Höhere Kosten für die Nutzer: Verbraucherschützer warnen vor Netzgebühren für Tech-Konzerne
Mit den Datenverkehr-Gebühren für große Internet-Konzerne will die EU-Kommission ein Wunschprojekt der europäischen Telekommunikationsbetreiber umsetzen. Die Kritik an dem Vorhaben ist enorm, nun warnen auch Verbraucherschützer vor den Netzgebühren – die könnten mit steigenden Preisen für die Nutzer einhergehen.
Generell bewertet auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) das Vorhaben als schwerwiegenden Eingriff in die Netzneutralität – und damit in das offene und freie Netz. „Die negativen Folgen für Verbraucher, Wettbewerb und Netzneutralität müssen schwerer wiegen als die Gewinnabsichten der Telekommunikationsindustrie“, sagte die vzbv-Vorsitzende Ramona Pop dem Handelsblatt.
Negativbeispiel für regulatorische Eingriffe
Die EU-Kommission selbst begrüßt das Vorhaben. Seit Ende 2022 verfolgt man die Linie, alle Profiteure des digitalen Wandels sollten einen „fairen und verhältnismäßigen Beitrag“ zur Infrastruktur leisten. Und dazu zählt auch die Abgabe auf den Datenverkehr – etwas, dass die großen europäischen Netzbetreiber wie die Deutsche Telekom, Organe und Vodafone seit Jahren fordern. Das Argument: Die fünf größten Online-Dienste würden rund 55 Prozent des Datenverkehrs verursachen. So würden Kosten in Höhe von 15 Milliarden US-Dollar pro Jahr entstehen, hieß es anlässlich des Mobile World Congress im Februar.
Konkret sind die Vorschläge der EU noch nicht. Aktuell läuft ein Konsultationsverfahren, bei dem interessierte Gruppen bis Freitag Stellungnahmen einreichen können. Das Papier der Verbraucherschützer liegt dem Handelsblatt vor. In diesem argumentiert der vzbv, dass „objektiv gesehen keinen Regulierungsbedarf für Netzgebühren“ existiere, weil es keine Belege für Marktversagen gebe. So ist eines der Argumente der Datenmaut-Kritiker, dass große Tech-Konzerne zwar viel Datenverkehr verursachen, die Dienste aber überhaupt erst der Grund sind, warum Menschen hochpreise Internetanschlüsse buchen.
Zudem warnt der vzbv vor den Konsequenzen. In Südkorea gebe es ein entsprechendes Gesetz seit 2016, nur handele es sich bei diesen Netzgebühren um ein „Negativbeispiel für regulatorische Eingriffe“. Nutzer hätten von dem Vorhaben nicht profitiert. Stattdessen hätten sich die Kosten für die Breitbandnutzung erhöht und die Qualität von Streaming-Angeboten teils verschlechtert, weil die Anbieter Entgelte einsparen wollen.
Dasselbe wird nun für Europa befürchtet. Schon der Fragebogen beinhalte nur „wenig Ansatzpunkte für die Verbraucherperspektive“, so vzbv-Vorsitzende Pop im Handelsblatt. Wenn Verbraucherinteressen quasi keine Rolle spiele, drohe aber eine Datenmaut „ohne Rücksicht auf Verluste“.
Warnung von vielen Seiten
Mit der Warnung stehen die Verbraucherschützer nicht alleine da. Auch die Monopolkommission rät von dem Vorhaben ab. Die Wettbewerbshüter sehen ebenfalls keinen Marktmachtmissbrauch und damit keinen Regulierungsbedarf. Bürgerrechtler und Netzaktivisten bewerten die Pläne ebenfalls ausgesprochen kritisch. Es sei ein Verstoß gegen die Netzneutralität, bei dem zudem nicht absehbar ist, wie sich dieser auf das Internet-Ökosystem auswirkt. Netzgebühren könnten am Ende die großen Dienste sogar bevorzugen, sollte deren Datenverkehr priorisiert behandelt werden.
Wenig überraschend lehnen auch die Tech-Konzerne das Vorhaben ab. Zuletzt erklärte Meta, die Telko-Konzerne profitieren von der Attraktivität der Internetdienste, die zudem selbst Milliarden in die Infrastruktur investieren.
Positiv äußerten sich bislang vor allem kleinere Provider-Verbände. Allerdings warnen auch diese vor einer Umsetzung, bei der vor allem die Branchengrößen profitieren.