Datenmaut-Pläne: Telekom-Minister gegen Netzgebühren für Tech-Konzerne
Die Verhandlungen über eine Datenmaut in Europa gehen in die nächste Runde. Die Frist für Stellungnahmen ist am Freitag abgelaufen, nun muss die EU-Kommission entscheiden, ob überhaupt ein Gesetzgebungsverfahren gestartet wird. Die ersten Reaktionen aus der Bundesregierung sind ablehnend.
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„Das freie und offene Internet ist ein hohes Gut, das es zu schützen gilt“, sagte Digitalminister Volker Wissing (FDP) der Welt am Sonntag. Man sei daher gegen „Markteingriffe und komplizierte Beteiligungsmodelle“. Das gelte vor allem, wenn es für einen Markteingriff keine Rechtfertigung gebe – und die sieht er in diesem Fall nicht.
Das Vorhaben ist ein Wunschprojekt der europäischen Telko-Konzerne wie der Deutschen Telekom und Orange. Diese wollen Gebühren von den Big-Tech-Konzernen als Beteiligung für den Netzausbau, weil die entsprechenden Internetdienste einen Großteil des Datenverkehrs verursachen. Solche Datenverkehr-Gebühren sind aber äußerst umstritten.
Potenzielle Schäden für kleine Unternehmen
So befürchtet auch Wissing Schäden für den Wirtschaftsstandort. Kleinere Unternehmen können benachteiligt werden und den Kunden drohen am Ende höhere Preise, so der Digitalminister in der Welt am Sonntag. Damit greift er auch die Kritik der Verbraucherschutzverbände auf. So erklärt der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv), die Perspektive der Nutzer würde bei den bisherigen Überlegungen praktisch keine Rolle spielen.
Von zusätzlichen Kosten für europäische Unternehmen spricht auch Google. Ein relevanter Teil des Datenverkehrs werde durch Cloud-Dienste verursacht, heißt es in der Stellungnahme des Konzerns. Und diese würden auch europäischen Firmen nutzen, dementsprechend können diese auch von einer Datenverkehr-Gebühr betroffen sein. Wie Meta verweist Google zudem auf die Infrastruktur-Investitionen der Internetdienste sowie auf die drohenden Konsequenzen für die Nutzer – etwa in Form von höheren Preisen und schlechterer Qualität.
Für eine Datenverkehr-Gebühr sprechen sich vor allem die großen Telko-Konzerne aus. Dazu zählen unter anderem die Deutsche Telekom, Orange, Telefónica und Telecom Italia. Deren Lobby-Verbände GSMA und ETNO erklären in ihrer Stellungnahme, eine als „Fair-Share“ bezeichnete Netzgebühr sollten die Dienste zahlen, die über das Jahr hinweg in den Hauptlastzeiten mehr als 5 Prozent des Datenverkehrs verursachen. Mit dem Geld wolle man den 5G-Ausbau in Europa finanzieren.
Neben Meta und Google lehnen auch weitere Tech-Konzerne wie Amazon, Microsoft und Netflix den Vorstoß ab. Ebenso warnt die Berec – das Gremium für Breitband-Regulierung der EU –, die laut der Nachrichtenagentur Reuters ebenfalls kein Marktversagen erkennt. Ebenso wenig gehen die Regulierer davon aus, dass sich so der Ausbau in der Fläche finanzieren würde. Profitieren würden wahrscheinlich die Telko-Anbieter „in den ohnehin gut versorgten Gebieten“, so der Berec.
Nicht nur die Bundesregierung steht den Gebühren für den Datenverkehr skeptisch gegenüber. Eine Mehrheit der EU-Länder soll den Vorstoß der EU-Kommission ablehnen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Personen, die mit den Vorgängen vertraut sind.
Am Donnerstag kam es demnach zu einem Treffen zwischen dem EU-Kommissar Thierry Breton sowie den für die Telekommunikation zuständigen Ministern aus 18 EU-Ländern. Diese sollen sich entweder gegen die Netzgebühren ausgesprochen haben oder fordern erst einmal weitere Analysen. So sei etwa nicht klar, ob überhaupt ein Investitionsdefizit bestehe. Hinzu kommen die potenziellen Risiken wie erhöhte Preise, Verstöße gegen die Netzneutralität sowie Innovationshemmnisse.
Im Kern schließen sich die Telekom-Minister also der Position der europäischen Regulierungsbehörde Berec an, so Reuters.