
Dass Twitter den rechtlichen Vorgaben nicht mehr zur Genüge nachkommt, könnte zu einem gewissen Teil auch an den zahlreichen Entlassungen liegen, welche mit der Übernahme des Kurznachrichtendienst durch Elon Musk Ende Oktober 2022 einhergegangen sind und die zu teilweise massiven technischen Problemen geführt haben sollen. Auch in Deutschland gab es zahlreiche Kündigungen.