Verfassungsbeschwerde: Reporter ohne Grenzen klagt gegen Staatstrojaner
Die Organisation Reporter ohne Grenzen hat eine Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz eingereicht, das dem Bundesnachrichtendienst (BND) den Einsatz eines Staatstrojaners ermöglicht. Die aktuelle Regelung – das sogenannte G10-Gesetz – sei eine Gefahr für alle Journalisten, die länderübergreifend investigativ arbeiten.
Die Risiken ergebe sich demnach sowohl für Medienschaffende als auch die Quellen. „Jeder Journalist und jede Journalistin, die in extremistischen Kreisen recherchiert, könnte durch den BND per Staatstrojaner überwacht werden und hat aktuell praktisch keine Möglichkeit, sich auf dem Rechtsweg dagegen zu wehren. Das muss sich ändern“, sagte Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen.
Absichtserklärung des BND nicht ausreichend
Damit will Reporter ohne Grenzen auch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts revidieren. Das hatte eine erste Klage abgewiesen, weil Reporter ohne Grenzen nach Ansicht der Richter nicht nachweisen konnte, selbst von der BND-Überwachung betroffen sein. Nun argumentiert die Organisation, dass Mitarbeiter regelmäßig Kontakt zu ausländischen Journalisten, Quellen und Regierungsstellen haben – und das je nach Recherche in teils heiklen Bereichen. Deswegen bestehe die begründete Sorge für Überwachung durch den Geheimdienst.
Allein eine Zusage des BND, bestimmte Personen aufgrund der Tätigkeit nicht zu überwachen, sei zudem abwegig. Betroffenen könne man nicht zumuten, keinen Rechtsschutz zu erhalten, sondern Auskünften eines Geheimdienstes vertrauen zu müssen. Ein Ansatz, der laut Reporter ohne Grenzen auch vom Europäischen Gerichtshof bestätigt wurde.
Die Klage richtet sich gegen die rechtlichen Grundlagen für den BND, die im Jahr 2021 beschlossen worden sind. Seitdem das G10-Gesetz sowie das BND-Gesetz erneuert wurde, ist es allen deutschen Geheimdiensten erlaubt, Staatstrojaner zu verwenden.
Weitere Klagen gegen BND-Gesetz laufen
Bereits am 26. Januar hatte Reporter ohne Grenzen gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) sowie Journalisten und Menschenrechtsaktivisten eine Verfassungsbeschwerde gegen das reformierte BND-Gesetz eingereicht. Eine erste Version des BND-Gesetzes hatte das Bundesverfassungsgericht bereits als rechtswidrig eingestuft. Nach Ansicht der Kläger erhält aber auch die überarbeitete Variante verfassungswidrige Bestandteile.
Aufmerksamkeit erhielt der Geheimdienst-Einsatz von Staatstrojanern zuletzt vor allem durch die Pegasus-Veröffentlichungen. Bei Pegasus handelt es sich um einen Staatstrojaner der israelischen NSO Group. Die Spähsoftware gilt als mächtiges Werkzeug. Besonders in der Kritik steht der Hersteller allerdings, weil auch autokratische Regime zu den Kunden gezählt haben sollen.
Ob der BND einen Pegasus-Trojaner eingekauft hat, wollte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in dem ersten Verfahren nicht prüfen. Laut Medienberichten soll der BND die Software aber verwendet haben.